In der heutigen Zeit setzen immer mehr Staaten die Revolution in der Militärtechnologie (RMA) teilweise oder vollständig als Teil ihres Modernisierungsprozesses um. Der technische Fortschritt in der Informationstechnologie und die Verfügbarkeit sicherer Kommunikation über Satelliten haben es den Streitkräften weltweit ermöglicht, neue Strukturen, Doktrinen und Strategien für die Durchführung von Net Centric Warfare (NCW) zu entwickeln. Diese Entwicklungen haben zur Entstehung der C4ISR-Architektur geführt, die auf Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) sowie auf Echtzeitdaten von weltraumbasierten Systemen basiert.

Ein bedeutender Bestandteil dieser Architektur ist die Nutzung von Navigationssystemen wie GPS, Inertialnavigation und geografischen Informationssystemen (GIS), die alle dazu beitragen, die operativen Fähigkeiten der Streitkräfte zu verbessern. Big Data und die Daten von Radarsystemen oder Teleskopanlagen machen das gesamte System noch effizienter, wodurch die Abhängigkeit von traditionellen Planungsmethoden wie Papierkarten und Sandmodellen verringert wird. In einem Netzwerk-zentrierten Umfeld hilft Künstliche Intelligenz (KI) den Soldaten, fast in Echtzeit auf Informationen zuzugreifen und diese im gesamten Netzwerk zu teilen. Die Schlüsselrolle in diesem Szenario spielen Aufklärung, Überwachung und Informationserfassung (ISR).

Der Wandel auf dem Schlachtfeld hat nicht nur die Techniken zur Identifizierung und Überwachung verändert, sondern auch zu erheblichen technologischen Verbesserungen geführt. Insbesondere die KI hat in den Bereichen bodengestützte, luftgestützte, weltraumgestützte und unterwasserbasierte ISR-Fähigkeiten enormen Einfluss. Drohnen, die KI-basierte Technologien zur Überwachung und Aufklärung nutzen, haben die Transparenz auf dem Schlachtfeld erheblich erhöht und ermöglichen eine dynamische Visualisierung des Schlachtfeldes, oft in Form eines fast dreidimensionalen Modells. Diese Entwicklung trägt dazu bei, die Genauigkeit der militärischen Entscheidungen zu verbessern.

Die Integration von KI in militärische Anwendungen beschränkt sich jedoch nicht nur auf Überwachungs- und Aufklärungstechnologien. Sie hat das Potenzial, alle Bereiche der Militärstrategie zu revolutionieren, einschließlich Kommando, Ausbildung, Logistik und Truppenverlagerung. Verschiedene Überwachungsplattformen, wie UAVs, synthetische Aperturradare, Luftgestützte Frühwarnsysteme und Satelliten, erzeugen rund um die Uhr riesige Mengen an Daten und Bildern. KI-basierte Systeme können diese Daten analysieren und versteckte Muster mit höchster Präzision und Genauigkeit erkennen, wodurch militärische Kommandeure wertvolle Informationen erhalten, die ihnen helfen, fundierte Entscheidungen zu treffen. In naher Zukunft werden diese KI-Technologien voraussichtlich in verschiedene andere Systeme integriert, um autonome Entscheidungsfindung auf Seiten der Militärführung zu ermöglichen.

Neben den offensichtlichen Vorteilen in der militärischen Aufklärung und Planung spielt KI auch eine wichtige Rolle im Bereich der Cybersicherheit. Moderne Ransomware-Angriffe sind inzwischen hochentwickelt und stellen eine zunehmende Bedrohung dar. Während die Zahl der Angriffe in den letzten Jahren gesenkt wurde, sind ihre Effizienz und Erfolgsquote gestiegen. Dies hat die militärischen Organisationen dazu veranlasst, KI auch als Werkzeug für die Cyberabwehr zu betrachten. KI-basierte Systeme können helfen, Cyberangriffe schneller zu identifizieren und automatisch Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Es wird erwartet, dass KI in den kommenden Jahren die Art und Weise, wie militärische Institutionen mit Cyberbedrohungen umgehen, maßgeblich beeinflussen wird.

Die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz in der Cybersicherheit ist auch auf die Tatsache zurückzuführen, dass sie in der Lage ist, große Mengen potenziell bösartiger Daten zu analysieren und Sicherheitslücken zu identifizieren, ohne menschliches Eingreifen. Dennoch müssen die militärischen Organisationen bei der Einführung von KI auch die potenziellen Sicherheitsrisiken berücksichtigen, die mit der Technologie selbst verbunden sind, da KI-Programme auch anfällig für Cyberangriffe werden können.

