Terrorismus, als ein komplexes und vielschichtiges Phänomen, ist häufig mit kollektiven Gruppen verbunden, die sich aus Überzeugung und gegenseitiger Unterstützung zusammenschließen, um politische Ziele durchzusetzen. Selbst introvertierte Einzelgänger, sogenannte „Lone Wolves“, werden von der Dynamik eines vermeintlichen historischen Kampfes erfasst, finden in der Gruppe eine neue Form der Anerkennung und Zugehörigkeit. Totalitäre Regime, die auf Ideologien des Nationalsozialismus oder Stalinismus basieren, bedienen sich dieser Kollektivideale und Propaganda, um ihre Anhänger bedingungslos an ihre Ziele zu binden, wie etwa im heutigen Nordkorea zu beobachten ist. Diese kollektivistische Bindung und der Rückgriff auf Geschichte und Ideologie sind entscheidend für das Verständnis der sozialen Dynamiken hinter terroristischen Bewegungen.

Die Definition von Terrorismus ist trotz zahlreicher Versuche nicht immer eindeutig. Er zeichnet sich durch unmenschliche, hinterhältige und propagandistische Gewaltakte aus, die politische Ziele verfolgen. Louise Richardson beschreibt Terrorismus anhand der drei „R“: Rache, Ruhm und Reaktion. Terroristen sehen sich oft als Racheengel, die vermeintliche Ungerechtigkeiten ausgleichen wollen, gleichzeitig streben sie nach Anerkennung und Einfluss. Durch ihre Taten erzeugen sie eine starke Reaktion, insbesondere seitens des Staates, die wiederum ihre Bedeutung unterstreicht. Das Ziel ist eine mediale Präsenz, die eine weitreichende Wirkung entfaltet und Angst in der Gesellschaft verbreitet. Diese Dynamik kon

Wie entstehen Lone-Wolf-Terroristen und welche Rolle spielen Online-Plattformen dabei?

Terrorismus ist heute eng mit digitalen Medien verbunden. Online-Plattformen, Webseiten, Blogs und Chatrooms sind Orte, an denen sich Extremismus entfalten und verbreiten kann. Al-Qaida änderte vor einigen Jahren ihre Strategie, indem sie gezielt junge Menschen in westlichen Ländern für Selbstmordanschläge rekrutierte – eine Reaktion auf ihre militärische Schwächung. Dabei zeigen sowohl islamistisch motivierte als auch rechtsextreme Terroristen auffällige Gemeinsamkeiten: die Anerkennung einer höheren Autorität, wie einem starken Anführer oder einer göttlichen Instanz, die Anwendung von Gewalt gegen ethnische Minderheiten oder Andersgläubige, fundamentale Menschenverachtung und die Behauptung, im Namen eines höheren Zwecks zu handeln.

In jüngster Zeit steigen Angriffe sowohl von rechtsextremen als auch islamistischen Terroristen deutlich an, was globale Datenbanken bestätigen. Diese Eskalation legt nahe, dass eine Gewaltspirale in Gang gesetzt wurde. Ein Terrorist riskiert immer sein Leben, bei islamistischem Terrorismus trägt der Selbstmordakt eine religiöse Signatur, die Erlösung im Jenseits verspricht. Der Selbstmordanschlag wird als spiritueller Akt verstanden, der untrennbar mit dem Mordversuch verbunden ist. Der Attentäter verwandelt sich in eine wandelnde Bombe, für den letzten Einsatz seines Körpers, motiviert durch den Glauben an ein ewiges Leben und mit dem Koran als Anleitung.

Die häufigen Ausrufe „Allahu Akbar“ am Ende solcher Taten sind symptomatisch für diese Verbindung von Terror und Religion. Seit den Anschlägen vom 11. September 2001 gilt als gesichert, dass terroristische Netzwerke eine hohe logistische Kompetenz und internationale Verbindungen besitzen. Dennoch hat sich die Strategie verändert: Islamistische Organisationen wie Al-Qaida und der sogenannte Islamische Staat (IS) rufen zunehmend dazu auf, dass einzelne Personen oder kleine Zellen eigenständig Anschläge verüben. Diese dezentrale Form des Terrors ist eine Reaktion auf militärischen Druck und den Verlust territorialer Kontrolle, wie etwa in Syrien und im Irak.

