Die Nazca-Kultur, die etwa zwischen 100 v. Chr. und 650 n. Chr. in der peruanischen Küstenregion blühte, war von faszinierenden religiösen und kulturellen Praktiken geprägt, deren Zeugen auch heute noch die monumentalen Geoglyphen sind, die die Wüste schmücken. Der Ursprung dieser Figuren bleibt ein ungelöstes Rätsel, das bis heute zahlreiche Theorien aufwirft. Es wird angenommen, dass die Nazca-Gesellschaften zunächst einen religiösen Fokus verfolgten, bevor sich ihre Kunst und Architektur zu der komplexen Form entwickelten, die wir heute kennen.

Ein bemerkenswerter Aspekt der Nazca-Kultur war ihr handwerkliches Können, insbesondere in der Textilkunst. Ihre Stoffe aus Baumwolle sowie Wolle von Lamas und Alpakas wiesen sich durch die feine Webtechnik aus, die sowohl traditionelle als auch komplexere Muster integrierte. Nach den Einflüssen der Paracas-Kultur strebten die Nazca mehr Komplexität in ihren Designs an. Sie fügten mythologische Wesen, reichhaltige Stickereien und abstrakte geometrische Formen hinzu. Die Kunstwerke der Nazca spiegeln eine tiefe Verbindung zwischen religiösen Überzeugungen und künstlerischem Ausdruck wider. Besonders bemerkenswert ist, dass die Nazca einige der feinsten Federkleider herstellten, die speziell für die religiösen und politischen Eliten des Reiches gedacht waren. Ebenso faszinierend ist die Praxis, menschliche Köpfe, oft die von Feinden, zu mumifizieren und sie als Trophäen zu tragen – eine Praxis, die symbolische Bedeutung in Bezug auf Stärke und Mut der Verstorbenen hatte.

Die Zeremonien der Nazca, die tief in ihrer Religion verwurzelt waren, wurden durch spezifische Bräuche wie die Mummifikation von Köpfen und die Schädeldeformationen (wobei Neugeborene mit Lederbändern versehen wurden, um ihre Köpfe zu verformen) weiter geprägt. Diese ritualisierten Handlungen spiegelten die religiöse Bedeutung und den Glauben an die spirituelle Kraft, die von den Verstorbenen ausgehen konnte.

Die geologische Umgebung der Nazca-Hochebene, insbesondere der Wind- und Klimabedingungen, spielte eine wichtige Rolle bei der außergewöhnlichen Erhaltung der Nazca-Geoglyphen. Diese kunstvoll in den Wüstenboden geritzten Bilder und Linien, die aus einer Mischung von Steinen und Eisenoxiden bestehen, konnten nur aus der Luft vollständig erfasst werden. Die Nazca hinterließen eine Vielzahl von Formen, darunter geometrische Linien, Spiralen, Trapeze und Tiere, die bis heute Forscher und Besucher gleichermaßen in ihren Bann ziehen.

Die Entstehung und Bedeutung der Nazca-Linien ist nach wie vor ein Mysterium. Viele Hypothesen wurden über die Jahrhunderte entwickelt, aber es gibt bis heute keine endgültige Antwort. Maria Reiche, eine deutsche Mathematikerin und Archäologin, die das Leben der Nazca-Geoglyphen widmete, glaubte, dass diese Figuren in direkter Verbindung zu astronomischen Phänomenen standen, wie dem Sonnenaufgang und Sonnenuntergang zu den Tagundnachtgleichen und Sonnenwenden. Einige der Figuren, wie die von Tieren und Göttern, wurden möglicherweise im Einklang mit diesen astronomischen Ereignissen erschaffen, um den Kalender zu regulieren und religiöse Zeremonien zu synchronisieren.

Die Entdeckung der Nazca-Geoglyphen und ihrer möglichen astronomischen Bedeutung öffnet das Tor zu einer tieferen Auseinandersetzung mit der Beziehung zwischen Mensch und Natur. Es zeigt, dass diese Kulturen bereits über fortgeschrittene Kenntnisse der Himmelskörper verfügten, was sowohl im Hinblick auf ihre Überlebensstrategien als auch auf ihre religiösen Rituale von zentraler Bedeutung war. Ihre Kunst war nicht nur eine Ausdrucksform der Ästhetik, sondern hatte eine tiefere, metaphysische Bedeutung, die das tägliche Leben und die Weltanschauung der Nazca durchdrang.