Insgesamt hat KI das Potenzial, die Kriegsführung auf eine völlig neue Ebene zu heben. Sie bietet nicht nur innovative Lösungen für bestehende Probleme, sondern eröffnet auch neue Möglichkeiten, die vor wenigen Jahren noch undenkbar schienen. Auch wenn viele der KI-basierten Waffensysteme bereits Vorteile auf dem Schlachtfeld bieten, gibt es nach wie vor ethische Bedenken hinsichtlich der vollständigen Automatisierung der Kriegsführung. Die Idee, dass Maschinen autonom über Leben und Tod entscheiden, stößt bei vielen auf Widerstand. Aus diesem Grund bleibt es auch bei autonomen Waffensystemen weitgehend Konsens, dass der Mensch weiterhin in den Entscheidungsprozess eingebunden sein sollte. Dennoch zeigt die Entwicklung von KI in militärischen Anwendungen einen klaren Trend hin zu einer zunehmend datengetriebenen und automatisierten Kriegsführung.

Die KI-gestützten Waffensysteme sind heute bereits als "Kräftevervielfacher" für die Streitkräfte zu betrachten. Mit der weiteren Entwicklung dieser Technologien werden sich zunehmend mehr Einsatzmöglichkeiten auftun, die sowohl die Effizienz der militärischen Operationen verbessern als auch die Entscheidungsfindung revolutionieren. Es ist zu erwarten, dass diese Technologien im Laufe der Zeit nicht nur die Strategie und Taktik, sondern auch die gesamte Struktur der militärischen Organisationen verändern werden.

Wie kann KI das militärische Entscheidungsfindungssystem unterstützen?

Die Verwendung von Künstlicher Intelligenz (KI) in militärischen Entscheidungsprozessen gewinnt zunehmend an Bedeutung. Insbesondere in den Bereichen der Zielerfassung und -bewertung kann KI sowohl als Entscheidungshilfe als auch als autonomes Entscheidungssystem eingesetzt werden. Zwei Hauptfunktionen von Entscheidungshilfesystemen lassen sich dabei unterscheiden: Alarme und Empfehlungen. Die Alarmfunktion macht den Nutzer auf eine Situation aufmerksam, die möglicherweise eine Handlung erfordert. Die Empfehlungsfunktion hingegen bietet Rat hinsichtlich der Auswahl und des Handelns. Solche Systeme können in verschiedenen Modellen betrieben werden, wobei einige speziell für die Unterstützung von Entscheidungen entwickelt wurden, während andere sowohl als Entscheidungshilfe als auch als autonomes Entscheidungsinstrument genutzt werden können, je nachdem, welche Option der menschliche Operator wählt.

Die technologische Möglichkeit, Entscheidungshilfe und autonome Entscheidungsfindung in einem System zu integrieren, existiert bereits seit den 1970er Jahren. Ein Beispiel hierfür ist das Aegis Combat System, das erstmals in dieser Zeit eingesetzt wurde. Es konnte entweder im automatisierten Modus laufen, wodurch das System Ziele direkt angriff, ohne dass eine menschliche Entscheidung dazwischenlag, oder im manuellen Modus, bei dem nur autorisierte menschliche Operatoren einen Raketenangriff auslösen konnten. Ein pensionierter US-Admiral berichtete, dass er und seine Kollegen zögerten, das System im automatisierten Modus zu verwenden, da sie befürchteten, ungewollte Angriffe könnten dadurch ausgelöst werden.

Im Kontext der NATO-Doktrin, die als Referenz für die Analyse von KI-gestützten Entscheidungsprozessen dient, lässt sich ein strukturierter Prozess in mehrere Phasen unterteilen. Das "Zielzyklusmodell" der NATO sieht mehrere Phasen vor, bei denen KI-unterstützte Entscheidungshilfesysteme in den Entscheidungsprozess integriert werden können. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die NATO-Doktrin auf sogenannte „offensive Operationen“ abzielt, bei denen militärische Kommandos die Wahl haben, mit feindlichen Aktionen zu beginnen. In Abwehroperationen, bei denen die Zeit für eine sorgfältige Zielauswahl stark eingeschränkt ist, spielt KI eine andere Rolle, da hier vorrangig die Bewertung von Bedrohungen im Vordergrund steht.

