Die Medien, über die wir kommunizieren, beeinflussen maßgeblich, wie wir Wissen erlangen, was wir als wahr und bedeutungsvoll erachten. Diese Idee zieht sich durch die Geschichte der Menschheit, und jede neue Form der Kommunikation bringt neue Perspektiven und Konzepte mit sich. Marshall McLuhan formulierte es so: „Das Medium ist die Botschaft“. Doch Postman geht einen Schritt weiter. In seiner Analyse von Medien und ihrer Rolle in der öffentlichen Kommunikation argumentiert er, dass jedes Kommunikationsmittel eine zugrunde liegende Ideologie hat, die die Art und Weise bestimmt, wie wir Wissen, Wahrheit und Bedeutung verstehen.

Jede Form von Kommunikation – sei es Rauchzeichen, gedruckte Medien, Telegraphen oder Fernsehen – stellt nicht nur ein neutrales Medium zur Weitergabe von Informationen dar. Vielmehr ist jedes Medium von Natur aus ideologisch, indem es die Art und Weise prägt, wie wir die Welt sehen und wie wir Bedeutungen konstruieren. Die Veränderung von Kommunikationstechnologien führt zu einem Wandel in unserem Verständnis von Wahrheit und Wissen. Wenn sich die Technologie ändert, ändert sich auch das, was wir als wahr und wertvoll erachten. Diese Idee geht auf Beobachtungen zurück, die bereits vor 2300 Jahren von Platon gemacht wurden, und Postman vertieft sie weiter. Der Kern seiner Argumentation liegt in der Vorstellung, dass wir durch die Wahl unserer Kommunikationsmittel gezwungen sind, bestimmte Arten von Ideen und Wahrheiten auszudrücken, während andere ausgeschlossen werden.

Es ist wichtig zu betonen, dass Postman nicht nur die strukturellen Merkmale der Medien betrachtet, sondern auch deren metaphorische Kraft. Er vergleicht Kommunikationsmittel mit Metaphern, die uns nicht nur Informationen liefern, sondern auch unsere Wahrnehmung der Welt beeinflussen. „Ein Medium hat die Macht, uns zu zwingen, die Welt auf eine bestimmte Weise zu ordnen, zu rahmen, zu vergrößern oder zu verkleinern.“ Diese metaphorische Bedeutung von Medien ist nicht immer offensichtlich, aber sie formt unsere gesellschaftliche Vorstellung von der Realität. Im Falle von Fernsehen, zum Beispiel, vermittelte das Medium eine Vorstellung von Wahrheit, die von Bildern, Passivität und Unterhaltung geprägt war. Ein informatives Gespräch wurde oft in eine bloße Show verwandelt, die auf Sensationen und Emotionen abzielte, statt auf fundierte und tiefgehende Diskussionen.

Postman hebt hervor, dass die Struktur des Fernsehens eine Welt der Fragmentierung und Entkoppelung von Kontexten förderte. Wissen wurde nicht als zusammenhängende und tiefgründige Erkenntnis präsentiert, sondern als ein Strom von Bildern und kurzen, oft oberflächlichen Darstellungen. Dies hat direkte Auswirkungen darauf, wie die Gesellschaft Bedeutungen konstruiert und welche Inhalte als wahr oder wichtig erachtet werden. In einer solchen Medienlandschaft wird die Fähigkeit zur differenzierten und kritischen Auseinandersetzung mit Informationen erheblich eingeschränkt.

Die Auswirkungen dieser strukturellen Merkmale sind nicht auf das Fernsehen beschränkt. Sie können ebenso auf moderne Kommunikationsplattformen angewendet werden. Das Aufkommen von sozialen Medien wie Facebook, Twitter oder YouTube hat ähnliche Verschiebungen in der Art und Weise bewirkt, wie wir kommunizieren und was wir als bedeutungsvoll erachten. Wie Postman auch aufzeigt, besitzen alle Kommunikationsmittel eine „Resonanz“ – eine Kraft, die über ihren ursprünglichen Kontext hinausgeht und neue, oft unerwartete Bedeutungen hervorbringt. Diese Resonanz hat die Macht, unsere sozialen Institutionen und sogar unsere ethischen und moralischen Vorstellungen zu beeinflussen.