Die Flüchtlingsbewegungen nach Europa, insbesondere nach Deutschland, boten dem IS eine Gelegenheit, gezielt Terroristen unter der Tarnung von Flüchtlingen einzuschleusen. Deutsche Geheimdienste berichteten sogar von speziellen Schulungen, die Kämpfern halfen, sich im Asylverfahren zurechtzufinden. Trotz territorialer Verluste des IS lebt das Credo weiter, dass der Terror durch Einzelakteure fortgesetzt wird. Solche Anschläge – sei es mit Messern, Lastwagen oder anderen improvisierten Mitteln – sind Teil eines globalen Plans, ein transnationales Kalifat zu errichten und den Westen zu treffen.

Der IS hat sich von einer hierarchisch organisierten Terrorgruppe zu einer Art „Teilnahme-Event“ entwickelt, bei dem radikalisierte Einzelpersonen oder kleine Gruppen sich mit dem IS symbolisch verbinden, ohne direkte Anleitung zu benötigen. Die Loyalität zur Organisation wird mehr durch Rhetorik als durch operative Kontrolle hergestellt. Motivationen der Täter sind dabei zweitrangig; entscheidend ist die Bereitschaft, Gewalt zu verüben. Die Ausbildung erfolgt oft autodidaktisch über das Internet, durch Videos und ideologische Inhalte, was sogar schon jüngste Altersgruppen erreicht.

Es lassen sich im islamistischen Terrorismus grundsätzlich zwei Typen unterscheiden: zum einen die Netzwerke, die koordinierte Anschläge wie in Paris 2015 oder Brüssel 2016 durchführen, und zum anderen die sogenannten Lone Wolves, die alleine handeln und durch Nachahmung weitere Taten inspirieren. Diese Einzelakteure sind auch im rechtsextremen Spektrum häufig und schwer frühzeitig zu erkennen. Die deutsche Sicherheitsbehörden reagierten lange Zeit zu spät auf diese Form des Terrors.

Ein besonders einschneidendes Beispiel ist der Anschlag von Anis Amri in Berlin 2016, bei dem zwölf Menschen starben und über sechzig verletzt wurden. Amri war kein unbekannter Straftäter: Er verfügte über mindestens 14 Identitäten, war in kriminelle Netzwerke verstrickt und hatte trotz mehrerer Delikte kaum Haftstrafen verbüßt. Die Verbindung zum IS wurde durch eine detaillierte Propagandaveröffentlichung im IS-Magazin „Rumiyah“ dokumentiert, die den Terrorismus als legitime Taktik darstellte. Amris Tat folgte einem Muster, das bereits beim Anschlag in Nizza im Sommer 2016 zu beobachten war – auch hier wurde der sogenannte Copycat-Effekt deutlich.

Die Debatte, ob der IS als lose Hülle oder aktives Netzwerk hinter Lone-Wolf-Akteuren steht, ist noch nicht abschließend geklärt. Die Frage der Selbstradikalisierung bleibt ungeklärt, doch sicher ist, dass das Internet als Instrument der Selbstschulung und Ideologisierung eine zentrale Rolle spielt. Selbst ein einfacher Chat oder ein Propagandavideo können als Katalysator dienen, der Menschen zum Terrorismus befähigt.

Es ist wichtig zu verstehen, dass Terrorismus heute kein rein organisatorisches Phänomen mehr ist, sondern zunehmend ein individuelles, oft isoliertes Handeln, das durch virtuelle Netzwerke ermöglicht wird. Die Überwachung und Prävention solcher Akteure stellt die Sicherheitsbehörden vor große Herausforderungen. Zugleich zeigt sich, dass der Nährboden für Gewalt in ideologischer Verblendung, sozialer Isolation und persönlichen Krisen liegt. Die Bekämpfung von Terrorismus erfordert daher nicht nur polizeiliche Maßnahmen, sondern auch gesellschaftliche Strategien zur Integration, Aufklärung und Prävention.

Wie persönliche Frustration und politische Ideologie zur Radikalisierung führen: Das Beispiel John Ausonius

John Ausonius, auch bekannt als „der Lasermann“, ist ein Fall, der exemplarisch zeigt, wie sich ein Individuum durch eine komplexe Mischung aus persönlichen Problemen und politischen Ressentiments radikalisieren kann. Geboren als Wolfgang Alexander John Zaugg aus einem Schweizer Vater und einer deutschen Mutter, wuchs er in einem sozialen Umfeld auf, das von Instabilität geprägt war. Gewalt in der Familie, Mobbing in der Schule aufgrund seines Erscheinungsbildes und ein tiefes Bedürfnis nach Anerkennung formten seine frühe Lebenswelt. Trotz einer gewissen Intelligenz und der Möglichkeit einer besseren Zukunft verließ er die Schule ohne Abschluss, versuchte verschiedene Berufswege und wurde später wegen gewalttätiger Auseinandersetzungen straffällig.