Die sechs Hauptphasen im Zielzyklus der NATO sind wie folgt gegliedert: Zunächst wird in Phase 1 die „Absicht des Kommandeurs, die Ziele und die Anleitung“ festgelegt. Diese Phase beschreibt den strategischen Befehl, dass Gewalt angewendet wird, basierend auf politischen Leitlinien. Alle nachfolgenden Zielangriffe sollten auf dieser Absicht basieren. Phase 2 beschäftigt sich mit der „Zielentwicklung“, also der Identifikation und Auswahl potenzieller Ziele. Diese Phase ist entscheidend, da sie die Grundlage für die Entscheidung über die Priorisierung und Auswahl von Zielen bildet. In Phase 3 erfolgt die „Fähigkeitsanalyse“, bei der überprüft wird, welche Waffensysteme am besten geeignet sind, um die gewünschten Effekte zu erzielen.

Phase 4 betrifft die „Entscheidung des Kommandeurs, die Truppenplanung und die Zuweisung“, was die endgültige Bestätigung und Kommunikation der priorisierten Ziele an das taktische Niveau bedeutet. In Phase 5 erfolgt die „Missionsplanung und Durchführung der Angriffe“, wobei eine positive Identifikation der Ziele erfolgt, die dann mit den zugewiesenen Waffensystemen bekämpft werden. Dies stellt eine operative Implementierung des taktischen Zielzyklus F2T2EA (Find, Fix, Track, Target, Engage, Assess) dar, der vollständig von einem autonomen System durchgeführt werden könnte.

Schließlich kümmert sich Phase 6 um die „Kampf- und Schadensbewertung“, bei der überprüft wird, ob der verursachte Schaden, einschließlich etwaiger Kollateralschäden, in einem angemessenen Verhältnis zu den Missionszielen steht und ob das Vorgehen rechtmäßig war. Besonders relevant für KI-gestützte Systeme sind hier die Phasen 2, 3 und 6, die vor allem mit der Analyse und Empfehlung von Zielen sowie der Beurteilung von Bedrohungen zusammenhängen. In diesen Phasen könnte KI eine zentrale Rolle spielen, indem sie Informationen strukturiert und in einer Weise präsentiert, die dem Entscheidungsträger eine schnellere und fundiertere Entscheidungsfindung ermöglicht.

Im Hinblick auf die praktische Anwendung von KI in der militärischen Zielerfassung stellt sich die Frage, wie KI dabei helfen kann, die Effizienz der Entscheidungsfindung zu erhöhen. Dies ist besonders wichtig, da militärische Operationen oft mit drängenden Zeitvorgaben konfrontiert sind und sich schnell verändernde Bedingungen erfordern. Bei der Auswahl von Zielen kann es entscheidend sein, dass KI die Effizienz der Analyse und die Geschwindigkeit der Entscheidungsfindung erhöht, insbesondere bei der Beurteilung komplexer Zielkonstellationen und möglicher Kollateralschäden. Hierbei spielt auch das Projekt Maven der US-amerikanischen Verteidigungsbehörde eine Rolle, das auf die Nutzung von KI, Big Data und maschinellem Lernen abzielt, um die Effizienz bei der Verarbeitung und Analyse von UAV-Daten zu steigern.

Die Automatisierung bestimmter Entscheidungsprozesse könnte die militärische Reaktionsfähigkeit erheblich verbessern, insbesondere in Szenarien, in denen Zeitdruck besteht. Der Vorteil von KI-Systemen liegt dabei nicht nur in der Geschwindigkeit, sondern auch in der Fähigkeit, riesige Datenmengen schnell zu verarbeiten und zu analysieren, was menschliche Entscheidungsträger entlastet und die Wahrscheinlichkeit fehlerhafter Entscheidungen reduziert.

Es ist jedoch auch wichtig zu erkennen, dass der Einsatz von KI im militärischen Entscheidungsprozess nicht ohne Herausforderungen ist. Fragen der Ethik und Verantwortung sind dabei von zentraler Bedeutung. Wer ist verantwortlich, wenn ein KI-System Fehler macht, die zu ungewollten Angriffen oder Kollateralschäden führen? Welche Garantien gibt es, dass KI-gestützte Systeme nicht missbraucht werden oder falsche Entscheidungen treffen? Dies sind kritische Fragen, die bei der Entwicklung und dem Einsatz solcher Systeme berücksichtigt werden müssen.