Die so genannte "größte astronomische Uhr der Welt", wie einige die Nazca-Linien bezeichneten, veranschaulicht die enge Verbindung zwischen gelebtem Glauben und praktischer Astronomie. Diese Linien und Figuren gaben den Nazca nicht nur Informationen über die Jahreszeiten und den besten Zeitpunkt für landwirtschaftliche Tätigkeiten, sondern könnten auch als Kommunikationsmittel über Himmelsereignisse gedient haben.

Eine besondere Rolle in der religiösen Symbolik spielte die Darstellung von Tieren, die in der Nazca-Welt als göttliche Wesen verehrt wurden. Der Kolibri, der in der Region heimisch war, und der Kondor, der in den Anden lebt, sind häufige Motive in den gezeichneten Figuren. Ebenso sind marine Tiere wie der Orca und der Pelikan zu finden, was auf die Küstenlage der Nazca und ihre Rolle als Seefahrer hinweist.

Ein weiterer bemerkenswerter Aspekt der Nazca-Kultur war der intensive Gebrauch von Geometrie in der Gestaltung ihrer Geoglyphen. Trotz des Fehlens moderner Technologien konnten die Nazca durch einfache geometrische Verfahren und den Einsatz von Seilen und Holzstäben präzise Figuren über weite Strecken des Wüstensandes ziehen. Diese Fähigkeit zeugt von einer tiefen Kenntnis von Mathematik und Raumplanung, die es ihnen ermöglichte, diese Figuren über weite Flächen hinweg zu schaffen und dabei eine nahezu perfekte Genauigkeit zu wahren.

Die Geoglyphen von Nazca stehen nicht nur für die Innovationskraft der Kultur, sondern auch für ihre spirituelle und religiöse Weltanschauung. Die Linien und Figuren repräsentieren nicht nur die Verbindung zu den Sternen und den Göttern, sondern auch den Dialog zwischen der Natur und den menschlichen Bedürfnissen.

Die Nazca-Kultur bleibt ein faszinierendes und unergründliches Kapitel der Menschheitsgeschichte. Ihre Kunst und Architektur, insbesondere die Geoglyphen, eröffnen ein tieferes Verständnis für die Komplexität der damaligen Gesellschaft und deren Weltbild. Aber es bleibt ein Rätsel, das wahrscheinlich auch in den kommenden Jahren nur teilweise entschlüsselt werden kann.

Die Bedeutung der Heiligen Geographie von Machu Picchu und ihrer Religiösen Architektur

Machu Picchu, eine der beeindruckendsten archäologischen Stätten der Inkas, bietet nicht nur faszinierende Einblicke in die ingenieurtechnischen Fähigkeiten dieser Zivilisation, sondern auch in ihre religiösen Überzeugungen und die Bedeutung von geografischen und astronomischen Aspekten. Es ist schwer, die Architektur und Planung dieser Stätte von der religiösen Symbolik und dem Kult um die Anden-Götter zu trennen. Die Terrassen, die die Landwirtschaft unterstützten, hatten eine enge Verbindung zur hydrologischen Zyklen, die wiederum mit der Verehrung von Berggöttern und den landwirtschaftlichen Zyklen der Incas verknüpft waren. Diese Bereiche hätten nicht nur dem Anbau von Mais, Kartoffeln und anderen Gemüsearten gedient, sondern auch religiösen Zwecken, insbesondere in Verbindung mit Opfergaben.