Besonders in der heutigen Zeit, in der soziale Medien eine zentrale Rolle spielen, zeigt sich die Bedeutung von Postmans Argumentation noch deutlicher. Die Struktur von Plattformen wie Twitter, die durch eine Kombination aus Geschwindigkeit, Kürze und Bildsprache geprägt ist, hat eine Kommunikationsweise hervorgebracht, die auf der Oberfläche stattfindet und wenig Raum für tiefgehende Analyse lässt. Sie bevorzugt die schnelle, oft oberflächliche Auseinandersetzung mit Themen, die leicht konsumierbar und teilbar sind. Dies führt dazu, dass die Art von Wissen, die in der Öffentlichkeit verbreitet wird, eher fragmentiert, vereinfacht und stark kontextualisiert ist.

Ein weiterer wichtiger Aspekt in Postmans Analyse ist die Betrachtung von „Resonanz“ als einem Phänomen, das auf Metaphern basiert. Resonanz erklärt, wie bestimmte kulturelle Narrative oder Symbole universelle Bedeutungen erlangen. Ein Beispiel für solche Resonanzen ist die Figur des Hamlet, die zu einem allgemein bekannten Symbol für Zögern und Unentschlossenheit wurde. In der Welt der Medienkommunikation werden bestimmte Metaphern und Narrative von den Strukturen der Medien hervorgebracht und verbreitet, wobei die Bedeutung dieser Metaphern über ihre ursprüngliche Verwendung hinausgeht und auf vielfältige Weise in die Gesellschaft integriert wird.

Im Hinblick auf die modernen Kommunikationsplattformen ist es unerlässlich, die Art und Weise zu betrachten, wie diese Medien die Wahrnehmung der Wahrheit und des Wissens in der Gesellschaft prägen. Diese Medien sind keine neutralen Kanäle, durch die Informationen einfach übertragen werden. Vielmehr sind sie Träger von tief verwurzelten ideologischen Annahmen, die unsere Wahrnehmung der Welt beeinflussen. Die schnelle, fragmentierte und oft emotionalisierte Art der Kommunikation auf sozialen Medien verändert nicht nur, wie Informationen verbreitet werden, sondern auch, wie wir als Gesellschaft die Welt und unser Wissen darüber verstehen.

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Wie man absichtlicher Ignoranz mit dialektischem Denken begegnet

Absichtliche Ignoranz, verstanden als die willentliche Entscheidung, Wissen zu ignorieren, obwohl es leicht zugänglich ist, stellt eine gefährliche Gefahr für jede Gesellschaft dar. Besonders auffällig wird dies im Kontext politischer Bewegungen, wie etwa der Unterstützung von Donald Trump in den USA. Trump selbst hat die Praxis der absichtlichen Ignoranz nicht erfunden, doch seine Politik und Rhetorik scheinen diese Strategie systematisch zu fördern. Der Präsident und seine Anhänger verbreiten regelmäßig falsche Informationen und manipulieren die öffentliche Wahrnehmung durch wiederholte Lügen, die nicht nur die Fakten verfälschen, sondern auch das Vertrauen in die objektive Wahrheit zerstören. Ein bekanntes Beispiel sind die 3.001 falschen oder irreführenden Aussagen, die Trump allein in den ersten 466 Tagen seiner Amtszeit machte – mehr als sechs Lügen pro Tag.

Die Strategie der absichtlichen Ignoranz ist keineswegs auf Trump oder seine Anhänger beschränkt. Sie ist ein weitverbreitetes Phänomen, das von vielen als bequem und weniger anstrengend wahrgenommen wird als das Streben nach objektiver Wahrheit. In den Schulen und Bildungsinstitutionen wird das kritische Denken zu wenig gefördert, was in einer Gesellschaft, die zunehmend von simplifizierten Ideologien und falschen Narrativen geprägt ist, problematisch ist. Statt Schüler zu ermutigen, komplexe Themen zu hinterfragen, werden sie oft darauf konditioniert, einfache Antworten zu akzeptieren und sich einer kritischen Auseinandersetzung zu entziehen.