Seine psychischen Erkrankungen – unter anderem eine Borderline-Störung, Wahnvorstellungen und mögliche Schizophrenie – verschärften seine Isolation und Aggression. Während seiner Militärzeit erlernte er den Umgang mit Waffen und wurde als hervorragender Schütze ausgezeichnet, was später tragisch relevant wurde. Ausonius’ Leben durchlief Phasen scheinbaren Erfolgs: Er war als Spekulant aktiv, lebte luxuriös, hatte ein auffälliges Äußeres und änderte sogar seinen Namen. Doch nach einem finanziellen Zusammenbruch geriet er in kriminelle Aktivitäten, darunter Banküberfälle, um seine Spielsucht zu finanzieren.

Sein Hass richtete sich zunehmend gegen Menschen mit Migrationshintergrund. Er sah in ihnen den Sündenbock für seine persönlichen Probleme und den gesellschaftlichen Wandel, den er als Bedrohung empfand. Ausonius selbst erklärte in Interviews, dass er die steigende Zuwanderung als gesellschaftliches Problem wahrnahm und sich mit seinen Gewalttaten als Teil einer „Lösung“ verstand. Seine Motivation war jedoch kein klar definierter politischer Aktivismus, sondern eine Mischung aus persönlicher Frustration, sozialer Ausgrenzung und ideologischer Verblendung.

Die deutsche Justiz bewertete seine Taten ambivalent: Obwohl er eine Jüdin ermordete, wurde ein antisemitisches Motiv ausgeschlossen und stattdessen Habgier als Tatmotiv angenommen. Ausonius war kein Mitglied extremistischer Organisationen, unterstützte jedoch rechtspopulistische Parteien verbal. Sein Fall verdeutlicht die Gefahr, die von sogenannten „Lone Wolves“ ausgeht – Personen, die aus persönlichen Gründen heraus extremistische Gewalt anwenden, ohne organisatorische Bindung, aber dennoch mit einer ideologisch durchsetzten Haltung.

Es ist essenziell, diese Vermischung von individuellen Biografien, psychischen Erkrankungen und gesellschaftlichen Spannungen zu verstehen, wenn man der Radikalisierung entgegenwirken will. Ausonius’ Fall zeigt, dass ideologischer Terrorismus oft nicht nur aus abstrakten politischen Überzeugungen entsteht, sondern aus einem komplexen Geflecht persönlicher Enttäuschungen und sozialer Frustrationen. Dies erfordert eine differenzierte Betrachtung und Prävention, die sowohl psychische Gesundheit als auch gesellschaftliche Integration umfasst.

Von Bedeutung ist auch, dass radikale Einstellungen und Gewaltbereitschaft in einem Milieu entstehen können, das vermeintlich integriert wirkt – Ausonius‘ zeitweiliger Wohlstand und gesellschaftliche Anpassung täuschten über seine innere Zerrissenheit hinweg. Die radikale Gewalt kann sich so als Reaktion auf persönliche Kränkungen und als Ausdruck eines ideologischen Weltbildes manifestieren, das das Individuum selbst konstruiert. Daher ist es wichtig, bei der Analyse extremistischer Gewalt über bloße politische Zuschreibungen hinauszudenken und die individuellen Lebensumstände und psychischen Dynamiken in den Blick zu nehmen.

Wie kann die Online-Plattform Steam zu einem Ort für kriminelle und terroristische Aktivitäten werden?

Die Plattform Steam, bekannt als eine der größten Gaming-Communities weltweit, dient längst nicht mehr nur der Unterhaltung. Die Fallstudie um den Amokläufer von München zeigt auf dramatische Weise, wie virtuelle Welten zu Tatorten realer Gewalt werden können. Der Zeuge, der selbst auf Steam aktiv war – ob als Privatperson oder verdeckter Ermittler, bleibt unklar –, war erschüttert, als einer der Nutzer seine Pläne für einen mörderischen Anschlag tatsächlich umsetzte. Aus Sorge, dass die Polizei in Erfurt diese Information nicht weiterleiten würde, informierte Florian M. auch die Polizei in Ludwigsburg über den mutmaßlichen Täter in ihrer Region. Die Tatsache, dass David F., ein Jugendlicher, der Zugang zu Sonbolys Steam-Account hatte und kurz nach dem Anschlag dort aktiv war, deutet auf eine beunruhigende Vernetzung und Nutzung der Plattform für Planung und Kommunikation von Gewalttaten hin.