Die religiöse Struktur von Machu Picchu zeigt sich nicht nur in den beeindruckenden Bauwerken, sondern auch in der Verteilung der verschiedenen Zonen auf der Stätte. In der oberen Zone befanden sich wichtige religiöse Gebäude und Tempel, während die untere Zone auch Wohnräume für Priester und Adlige beinhaltete. Eine besonders wichtige Funktion kam dem sogenannten Intiwatana zu, einem steinernen Monument, das zur Beobachtung von astronomischen Ereignissen und der Bestimmung von landwirtschaftlichen Zyklen diente. Der Intiwatana, auch als „Sonnenstein“ bekannt, war ein zentraler Ort für die Sonneverehrung. Der Felsen diente als Kalendersystem und war mit den Tagundnachtgleichen und Solstitien verbunden, markierte aber auch die spirituelle Verbindung der Inkas zu ihren Gottheiten und der Natur.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt war die Rolle der Berge in der religiösen Vorstellung der Inkas. Die höchsten Gipfel, insbesondere schneebedeckte Berge wie Salqantay und Ausangate, galten als heilige Orte, die mächtige Gottheiten beherbergten. Diese Götter waren nicht nur mit den natürlichen Zyklen wie dem Wetter und der Fruchtbarkeit von Vieh verbunden, sondern hatten auch Einfluss auf den Schutz vor Feinden, Krankheiten und anderen Gefahren. Insbesondere die Verehrung dieser Berge war eng mit dem Wohlstand der Menschen verbunden, da man glaubte, dass die Berge die Fruchtbarkeit von Alpaka und Lama beeinflussten, die eine zentrale Rolle in der Wirtschaft der Inkas spielten.

Die Verbindung von Machu Picchu zur "Heiligen Geographie" zeigt sich auch in der Ausrichtung seiner Architektur und in den heiligen Tempeln. Der Haupttempel, der auf den heiligen Platz hinausgeht, und der Tempel der Drei Fenster, der von einer wundervollen Aussicht auf die umliegenden Berge und das Tal des Urubamba-Flusses profitiert, bieten eine spirituelle und rituelle Bedeutung, die tief mit der Natur und dem Universum verbunden ist. Diese symbolische Landschaft, die auf die heiligen Berge der Region ausgerichtet ist, war sowohl für die religiösen Riten als auch für die astronomischen Beobachtungen von Bedeutung. Das „Astronomische Observatorium“ und der Intiwatana waren strategisch positioniert, um den Lauf der Sonne und der Sterne zu beobachten, was nicht nur für landwirtschaftliche Zwecke, sondern auch für die religiösen Zeremonien von höchster Bedeutung war.

Die Bedeutung der solaren Ereignisse in dieser heiligen Geographie ist besonders auffällig: Die Sommersonnenwende und die Wintersonnenwende, Ereignisse, die für die Inkas von großer Bedeutung waren, wurden durch die Architektur der Tempel und die Platzierung der heiligen Felsen markiert. Der Intiwatana war so ausgerichtet, dass er an den Sonnenwenden und den Tagundnachtgleichen als Mittelpunkt der solaren Beobachtungen diente. An diesen Tagen war der Schatten des Steins von besonderer Bedeutung, da er das zentrale Element im Ritual war, das die Verehrung der Sonne und die Bestimmung des richtigen Zeitpunkts für landwirtschaftliche Aktivitäten ermöglichte.

Die Berggötter, die als mächtige und oft unberechenbare Wesen betrachtet wurden, mussten regelmäßig besänftigt werden. Diese Gottheiten repräsentierten nicht nur die Gefahren der Natur, sondern auch die Möglichkeit für Wohlstand und Schutz. Ihre Bedeutung war nicht auf die unmittelbare Umgebung beschränkt: Die Kultgebiete von Salqantay und Ausangate erstreckten sich bis weit über die Region Cusco hinaus, was die weite Reichweite und den Einfluss dieser heiligen Geographie unterstreicht. In der Wahrnehmung der Inkas war es notwendig, den Zorn dieser Götter zu besänftigen, um den Schutz vor Unglück und Naturkatastrophen zu gewährleisten.

