In den Jahren 2015 und 2016 erlebten die Verhandlungen zwischen den Hospitalisten von Victoria und der Gesundheitsbehörde Island Health eine dramatische Wende, die das traditionelle Verständnis von Verträgen im Gesundheitswesen infrage stellte. Ursprünglich waren die Gespräche von Misstrauen und Konfrontationen geprägt, was zu einem ständigen „Tit-for-Tat“-Zyklus zwischen den Parteien führte. Island Health und die Hospitalisten standen sich in einer festgefahrenen Situation gegenüber, bei der die Verhandlungen aufgrund mangelnden Vertrauens und Kommunikationsproblemen ins Stocken gerieten. Ein wichtiger Wendepunkt trat ein, als eine neue Methodik zur Vertragserstellung ins Spiel kam – das Vested-Geschäftsmodell, das eine kollaborative Herangehensweise an die Vertragsgestaltung fördert.

Der Ursprung des Konflikts war der Mangel an Vertrauen, der durch inkonsistente Berichtserstattung und unterschiedliche Vorstellungen über die Arbeitsbedingungen der Hospitalisten verstärkt wurde. Island Health war besorgt über die Transparenz in der Planung und Abrechnung der Hospitalisten, während diese das Gefühl hatten, finanziell unter Druck gesetzt und in ihrer Arbeitsweise unzureichend unterstützt zu werden. Die Hospitalisten wollten ein flexibleres Vertragsmodell, das auf Arbeitslasten basierte, um ihre Sicherheitsbedenken zu adressieren und gleichzeitig eine kontinuierliche, qualitativ hochwertige Patientenversorgung zu gewährleisten. Dem gegenüber stand die Forderung von Island Health, mehr Hospitalisten einzusetzen, um die Qualität der Versorgung aufrechtzuerhalten.

Die Verhandlungen, die aufgrund dieser unvereinbaren Perspektiven immer wieder scheiterten, führten schließlich dazu, dass der Vertrag mit einer Kündigungsfrist zum 28. Februar 2015 ausgesetzt wurde. Diese Entwicklung erregte großes öffentliches Interesse, da in den Medien über die suspendierten Ärzte und die ausbleibende Einigung berichtet wurde. In diesem Umfeld verlor Kim Kerrone, der zu dieser Zeit mit der Aufgabe betraut war, die Vertragsverhandlungen zu leiten, zunehmend die Hoffnung auf eine Einigung. Sie beschreibt die Situation als extrem schwierig: „Es gab keinen Fortschritt in den Verhandlungen. Es war einfach eine sehr schlechte Atmosphäre – es gab kein Vertrauen, absolut keines.“

Es war eine scheinbar zufällige Begegnung, die alles ändern sollte. Kerrone nahm an einer Präsentation von Kate Vitasek, einer Professorin an der Universität Tennessee, teil, die das Vested-Geschäftsmodell vorstellte. Dieses Modell beruhte auf der Idee der kooperativen Vertragserstellung, bei der Käufer und Lieferanten gemeinsam einen relationalen Vertrag entwickeln. Die Präsentation über das Vested-Modell zeigte eine Methode auf, die speziell dafür entwickelt wurde, die traditionellen Verhandlungsprozesse in komplexen Umfeldern wie dem Gesundheitswesen zu transformieren.

Kerrone, die nach einem Weg suchte, um den festgefahrenen Konflikt zu lösen, war sofort überzeugt, dass dieses Modell der Schlüssel zur Lösung der Situation sei. Auch andere Führungskräfte bei Island Health, wie Courtney Peereboom und Dr. Brendan Carr, erkannten das Potenzial dieser neuen Herangehensweise und gaben grünes Licht, um das Vested-Modell in die Praxis umzusetzen.

Der erste Schritt war eine dreitägige „Alignment-Workshop“-Sitzung, die gemeinsam mit den Hospitalisten und einer neutralen dritten Partei – der Forefront Group, einem Vested Center of Excellence – abgehalten wurde. Der Workshop sollte als Test dienen, um zu entscheiden, ob der Vested-Ansatz die gewünschte Wirkung erzielen würde. Beide Parteien, Island Health und die Hospitalisten, waren zu diesem Zeitpunkt immer noch von Misstrauen geprägt, aber sie waren bereit, einen neuen Ansatz auszuprobieren, da die traditionellen Verhandlungsmethoden offensichtlich nicht mehr funktionierten.

Der Erfolg des Workshops und die Entscheidung, das Vested-Modell weiter zu verfolgen, führten schließlich zu einem bahnbrechenden Vertrag, der nicht nur auf den finanziellen Aspekten basierte, sondern auch die Beziehung zwischen den Parteien ins Zentrum stellte. Dr. Jean Maskey, die führende Verhandlungsführerin der Hospitalisten, bezeichnete den Erfolg als fast märchenhaft: „Es war nicht unser übliches Vorgehen, aber es war unglaublich erfolgreich, uns aus der Sackgasse zu befreien.“ Diese neue Herangehensweise ermöglichte es beiden Seiten, nicht nur einen Vertrag abzuschließen, sondern eine langfristige und gesunde Partnerschaft zu etablieren, die auf gemeinsamen Zielen und Vertrauen beruhte.

