Die duale antithrombozytäre Therapie (DAPT), die aus einer Kombination von Aspirin und einem P2Y12-Inhibitor besteht, stellt einen zentralen Bestandteil der Behandlung von Patienten mit akutem Koronarsyndrom (ACS) dar. Durch die Hemmung zweier unterschiedlicher Aktivierungswege der Thrombozyten – des COX-1-Wegs mittels Aspirin und des ADP-Wegs durch P2Y12-Inhibitoren – wird das Risiko von ischämischen und thrombotischen Ereignissen verringert. Die aktuelle Praxis und die Leitlinien der europäischen und amerikanischen Gesellschaften empfehlen die Anwendung dieser Therapie für mindestens 12 Monate nach einem akuten koronaren Ereignis. Diese Empfehlung basiert auf der Erkenntnis, dass die Therapie in dieser Zeit die Häufigkeit von rezidivierenden ischämischen Ereignissen signifikant senkt.

Jedoch ist die Dauer der DAPT nicht ohne Herausforderungen. Einerseits wird in vielen Studien ein klarer Nutzen der Langzeitanwendung dieser Therapie festgestellt, andererseits gibt es Patienten, bei denen das Risiko von Blutungen, besonders bei längerer Anwendung, signifikant ansteigt. Hier stellt sich die Frage, wie lange und mit welchem Medikament die Therapie fortgeführt werden sollte.

Eine wichtige Rolle bei der Bestimmung der Dauer der DAPT spielt die Risikoabschätzung, die auf individuellen Patientenmerkmalen basiert. Die präzise Abwägung des Blutungs- und ischämischen Risikos ist entscheidend. Besonders bei Patienten mit hohem Blutungsrisiko, etwa solche mit einem erhöhten Wert im PRECISE-DAPT-Score (>25), kann eine verkürzte Behandlungsdauer gerechtfertigt sein. Für diese Patienten wird gezeigt, dass eine Standardbehandlung über 12 Monate mit einem hohen Risiko für Blutungen verbunden ist, jedoch keine signifikante Reduktion ischämischer Ereignisse mit sich bringt. Auf der anderen Seite kann bei Patienten mit einem niedrigen PRECISE-DAPT-Score (<25) eine längere DAPT-Dauer sinnvoll sein, da der Nutzen in der Reduktion ischämischer Ereignisse ohne signifikante Blutungsgefahr deutlich ist.

Ein weiterer Aspekt ist die Frage nach der Auswahl der P2Y12-Inhibitoren. Die neueren Medikamente wie Ticagrelor und Prasugrel haben gezeigt, dass sie im Vergleich zu Clopidogrel eine stärkere und schnellere Thrombozytenhemmung bewirken. In einigen Studien wurde Ticagrelor, besonders bei Patienten mit Diabetes oder solchen, die eine primäre PCI durchlaufen, als vorteilhaft identifiziert. Dabei zeigte sich eine Reduktion der kardiovaskulären Ereignisse und der Mortalität im Vergleich zu Clopidogrel.

Eine interessante Fragestellung ergibt sich auch aus der Debatte um die „Deeskalation“ der DAPT. Insbesondere in Hochrisikogruppen mit einer Gefahr für Blutungen wird zunehmend untersucht, ob eine Verkürzung der DAPT-Dauer oder der Wechsel auf eine Monotherapie mit einem P2Y12-Inhibitor für eine nachhaltige Reduktion der Risiken ausreichend ist. Hierbei spielt der Zeitpunkt des Therapiewechsels eine wesentliche Rolle. Verschiedene Studien und aktuelle Leitlinien empfehlen eine frühzeitige Anpassung der Therapie, insbesondere bei Patienten mit hohem Blutungsrisiko, um die Balance zwischen der Vermeidung thrombotischer Ereignisse und der Minimierung von Blutungsrisiken zu optimieren.