Machu Picchu, als eines der herausragendsten Beispiele der Inka-Architektur und -Religion, spiegelt die tief verwurzelte Verbindung zwischen Geographie, Religion und Kosmologie wider. Jeder Stein, jede Ausrichtung und jede Struktur war nicht nur praktisch, sondern auch rituell und symbolisch bedeutend. Die Inkas verstanden es meisterhaft, ihre Umgebung und ihre natürlichen Ressourcen in ein umfassendes spirituelles System zu integrieren, das sowohl das tägliche Leben als auch das Überleben sicherte. Ihre Architektur und ihre heilige Geographie waren ein Spiegelbild ihres Verständnisses von der Welt und ihrer tiefen Verehrung für die Natur und die Götter.

Wie das Südkreuz und andere Sterne in der südlichen Hemisphäre die Kulturen beeinflussten

Das Südkreuz, das mit den Füßen des Zentauren ausgerichtet ist, zählt heute zu den bekanntesten Sternbildern der südlichen Hemisphäre. Es ist aufgrund seiner charakteristischen Form – vier Sterne mit ähnlicher Helligkeit, die ein lateinisches Kreuz bilden – leicht erkennbar. Das Chakana-Kreuz könnte eine andine Darstellung des Südkreuzes sein. Das Sternbild umfasst insgesamt 49 Sterne mit einer scheinbaren Helligkeit von 6,51 oder weniger. Die vier hellsten Sterne, die das Kreuz selbst bilden, sind Acrux (α Crucis), Mimosa (β Crucis), Gacrux (γ Crucis) und Delta Crucis. Acrux, der hellste Stern im Südkreuz, ist ein komplexes Sternsystem, das aus mehreren Sternen besteht. Mimosa ist ein blauer Riese und ein spektroskopisches Doppelsternsystem, während Gacrux ein roter Riese ist.

Unterhalb des Südkreuzes befindet sich die dunkle Konstellation der Kohlenmehltasche, ein bemerkenswerter Nebel, der sich durch seine dunkle Erscheinung von den umgebenden Sternfeldern abhebt. Das Südkreuz beherbergt auch ein offenes Sternhaufen, bekannt als der Juwelenkasten, der etwa hundert Sterne enthält. Dieser wurde 1752 von Nicolas-Louis de Lacaille entdeckt. In der Region um Cuzco wird das Südkreuz auch als Calvary Cross bezeichnet, in Anlehnung an die Kreuze, die auf Berggipfeln gepflanzt wurden, um den Schutz der Herden zu erbitten, schlechtes Wetter abzuwehren und die Fruchtbarkeit des Bodens zu steigern.

Für die Inka war das Südkreuz von besonderer Bedeutung, insbesondere im Zusammenhang mit der Fruchtbarkeit. Die Beobachtung des Südkreuzes, das vor Beginn der Regenzeit erschien, als die Aussaat begann, und das nach den Regenfällen zur Erntezeit verschwand, hatte große Bedeutung. Das Sternbild erreichte seinen höchsten Punkt am Himmel während der Wintersonnenwende im Dezember, was in engem Zusammenhang mit den landwirtschaftlichen Zyklen stand. Auf Machu Picchu wurde das Südkreuz als Teil des himmlischen Flusses (der Milchstraße) betrachtet, und seine Ausrichtung auf den Gipfel des Salcantay hatte sowohl religiöse als auch wirtschaftliche Bedeutung. Diese kosmologische Ausrichtung war für die damaligen Himmelsbeobachter nicht nur von praktischer Bedeutung, sondern auch tief in die religiösen und spirituellen Überzeugungen eingebettet.

Ein weiteres wichtiges Sternbild der südlichen Hemisphäre ist die Plejaden, auch M45 genannt, ein offener Sternhaufen, der sowohl von der nördlichen als auch von der südlichen Hemisphäre aus sichtbar ist. 1769 fügte Charles Messier diesen Haufen, der im Herbsthimmel mit bloßem Auge sichtbar ist, zu seinem astronomischen Katalog hinzu. Der Haufen befindet sich im Sternbild Stier und ist in der Nähe von wichtigen Sternen wie Sirius im Großen Hund und Aldebaran im Stier positioniert. Schon in der Antike waren die Plejaden bekannt, und ihre Bedeutung geht auf den griechischen Dichter Hesiod zurück, der die heliakische Aufgangszeit im November als Beginn des Winters markierte.