Dialektisches Denken bietet hier eine wertvolle Methode, um absichtlicher Ignoranz entgegenzuwirken und eine tiefere Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen und politischen Themen zu ermöglichen. Es ist ein Denkprozess, der darauf abzielt, die Komplexität eines Themas zu erfassen, indem man die verschiedenen Teile eines Problems und deren Wechselwirkungen untersucht, um so ein besseres Verständnis für das Ganze zu entwickeln. Bertell Ollman beschreibt das dialektische Denken als eine Art Tanz, bei dem man zwischen den verschiedenen Aspekten eines Problems hin und her bewegt – vom Heute zum Gestern, von der Theorie zur Praxis.

Der dialektische Prozess beginnt mit der Analyse eines Problems und der Suche nach Mustern und Verbindungen in der Gegenwart. Der nächste Schritt besteht darin, die Ursachen für die heutigen Bedingungen in der Vergangenheit zu finden und diese mit der Gegenwart zu verbinden. Anschließend wird das Ziel verfolgt, die Widersprüche zwischen verschiedenen Perspektiven zu erkennen und Lösungen zu entwickeln, die diese Spannungen in der Zukunft überwinden können. Dieser Prozess endet mit der Praxis, dem Moment, in dem das neu gewonnene Wissen genutzt wird, um Veränderungen in der Welt zu bewirken.

Ein solches Denken ist keineswegs einfach, und es erfordert sowohl Geduld als auch eine sorgfältige Anleitung. In vielen Schulen und Universitäten gibt es jedoch kaum Anwendungsbeispiele für den Einsatz dialektischen Denkens. Die vorhandene Literatur ist größtenteils theoretischer Natur, ohne dass praxisorientierte Ansätze entwickelt wurden. Dabei ist das Potenzial dieses Denkens enorm: Es kann Schüler und Studierende dazu befähigen, komplexe gesellschaftliche Fragen zu durchdringen und sich aktiv mit ihnen auseinanderzusetzen.

Das Ziel einer qualitativ hochwertigen Bildung sollte nicht nur darin bestehen, Wissen zu vermitteln, sondern vor allem darin, den Schülern beizubringen, wie sie denken und nicht nur, wie sie Fakten und Zahlen auswendig lernen. Ein gutes Bildungssystem müsste in der Lage sein, den Schülern zu helfen, Argumente zu analysieren, verschiedene Perspektiven zu berücksichtigen und schließlich eine fundierte Meinung zu bilden. Um absichtlicher Ignoranz entgegenzuwirken, müssen Schulen und Universitäten Orte der kritischen Reflexion und des sozialen Wandels sein, an denen es nicht nur darum geht, Wissen zu erwerben, sondern dieses Wissen auch zu hinterfragen und zu prüfen.

Das Fehlen von kritischem Denken in den Schulen führt dazu, dass Jugendliche weiterhin in einer Welt leben, in der sie auf oberflächliche Narrative hereinfallen und die komplexen sozialen, politischen und wirtschaftlichen Zusammenhänge nicht verstehen. Dies ist besonders problematisch in einer Zeit, in der falsche Informationen in den sozialen Medien und auf den sogenannten "Nachrichtensendern" massiv verbreitet werden. Nur durch eine konsequente Förderung des dialektischen Denkens können wir der absichtlichen Ignoranz entgegenwirken und eine Gesellschaft formen, die bereit ist, ihre eigenen Widersprüche zu erkennen und positive Veränderungen zu fördern.

Der Weg hin zu einer Gesellschaft, die kritisches Denken und sozialen Wandel fördert, beginnt jedoch im Klassenzimmer. Lehrer, die bereit sind, die dialektische Methode zu lehren und die Auseinandersetzung mit komplexen, oft kontroversen Themen zu fördern, leisten einen entscheidenden Beitrag zu einer aufgeklärten und verantwortungsbewussten Gesellschaft.