Neben den genannten Aspekten ist es auch von Bedeutung, die langfristigen Auswirkungen der DAPT auf Patienten zu betrachten. Eine vollständige Abschätzung des Risikos umfasst neben der Blutungshäufigkeit auch die Lebensqualität der Patienten und die Auswirkungen auf die Rückkehr zur normalen Aktivität. Die kontinuierliche Beobachtung der Patienten nach der Behandlung ist unerlässlich, um eventuelle Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen und die Therapie gegebenenfalls anzupassen. In einer Reihe von Langzeitstudien wurde gezeigt, dass eine weiterführende antithrombozytäre Therapie, etwa mit Aspirin allein oder einem weiteren P2Y12-Inhibitor, in manchen Fällen zu besseren langfristigen Ergebnissen führen kann.

Die richtige Wahl der Dauer und Art der DAPT sowie die individuelle Anpassung der Therapie auf den Patienten sind also essentielle Faktoren, die den Erfolg der Behandlung des akuten Koronarsyndroms beeinflussen. Entscheidend für die Entscheidungsfindung sind nicht nur die klinischen Leitlinien, sondern auch die individuelle Risikoabschätzung, die regelmäßige Kontrolle der Therapietreue und die enge Kommunikation mit den behandelnden Ärzten.

Wie lässt sich die Strategie der ungesteuerten De-Eskalation von DAPT mit Ticagrelor oder Prasugrel im Vergleich zu Clopidogrel bewerten?

Die Behandlung von Patienten nach einem akuten Koronarsyndrom (ACS) und einer perkutanen Koronarintervention (PCI) erfordert eine sorgfältige Abwägung von Risiken und Nutzen der antithrombotischen Therapie. Die strategische De-Eskalation, insbesondere die Reduzierung der Dosierung von P2Y12-Inhibitoren, ist ein Thema von zunehmendem Interesse. Der Ansatz der ungesteuerten De-Eskalation, bei dem der Patient von einer potenten Therapie mit Ticagrelor oder Prasugrel auf Clopidogrel wechselt, ist in verschiedenen Studien untersucht worden und bietet sowohl Vorteile als auch Herausforderungen.

Die erste wichtige Überlegung bei der De-Eskalation ist die Rolle der neuen Generation von medikamentenfreisetzenden Stents (DES), die das Risiko von späten Thrombosen verringern, eine der gefürchtetsten Komplikationen nach einer PCI. Aufgrund dieser Entwicklung wird eine De-Eskalation von der intensiven Therapie nach der ersten kritischen Phase nach dem ACS oft als sinnvoll erachtet. In den letzten Jahren zeigen Studien, dass eine ungesteuerte De-Eskalation nach einem Monat der dualen antithrombotischen Therapie (DAPT) nach einem ACS das Risiko von schweren Blutungen senken kann, ohne dass es zu einem signifikanten Anstieg der ischämischen Ereignisse kommt.

In verschiedenen klinischen Studien, wie der TOPIC-, TALOS-AMI- und HOST-REDUCE-Studie, wurde die Sicherheit und Wirksamkeit von ungesteuerter De-Eskalation untersucht. Die TOPIC-Studie zeigte, dass der Wechsel von Prasugrel oder Ticagrelor auf Clopidogrel zu einer signifikanten Reduzierung von Blutungen führte, während die Ischämieereignisse gleich blieben. In der TALOS-AMI-Studie wurde eine ähnliche Reduzierung von NACE (nicht tödlicher Myokardinfarkt, Schlaganfall oder erneute Revaskularisation) beobachtet, was die Vorteile einer ungesteuerten De-Eskalation, insbesondere in Bezug auf das Blutungsrisiko, weiter unterstrich. Auch die HOST-REDUCE-Studie zeigte, dass eine Reduktion der Prasugrel-Dosis von 10 mg auf 5 mg sicher war und das Risiko von Blutungen senkte, ohne das Risiko von Thrombosen zu erhöhen.