Die Plejaden sind mit griechischer Mythologie verbunden, in der sie als die sieben Schwestern beschrieben werden, Töchter von Atlas und Pleione. Die Sterne in diesem Haufen sind unter den Namen ihrer mythischen Eltern und Schwestern bekannt: Alcyone, Atlas, Electra, Maia, Merope, Taygeta, Celaeno und Asterope. Der Cluster ist auch heute noch unter den besten bekannten Sternhaufen und viele seiner Sterne sind mit bloßem Auge sichtbar. Der helle Aufgang der Plejaden hatte für die Inka eine enge Verbindung zur Maisernte. Die heliakische Aufgangszeit der Plejaden wurde oft mit der Feier von Corpus Christi verbunden, einem Fest, das variabel, aber typischerweise im Juni gefeiert wurde, zur Zeit der Ernte. Beobachtungen des heliakischen Aufgangs der Plejaden könnten vom Sonnentempel in Cuzco aus gemacht worden sein, wobei ihre Bedeutung nicht nur auf der Landwirtschaft beruhte, sondern auch im religiösen Kontext verwurzelt war.

Schließlich gehört auch das Sternbild Orion, der Jäger, zu den markantesten und ältesten bekannten Sternbildern, das fast direkt auf dem Himmelsäquator liegt. Orion wurde bereits in der Antike erkannt und ist sowohl in Homers "Odyssee" als auch in Ptolemäus' "Almagest" erwähnt. In der griechischen Mythologie war Orion ein legendärer Jäger, dessen Hund Sirius ebenfalls der hellste Stern im Sternbild des Großen Hundes ist. Orions Körper ist leicht zu erkennen und wird durch vier helle Sterne definiert: Rigel, Saiph, Betelgeuse und Bellatrix. Das charakteristische Gürtelmuster von Orion besteht aus den drei Sternen Mintaka, Alnilam und Alnitak. Betelgeuse, ein roter Überriese, und Rigel, ein blauer Überriese, gehören zu den hellsten bekannten Sternen und sind im Sternbild Orion die auffälligsten. Das bekannteste astronomische Objekt in Orion ist der Nebel M42, der mit bloßem Auge sichtbar ist und unter dem Namen "Großer Orionnebel" bekannt ist.

Zusätzlich zu ihrer astronomischen Bedeutung hatten diese Sternbilder für die Inka eine tiefe symbolische und wirtschaftliche Relevanz. Die Himmelsbeobachtungen, die auf den Anbau- und Erntezyklen basierten, waren nicht nur praktischer Natur, sondern auch ein entscheidender Bestandteil der religiösen und kulturellen Identität. Die Inka betrachteten die Sterne und das Himmelsbild als eine Art kosmisches System, das ihr tägliches Leben beeinflusste und es ihnen ermöglichte, die Zyklen der Natur und die damit verbundenen Rituale zu koordinieren.

Die Verbindung von Astronomie und Landwirtschaft bei den Inkas: Eine kosmische Ordnung in der Andenregion

Die Inkas verbanden ihre kulturellen und religiösen Praktiken tiefgehend mit den Bewegungen des Himmels, was sich besonders in ihrer Beobachtung der Sterne und Konstellationen widerspiegelte. Zwei besonders bedeutende Konstellationen in der Inka-Astronomie waren die des Lammes und des Fuchses, die beide eine symbolische Verbindung zu den natürlichen Zyklen, vor allem der Landwirtschaft, aufwiesen. So erschien die dunkle Konstellation des Lammes zu der Zeit, als junge Lamas geboren wurden, und war auf der südöstlichen Horizontlinie zu sehen. Dort, wo die zwei hellen Sterne Centauri, auch als llamacñawin (die Augen des Lammes) bezeichnet, hervortraten, begann das Himmelsbild des Lammes im November. Dies symbolisierte die Phase, in der die Tiere geboren wurden. Der gesamte Körper des Lammes war dann im Verlauf des Jahres, insbesondere Ende April, am nördlichen Meridians sichtbar.