Das Ergebnis war nicht nur ein Vertrag, sondern eine radikale Veränderung in der Art und Weise, wie die Hospitalisten und Island Health zusammenarbeiteten. Ein Vergleich der positiven und negativen Begriffe in der Kommunikation vor und nach der Einführung des Vested-Ansatzes zeigte einen dramatischen Wandel: Die negative Wortwahl sank von 84,5% auf 13,8%, während die positive Wortwahl von 15,5% auf 86,2% stieg. Dr. Ken Smith, ein führender Arzt bei Island Health, betonte, dass der Erfolg dieses Prozesses im Wesentlichen auf der verbesserten Beziehung zwischen den Parteien beruhte. „Die Zusammenarbeit war früher geprägt von Barrieren und Missverständnissen. Jetzt helfen wir uns gegenseitig, die Hürden zu überwinden“, sagte er.

Die Einführung des relationalen Vertrags brachte jedoch nicht nur ein besseres Arbeitsumfeld für die Ärzte. Vielmehr ermöglichte es eine fundierte Zusammenarbeit, die den Fokus auf die gemeinsamen Ziele lenkte: Verbesserung der Patientenversorgung, effizientere Nutzung von Ressourcen und eine höhere Qualität der Dienstleistungen. Der Vertrag legte die Grundlage für eine fortwährende Partnerschaft, die auch in anderen Bereichen des Gesundheitswesens nachgeahmt werden könnte.

Insgesamt zeigt die Erfahrung von Island Health und den Hospitalisten von Victoria, wie wichtig es ist, dass Vertragsverhältnisse im Gesundheitswesen nicht nur als rechtliche und finanzielle Dokumente verstanden werden, sondern auch als Beziehungen, die kontinuierlich gepflegt werden müssen. Ein relationaler Vertrag, der auf Vertrauen, Zusammenarbeit und gemeinsamen Zielen basiert, kann die Grundlage für eine nachhaltige und erfolgreiche Partnerschaft im Gesundheitssektor bieten. Der Vested-Ansatz, der sowohl Transparenz als auch Flexibilität fördert, stellt sicher, dass alle Parteien nicht nur rechtlich abgesichert sind, sondern auch motiviert und bereit sind, gemeinsam an der Erreichung der vereinbarten Ziele zu arbeiten.

Wie funktioniert die Balance zwischen Flexibilität und Striktheit in relationalen Verträgen?

Ein relationaler Vertrag stellt einen rechtlich bindenden Rahmen dar, der durch soziale Normen geprägt ist und die kontinuierliche Ausrichtung der Interessen der Parteien in den Vordergrund stellt. Anders als traditionelle transaktionale Verträge, die sich auf die exakte Erfüllung spezifischer Bedingungen und den Abschluss einer einmaligen Transaktion konzentrieren, legt der relationale Vertrag den Fokus auf die Partnerschaft und die langfristige Zusammenarbeit. Dies bedeutet nicht, dass bei relationalen Verträgen die Rechtssicherheit und Klarheit in Bezug auf Verpflichtungen vernachlässigt werden, sondern dass diese durch flexible Mechanismen ergänzt werden, die eine kontinuierliche Anpassung und Anpassung an sich verändernde Umstände ermöglichen.

Die ursprüngliche Idee des relationalen Vertrags ist, dass er nicht nur als rechtliches Dokument, sondern auch als soziales Instrument fungiert, das den Rahmen für eine fortlaufende Zusammenarbeit bildet. Während transaktionale Verträge dazu neigen, alles im Voraus zu regeln und einen festen Rahmen für die Beziehung der Parteien zu schaffen, ermöglichen relationale Verträge eine flexiblere Handhabung von Änderungen und unvorhergesehenen Entwicklungen. Diese Flexibilität ist jedoch nicht gleichbedeutend mit einer kompletten Abwesenheit von Regelungen. Der Schlüssel zu einem erfolgreichen relationalen Vertrag liegt in der Balance zwischen klaren, festen Strukturvorgaben und der notwendigen Flexibilität, um auf unvorhergesehene Umstände reagieren zu können.

Ein relationaler Vertrag wird so strukturiert, dass er die grundlegenden Erwartungen der Parteien bezüglich der Zusammenarbeit klar definiert, dabei aber Raum für notwendige Anpassungen lässt. Ein Beispiel hierfür ist die Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Arbeitsaufteilung anstelle einer detaillierten Spezifikation aller zu erbringenden Dienstleistungen. Diese Anpassungsfähigkeit wird durch robuste Governance-Mechanismen unterstützt, die der Kommunikation und Entscheidungsfindung der Parteien über Änderungen dienen. In der Praxis bedeutet dies, dass die Parteien nicht nur rechtlich verpflichtet sind, ihre Vereinbarungen zu erfüllen, sondern auch in der Lage sind, auf Veränderungen in den Geschäftsumfeldern oder den Bedürfnissen der jeweiligen Parteien zu reagieren.