Allerdings gibt es in der praktischen Anwendung Herausforderungen bei der Umsetzung der ungesteuerten De-Eskalation. Einerseits fehlen standardisierte Tests, um die Reaktivität der Thrombozyten während der Behandlung genau zu überwachen. Andererseits könnte eine zu frühe De-Eskalation in den ersten 30 Tagen nach einem ACS die Wirksamkeit der Therapie gefährden, da in dieser Zeit das Risiko für thrombotische Ereignisse besonders hoch ist. Studien haben gezeigt, dass eine De-Eskalation innerhalb der ersten 30 Tage das Risiko für einen erneuten Myokardinfarkt erhöhen kann, was darauf hinweist, dass eine vorschnelle Reduzierung der Antithrombotikatherapie nach einer PCI möglicherweise nicht ratsam ist.

Die zugrundeliegende Pharmakodynamik der verschiedenen P2Y12-Inhibitoren spielt ebenfalls eine Rolle bei der Wahl der De-Eskalationsstrategie. Insbesondere der Übergang von Ticagrelor oder Prasugrel zu Clopidogrel kann zu einer dramatischen Erhöhung der Thrombozytenreaktivität führen, was zu einer verminderten antithrombotischen Wirkung führen kann. In Studien wurde beobachtet, dass eine hohe Dosis von Clopidogrel während der Umstellung nötig sein kann, um die verminderten Effekte des früheren Medikaments zu kompensieren. In der Praxis bedeutet dies, dass Patienten, die von Ticagrelor auf Clopidogrel wechseln, möglicherweise eine Lade-Dosis von 600 mg benötigen, um die volle Wirkung des Clopidogrel zu erzielen und das Risiko thrombotischer Ereignisse zu minimieren.

Ein weiterer wichtiger Aspekt, der bei der De-Eskalation berücksichtigt werden muss, ist der individuelle Patientenfaktor. Patienten mit chronischen Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus, chronischer Nierenkrankheit oder hohem BMI reagieren möglicherweise unterschiedlich auf Clopidogrel im Vergleich zu den anderen P2Y12-Inhibitoren. Diese Faktoren können das Risiko von Blutungen oder Thrombosen beeinflussen und sollten in die klinische Entscheidungsfindung einfließen.

Die Frage, ob ungesteuerte De-Eskalation grundsätzlich überlegen ist, bleibt weiterhin offen. In einer Metaanalyse wurde gezeigt, dass ungesteuerte De-Eskalation im Vergleich zur gesteuerten De-Eskalation in Bezug auf das Blutungsrisiko vorteilhaft sein kann, während die kardiovaskulären Ereignisse vergleichbar blieben. Dennoch bleiben viele Fragen zur Langzeitwirksamkeit und den potenziellen Risiken dieses Ansatzes, insbesondere in verschiedenen ethnischen Gruppen, die möglicherweise unterschiedliche pharmakokinetische Profile aufweisen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die ungesteuerte De-Eskalation eine vielversprechende Strategie zur Reduzierung von Blutungskomplikationen darstellen kann, jedoch sorgfältig abgewogen werden muss, insbesondere im Hinblick auf die Zeitspanne nach dem ACS und die individuellen Risikofaktoren des Patienten. Die Entscheidung, die Therapie zu de-eskalieren, sollte unter Berücksichtigung des gesamten klinischen Bildes sowie der pharmakodynamischen Eigenschaften der verwendeten Medikamente getroffen werden.

Wie funktioniert die gesteuerte Deeskalation der dualen Plättchenhemmung und welche Bedeutung hat sie für die klinische Praxis?

Die gesteuerte Deeskalation der dualen Plättchenhemmung (DAPT) zielt darauf ab, eine optimale Balance zwischen Thromboseschutz und Blutungsrisiko zu erreichen, indem die antithrombotische Therapie individuell an die jeweilige Reaktion des Patienten angepasst wird. Diese Strategie wird besonders relevant im Kontext der Behandlung von Patienten nach perkutaner Koronarintervention (PCI), bei denen die Wahl und Dosierung von P2Y12-Inhibitoren, wie Clopidogrel, Ticagrelor oder Prasugrel, entscheidend ist.