Diese Himmelsbeobachtungen wurden in den Inka-Kulturen mit landwirtschaftlichen Ritualen und Opfergaben verbunden. So berichtete Polo de Ondegardo, dass braune Lamas zu Beginn der Pflanzzeit geopfert wurden, während weiße und schwarze Lamas zu Ehren des Regens und der Fruchtbarkeit geopfert wurden. Vielbunte Lamas wiederum fanden ihre Opferung zur Erntezeit zwischen Ende April und Anfang Mai. Diese Rituale zeigten die enge Verbindung der Inkas zu den natürlichen Zyklen und der Landwirtschaft, in der die Sterne als direkte Marker für landwirtschaftliche Entscheidungen dienten.

Ein weiteres bedeutendes Element der Inka-Astronomie war die dunkle Konstellation des Fuchses (Atoq). Diese Konstellation befand sich senkrecht zum Schwanz des Skorpions und durchkreuzte die Ekliptik zwischen den Sternbildern Skorpion und Schütze. Die Sonne durchquerte diese Konstellation zur Zeit der Wintersonnenwende im Dezember, was mit der Geburt der jungen Füchse assoziiert wurde. Diese Himmelsbeobachtungen standen nicht nur in direktem Zusammenhang mit den Tierzyklen, sondern auch mit der Bewegung der Sonne und den solaren Wendepunkten.

In den verschiedensten Kulturen der Welt entstand die Vorstellung eines Zodiaks, das durch die Beobachtung des Himmels und der Bewegungen der Planeten und Sterne geprägt wurde. Im Gegensatz zu der bekannten westlichen Form des Zodiaks, der die zwölf Sternbilder umfasst, erkannten die Inkas einen Himmelsbereich entlang der Milchstraße, der mit der Himmelsbewegung der Sonne und anderer Planeten in Verbindung stand. Diese Region, die sich von Norden nach Süden erstreckte, war besonders bedeutend für die Inkas, da sie sowohl die Bewegungen der Sonne als auch die der Planeten und Sternbilder festhielt.

Die Inkas verehrten besonders den Planeten Venus, der als Morgen- und Abendstern bekannt war. Sie bezeichneten ihn als „Ch’aska“, wobei verschiedene Quellen auch unterschiedliche Namen wie „Chasca Coyllur“ oder „Pachahuarac“ verwendeten. Venus war ein Symbol für wichtige Zeitpunkte im Leben und in der religiösen Praxis der Inkas. Darüber hinaus war der Planet Venus ein wichtiges Element im religiösen Kontext der Anden, da er den Übergang zwischen Tag und Nacht symbolisierte und die Lebenszyklen und -rhythmen auf mystische Weise begleitete.

In der Religion der Inkas nahm die Feier der Pleiaden, bekannt als das „Coyllor Riti“ oder „Schneefest“, einen zentralen Platz ein. Dieses Fest fand jährlich im Tal von Sinakara südlich von Cusco statt und war eine der wichtigsten religiösen Pilgerreisen. Die Feierlichkeiten, die oft mit Prozessionen und Tänzen verbunden waren, symbolisierten das Wiedererscheinen der Pleiaden, die eng mit dem Beginn der Maisernte und dem neuen Jahr verbunden waren. Die Pleiaden, die seit April nicht mehr sichtbar waren, tauchten zu Beginn der Wintersonnenwende, also im Juni, wieder am Himmel auf. Dies war für die Inkas ein Zeichen der Erneuerung und der Fruchtbarkeit.

Während dieser Zeit der Wiedererscheinung der Sterne verehrten die Inkas auch Pariaqaqa, den Gott des Wassers und der Regenfälle, als Zeichen der kommenden Fruchtbarkeit. Die Pilgerreise, die auch mit der vollen Mondnacht zusammenfiel, war ein Höhepunkt der religiösen Feierlichkeiten. Besonders der Anblick des vollen Mondes, „Killa“, gefolgt von dem Sonnenaufgang, war für die Menschen in den Anden von großer Bedeutung.