Die kriminalistische Aufarbeitung des Falls offenbart Schwächen: Trotz eines Antrags der Nebenklage, das Steam-Forum und einen USB-Stick als Beweismittel in einem Prozess gegen einen Waffenhändler einzuführen, wurde dieser Antrag abgelehnt. Die Münchner Staatsanwaltschaft sah keine Verbindungen zwischen den Fällen und stellte die weiteren Ermittlungen ein. Aus gesellschaftspolitischer Sicht wurde nicht erkannt, warum eine Anklage wegen Beihilfe nicht zu verfolgen sei, da dies dem öffentlichen Frieden gedient hätte. Die Tatsache, dass mutmaßliche Undercover-Ermittler auf Steam aktiv gewesen sein könnten, aber offenbar erfolglos agierten, verdeutlicht die Problematik der Ermittlungen in virtuellen Räumen. Die Behörden scheinen Nutzer solcher Plattformen weiterhin vorrangig als „Internet-Pseudonyme“ zu betrachten, deren Identifikation angeblich schwer möglich ist. Dabei reicht bei unverschleierter IP-Adresse eine einfache Anfrage an den Internetanbieter aus, um den realen Nutzer hinter dem Nickname zu ermitteln.

Trotz dieser technischen Möglichkeiten bleibt ein entscheidendes Problem bestehen: Terroristische Aktivitäten sind aus kommerziellen Interessen der Plattformbetreiber nicht ausgeschlossen. Die immense Nutzerzahl – allein bei Spielen wie Counterstrike – bietet potenziellen Tätern perfekte Deckung. Die Kommunikation per Chat oder Sprachnachrichten ermöglicht den Austausch und die Vernetzung unter dem Radar der Behörden. Gamer könnten jedoch eine wichtige Rolle bei der Aufdeckung solcher Aktivitäten spielen, wenn sie verdächtiges Verhalten melden würden. Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), das seit 2018 in Deutschland gilt, verpflichtet Plattformen wie Facebook dazu, strafbare Inhalte schnell zu löschen, doch Videospiele sind von dieser Regelung ausgenommen, was die Rechtslage für den Gaming-Bereich erschwert.

Diese Ausnahme zeigt, dass die Gaming-Branche offenbar durch Lobbyarbeit erreicht hat, aus dem Fokus gesetzlicher Regulierungen genommen zu werden. Der Fokus auf Plattformen wie Facebook oder Twitter erscheint vor diesem Hintergrund antiquiert, da relevante Gruppen in Messengern wie Whatsapp oder auf Gaming-Plattformen oft unbemerkt agieren können. Die Aufdeckung rechtsextremer Gruppen, etwa in Österreich, zeigt jedoch, dass eine konsequente Überwachung und Strafverfolgung möglich ist, wenn entsprechende Beweise gefunden werden. Das Problem ist vielmehr, dass Videospiele als Tatorte für kriminelle Kommunikation und Terrorismus bislang kaum in der Sicherheitsdebatte wahrgenommen werden. Sie ermöglichen eine nahezu ungeregelte Kommunikation, die von Ermittlern kaum erfasst wird.

Die unzureichende Aufmerksamkeit der bayerischen Sonderstaatsanwaltschaft für Sonbolys virtuelle Aktivitäten ist symptomatisch. Zwar wurden nach dem Anschlag bei Valve Nutzerprofile, Chatverläufe und IP-Adressen angefordert, doch die gewonnenen Erkenntnisse blieben dürftig. Das Versäumnis, die Dynamik und das Risiko dieser digitalen Räume zu erkennen und angemessen zu adressieren, zeigt eine gefährliche Blindheit gegenüber einer sich wandelnden Bedrohungslandschaft.

Es ist wichtig, das Zusammenspiel von technischer Zugänglichkeit, kommerziellen Interessen und mangelnder gesetzlicher Regulierung als zentrale Faktoren zu verstehen, die Plattformen wie Steam für extremistische und terroristische Aktivitäten anfällig machen. Nur wenn Sicherheitsbehörden diese Räume als reale Handlungsorte wahrnehmen und entsprechend ausgestattet werden, kann die Gefahr reduziert werden. Dabei darf nicht vergessen werden, dass Täter sich längst in digitalen Parallelwelten bewegen, in denen traditionelle Ermittlungsansätze oft an Grenzen stoßen. Die Balance zwischen Datenschutz, Nutzerfreiheit und Sicherheit erfordert ein neues, umfassendes Verständnis und angepasste Strategien. Die Einbindung der Nutzer selbst als Akteure der Prävention könnte einen entscheidenden Schritt darstellen, um frühzeitig radikale Tendenzen zu erkennen und zu stoppen.