Clopidogrel ist der am häufigsten eingesetzte P2Y12-Inhibitor und seine Wirksamkeit wurde in vielen Studien nachgewiesen. Allerdings zeigt sich bei etwa 30 % der Patienten eine unzureichende Hemmung der Thrombozytenaggregation, was auf genetische Polymorphismen, insbesondere in den Cytochrom-P450-Enzymen (CYP2C19), zurückzuführen ist. Diese genetischen Varianten beeinflussen die Umwandlung von Clopidogrel in seinen aktiven Metaboliten, wodurch Patienten mit Loss-of-Function (LoF)-Allelen eine verminderte Wirksamkeit und ein erhöhtes Risiko für thrombotische Ereignisse, wie Stentthrombosen, aufweisen. Im Gegensatz dazu können Gain-of-Function (GoF)-Allele zu einer verstärkten Enzymaktivität führen.

Die Identifikation des metabolischen Phänotyps – von ultrarapid bis poor Metabolizer – ist die Grundlage für eine personalisierte Therapie. Durch Gentests oder durch die Messung der Plättchenreaktivität mittels Point-of-Care-Tests (PFT) lässt sich die Effektivität der antithrombotischen Behandlung individuell steuern. Diese Tests ermöglichen es, Patienten mit hoher Thrombozytenreaktivität zu identifizieren, bei denen ein höheres Risiko für ischämische Komplikationen besteht, sowie solche mit niedriger Reaktivität, die ein erhöhtes Blutungsrisiko haben.

Die gesteuerte Deeskalation verfolgt das Ziel, die Therapie bei Patienten mit niedriger Thrombozytenreaktivität oder ohne LoF-Allele auf weniger potente, aber besser verträgliche Medikamente wie Clopidogrel umzuschalten, während Patienten mit suboptimaler Reaktion potentere Inhibitoren erhalten. Im Gegensatz zur ungesteuerten Deeskalation, die oft erst nach einer Sicherheitsphase von etwa einem Monat nach PCI beginnt, kann die gesteuerte Anpassung unmittelbar oder kurz nach dem Eingriff erfolgen, was potenziell eine bessere Risikosteuerung erlaubt.

Allerdings existieren erhebliche Einschränkungen: Die meisten Studien zur gesteuerten Deeskalation wurden an europäischen oder ostasiatischen Populationen durchgeführt, was die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf andere Ethnien unsicher macht. Insbesondere bei ostasiatischen Patienten, bei denen trotz hoher Prävalenz von LoF-Allelen paradox niedrige ischämische und erhöhte Blutungsraten beobachtet werden („East Asian paradox“), müssen andere therapeutische Fenster und Grenzwerte für die Plättchenhemmung berücksichtigt werden.

Die Durchführung von PFT ist aufgrund logistischer Anforderungen und Kosten bislang in vielen klinischen Situationen eingeschränkt. Zudem erfordern die Tests oft die Behandlung des Patienten mit einem antithrombotischen Medikament, um die Plättchenfunktion unter Therapie zu messen, was bei instabilen Patienten, beispielsweise mit akutem Koronarsyndrom (ACS), schwierig sein kann, da eine häufige Anpassung der Therapie erforderlich ist.

Genetische Tests haben durch Fortschritte in der Diagnostik an Bedeutung gewonnen und sind inzwischen schneller und zugänglicher, was ihre Integration in die klinische Praxis erleichtert. Sie ermöglichen eine Therapieplanung unabhängig vom aktuellen Medikamentenstatus, können aber allein aufgrund der multifaktoriellen Natur der Clopidogrel-Response nicht alle Variationen erklären. Die Kombination von genetischen Informationen mit klinischen Parametern, etwa durch Scores wie ABCD-GENE, verbessert die Vorhersagekraft.

Klinische Studien, wie die TROPICAL-ACS-Studie, zeigen, dass eine PFT-gestützte Deeskalation die Sicherheit und Effektivität gegenüber einer Standardtherapie mit potenteren P2Y12-Inhibitoren nicht verschlechtert. Dennoch sind die Daten durch begrenzte Stichprobengrößen und die Auswahl der Patientengruppen eingeschränkt, weshalb eine allgemeine Empfehlung zur gesteuerten Deeskalation in den aktuellen Leitlinien noch aussteht.