Ein weiteres zentrales Element in der kosmologischen Vorstellung der Inkas war der Qorikancha, der Goldene Tempel in Cusco. Er war nicht nur ein religiöses Zentrum, sondern auch ein Ort, an dem die Inka-Kosmologie, in Form von Darstellungen von Planeten und Sternen, lebendig wurde. Diese Darstellungen, die sowohl männliche als auch weibliche Aspekte der Anden-Kosmologie widerspiegelten, sind ein deutliches Zeichen dafür, wie stark das Verständnis des Himmels und der Natur in die religiösen und alltäglichen Praktiken der Inkas integriert war.

Neben den bekannten Sternbildern und Planeten gibt es auch einen Hinweis auf die Bedeutung von dunklen Konstellationen, die von interstellarer Materie und Staub gebildet werden. Diese Konstellationen, die oft mit Tieren und mythologischen Figuren assoziiert wurden, bildeten eine kontrastierende Ergänzung zu den helleren Sternbildern, die oft mit biblischen und landwirtschaftlichen Symbolen verknüpft waren.

Die Inka-Astronomie zeigt auf beeindruckende Weise, wie ein ganzes Volk seine Beziehung zur Natur und zum Kosmos durch die Beobachtung des Himmels definierte. Es war nicht nur eine Wissenschaft, sondern auch ein lebendiger Ausdruck religiöser Praktiken und alltäglicher Lebenszyklen. Für die Inkas waren die Sterne nicht nur leuchtende Punkte am Himmel, sondern Wegweiser, die das Leben der Menschen auf der Erde beeinflussten.

Wie die Entdeckungen der präkolumbianischen Kulturen das Verständnis der Andenregion prägten

Die Lambayeque-Region im Norden Perus erlangte weltweite Bekanntheit durch die Entdeckung des Grabes eines hochrangigen Moche-Führers, des „Herrn von Sipán“, zwischen 1987 und 1988 durch Walter Alva und seine Frau Susana Meneses de Alva. Diese Entdeckung ist von außergewöhnlicher Bedeutung, da es sich um eine der wenigen präkolumbianischen Stätten handelt, die nicht von Grabräubern, den sogenannten huaqueros, heimgesucht worden war. Das Grab des „Herrn von Sipán“ barg eine Vielzahl wertvoller Gegenstände und Schmuckstücke aus Gold, Silber, Kupfer und Bronze. Besonders auffällig war die Tatsache, dass der Herr von Sipán zusammen mit zwei Männern, zwei Frauen und einem Hund beigesetzt wurde. Diese Grabanlage eröffnete den Archäologen neue Einblicke in die Bestattungsriten und Opferzeremonien der Herrscher von Sipán, die häufig auf Keramiken und Wandmalereien dargestellt sind. Die Funde aus diesem Gräberkomplex werden heute im Museum Tumbas Reales de Sipán in Lambayeque aufbewahrt.

Die Caral-Zivilisation, auch bekannt als Norte Chico oder Caral-Supe-Zivilisation, ist eine präkeramische Kultur des späten archaischen Zeitalters, die etwa 200 km nordwestlich von Lima in der Küstenregion Perus existierte. Sie florierte zwischen dem 30. und 28. Jahrhundert v. Chr. und zeichnet sich durch monumentale Architektur aus, die erhöhte Plattformen und kreisförmige Plätze umfasst. Bemerkenswerterweise fehlte in dieser Kultur jedoch die Herstellung von Keramiken oder künstlerischen Arbeiten. Die Entdeckungen in der Region Caral wurden Ende der 1990er Jahre von der peruanischen Archäologin Ruth Shady Solis weiter untersucht, die durch ihre Ausgrabungen das öffentliche Interesse an dieser frühen Zivilisation weckte. Bis heute ist jedoch unklar, warum diese Zivilisation um 1900–1800 v. Chr. unterging. Möglicherweise spielten gewaltige Erdbeben oder extreme Klimaphänomene, wie sie durch das El-Niño-Phänomen hervorgerufen werden, eine Rolle.