Es ist wichtig zu verstehen, dass in einem relationalen Vertrag die primäre Risikominderung nicht in der Schaffung einer detaillierten Liste von Bedingungen und Ausnahmeregelungen liegt, sondern vielmehr in der fortlaufenden und beidseitigen Ausrichtung der Interessen. Dies erfordert eine kontinuierliche Kommunikation und die Bereitschaft beider Parteien, ihre Vereinbarungen bei Bedarf anzupassen, um eine für beide Seiten vorteilhafte Lösung zu finden.

Die Struktur eines relationalen Vertrags muss daher klare, jedoch flexible Rahmenbedingungen bieten. Dies geschieht durch die Festlegung von „Referenzpunkten“, die als Grundlage für die laufende Zusammenarbeit dienen. Solche Referenzpunkte definieren die allgemeinen Erwartungen und Verpflichtungen, die von beiden Seiten eingehalten werden sollten. Die Spezifikationen und Details, wie zum Beispiel die Preisgestaltung oder die genaue Arbeitsaufteilung, bleiben jedoch flexibel, um den sich ändernden Bedingungen Rechnung zu tragen. Diese Flexibilität ist entscheidend, da sie verhindert, dass ein Vertrag durch zu strikte Bestimmungen in eine Sackgasse führt, wenn sich die Umstände ändern oder neue Herausforderungen auftreten.

Das Problem bei rein transaktionalen Verträgen liegt in ihrer Starrheit. Sie beruhen auf der Vorstellung, dass alle Eventualitäten im Voraus geplant werden können. Dieser Ansatz führt oft zu langwierigen und komplexen Verträgen, die im Falle unvorhergesehener Änderungen schwer anpassbar sind. Wenn hingegen ein Vertrag zu flexibel gestaltet ist, kann dies zu Missverständnissen führen und das Risiko erhöhen, dass eine der Parteien die Bestimmungen zu ihrem Vorteil auslegt. Hier liegt die Herausforderung: Wie findet man die richtige Balance zwischen den Vorteilen einer flexiblen Vereinbarung und der Notwendigkeit, klare und faire Regeln aufzustellen?

Ein gut strukturierter relationaler Vertrag ermöglicht diese Balance, indem er sowohl eine klare Grundlage für die Zusammenarbeit als auch genügend Spielraum für die Anpassung an sich verändernde Umstände bietet. Dies geschieht durch eine Mischung aus festen, aber nicht starren Vereinbarungen, und durch Mechanismen, die die kontinuierliche Kommunikation und Zusammenarbeit fördern. Die Tatsache, dass sich die Parteien nicht nur auf den Vertrag als ein einmal abgeschlossenes Dokument verlassen, sondern vielmehr auf eine fortlaufende Interaktion, schafft ein dynamisches System, das sich an Veränderungen anpassen kann, ohne dass die grundlegenden Werte und Ziele der Partnerschaft verloren gehen.

Ein relationaler Vertrag ist somit nicht nur ein rechtliches Instrument, sondern auch ein soziales Engagement. Die Parteien verpflichten sich nicht nur zur Erfüllung ihrer vertraglichen Pflichten, sondern auch zu einer kontinuierlichen Ausrichtung ihrer Interessen, die im besten Fall langfristig eine stabile und produktive Zusammenarbeit ermöglicht. In diesem Kontext spielen soziale Normen eine wesentliche Rolle, da sie die Basis für das Vertrauen und die gegenseitige Verpflichtung bilden. Der Vertrag selbst wird dadurch zu einem fortlaufenden Prozess, in dem sich beide Parteien aktiv einbringen und gemeinsam nach Lösungen suchen.

Es ist von großer Bedeutung, dass die Parteien, die einen relationalen Vertrag eingehen, sich der Dynamik ihrer Beziehung bewusst sind und die Verantwortung übernehmen, diese aktiv zu gestalten und zu pflegen. Nur durch kontinuierliche Kommunikation und die Bereitschaft zur Anpassung können die ursprünglichen Ziele des Vertrags erfolgreich umgesetzt werden. Während transaktionale Verträge darauf abzielen, Risiken durch Vorkehrungen und Vorschriften zu minimieren, setzt der relationale Vertrag auf die aktive Zusammenarbeit und die fortlaufende Synchronisation der Interessen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt relationaler Verträge ist die Bedeutung von Governance-Mechanismen, die nicht nur die praktischen Details der Vertragserfüllung betreffen, sondern auch die sozialen Normen und Werte, die die Zusammenarbeit leiten. Solche Mechanismen bieten einen klaren Rahmen für Entscheidungen und tragen dazu bei, Konflikte zu vermeiden, indem sie sicherstellen, dass alle Beteiligten die gleichen Prinzipien teilen und respektieren. Diese soziale Verankerung des Vertrags ist einer der Gründe, warum relationale Verträge langfristig erfolgreicher sein können als transaktionale Verträge, die nur auf den Abschluss eines einzelnen Geschäfts fokussiert sind.