Ein weiterer bedeutender Entdecker, der sein Leben der Erforschung der Anden widmete, war der amerikanische Archäologe Johan Reinhardt. Er widmete sich intensiv der Untersuchung der Nazcalinien sowie den zeremoniellen Zentren von Peru, darunter auch Machu Picchu und Tiwanaku. Besonders bekannt wurde er 1995 durch die Entdeckung der Mumie eines jungen Mädchens, das auf dem Gipfel des Nevado Ampato (6300 Meter über dem Meeresspiegel) geopfert worden war. Diese „Eismädchen“ genannte Mumie, die heute im Museum von Arequipa ausgestellt ist, wurde zusammen mit weiteren Funden während Reinhardts Expeditionen in den Anden geborgen. Diese Entdeckungen verhalfen dem Archäologen zu einer breiten Anerkennung und trugen maßgeblich zur Erforschung der Andenkulturen bei.

Ein anderer bedeutender peruanischer Archäologe, Frederico Kauffmann Doig, trug durch seine Forschungen zur Chavín- und Chachapoya-Kultur zur Erweiterung unseres Wissens über die präkolumbianischen Zivilisationen bei. Besonders hervorzuheben ist seine Entdeckung der Mumien von Leymebamba, die 1997 in einer Nekropole in den Cliffs von Leymebamba ans Licht kamen. Dort wurden etwa 280 Mumien in Chullpas, den traditionellen Bestattungsstätten, gefunden. Dieser Fund, der auch rund 3000 Objekte wie Textilien, Schmuck und Keramiken umfasst, hat den Archäologen tiefere Einblicke in die kulturellen Praktiken der Chachapoya-Kultur verschafft.

Neben den archäologischen Entdeckungen sind es vor allem die historischen Berichte von Chronisten, die uns einen Einblick in das Leben und die Gesellschaft der Andenbevölkerung vor der Ankunft der Spanier geben. Zahlreiche Berichte, viele aus der Feder von spanischen Konquistadoren oder Priestern, aber auch von einheimischen Intellektuellen, bieten wertvolle Informationen über die Zivilisationen und deren Interaktionen mit den europäischen Kolonisatoren. Diese Texte sind essenziell für das Verständnis der sozialen Strukturen und religiösen Praktiken der Andenvölker.

Ein solcher Chronist war Juan Polo de Ondegardo y Zárate, der zwischen 1546 und 1575 in Peru lebte und 1585 das Werk „Los errores y supersticiones de los Indios“ veröffentlichte. In diesem Text beleuchtet er die Religion und die sozialen Normen der indigenen Gesellschaften und ihre Beziehungen zu den spanischen Kolonialherren. Ebenso wichtig sind die Schriften von Juan Diez de Betanzos, die uns detaillierte Informationen über die Inka und ihre Expansion bis hin zur Bürgerkriegszeit zwischen Waskar und Atawallpa geben. De Betanzos war einer der ersten spanischen Siedler, die Quechua sprachen und intensive Kontakte mit der Inka-Elite pflegten. Seine Berichte sind deshalb von unschätzbarem Wert, da sie eine indigene Perspektive auf die Inka-Geschichte vermitteln.

Die Erkenntnisse aus den Arbeiten dieser Chronisten und Archäologen liefern ein facettenreiches Bild der Andenkulturen und ihrer komplexen Gesellschaften. Die Entdeckungen und Texte zeigen nicht nur die Leistungen dieser Kulturen, sondern auch die dramatischen Umwälzungen, die durch die spanische Eroberung und Kolonisierung ausgelöst wurden. Es wird deutlich, dass die Andenvölker eine lange Geschichte der Entwicklung und Innovation hinter sich hatten, deren Spuren noch immer in den archäologischen Stätten und den Berichten der Chronisten sichtbar sind.

Die Bedeutung dieser Entdeckungen und Schriften für unser Verständnis der präkolumbianischen Geschichte Perus kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Sie bilden die Grundlage für die Auseinandersetzung mit den Ursprüngen der Andenkulturen und der komplexen Geschichte der Andenregion. Zudem bieten sie wertvolle Perspektiven auf die Wechselwirkungen zwischen den indigenen Gesellschaften und den europäischen Kolonisatoren, die die Geschichte Perus und Lateinamerikas nachhaltig prägten.