Neue point-of-care Tests wie VerifyNow, Multiplate oder PL-12 ermöglichen die schnelle Beurteilung der Plättchenfunktion am Krankenbett, sind jedoch in der Praxis durch Kosten und Verfügbarkeit limitiert. Darüber hinaus stellen häufige Wechsel der Medikation vor und nach Testungen eine Herausforderung dar, insbesondere in der Frühphase nach ACS, wenn die Ischämierisiken besonders hoch sind.

Wichtig ist, dass die gesteuerte Deeskalation nicht nur die therapeutische Effektivität optimiert, sondern auch die Therapietreue verbessern kann, da geringere Nebenwirkungen wie Epigastralgien oder Dyspnoe die Abbruchrate von Antithrombotika reduzieren. Dies trägt letztlich zur Senkung von ischämischen Ereignissen bei.

Neben den bereits erwähnten Limitationen ist es von großer Bedeutung, dass klinische Entscheidungen im Kontext der individuellen Patientensituation getroffen werden. Faktoren wie Begleiterkrankungen, Begleitmedikation, sowie das individuelle Risiko für Blutungen und Thrombosen müssen stets berücksichtigt werden. Zudem bleibt die Forschung hinsichtlich der Optimierung der Testverfahren, der Anpassung der Therapie bei unterschiedlichen ethnischen Gruppen und der Langzeitfolgen der gesteuerten Deeskalation weiterhin essenziell.

Endtext

Welche Vorteile und Herausforderungen bieten drug-coated Ballons (DCB) bei Patienten mit hohem Blutungsrisiko (HBR) im Vergleich zu herkömmlicher dualer Plättchenhemmung?

In der Behandlung von Patienten mit koronarer Herzkrankheit und hohem Blutungsrisiko (HBR) gewinnt die Anwendung von drug-coated Ballons (DCB) zunehmend an Bedeutung, insbesondere als Alternative zur konventionellen dualen Plättchenhemmung (DAPT) nach perkutaner Koronarintervention (PCI). Die aktuelle Evidenz zeigt, dass eine kürzere Dauer der DAPT mit niedrigeren Raten von akutem Gefäßverschluss und Major Adverse Cardiac Events (MACE) einhergeht. Zugleich wird ein potenzieller Rückgang von Blutungsereignissen signalisiert, was besonders für die fragile Patientengruppe mit HBR relevant ist.

Klinische Studien wie die DEBUT-Studie haben an HBR-Patienten mit großlumigen de-novo-Läsionen den Einsatz einer DCB-only-Strategie untersucht. Dabei wurden minimale unerwünschte kardiale Ereignisse registriert und MACE-Raten im Vergleich zu Bare-Metal-Stents (BMS) reduziert. Diese Ergebnisse sind vielversprechend, dennoch bleiben verschiedene Aspekte der Anwendung von DCB bei HBR-Patienten weiter zu erforschen, insbesondere die optimale Dauer der nachfolgenden Plättchenhemmung. Groß angelegte randomisierte Studien sind notwendig, um den langfristigen Nutzen und die Sicherheit der DCB im Vergleich zu drug-eluting Stents (DES) abschließend zu bewerten und ihre Rolle als bevorzugte Therapie für HBR-Patienten zu etablieren.

Die Wirkmechanismen der drug-coated Ballons basieren auf der lokal begrenzten Abgabe antiproliferativer Substanzen, meist Paclitaxel oder Sirolimus, die die Neointimalproliferation hemmen und somit das Risiko einer Restenose vermindern. Verschiedene technische Ausführungen der Beschichtung beeinflussen die Wirkstoffaufnahme und -retention im Gefäßgewebe, was direkten Einfluss auf die Heilung und Wiederherstellungsprozesse der Gefäßwand hat. Diese Prozesse unterscheiden sich signifikant von denen, die bei der Implantation von Stents beobachtet werden, was eine differenzierte Betrachtung bei der Therapiewahl erfordert.

Metaanalysen und systematische Übersichten zeigen, dass DCBs nicht nur bei Restenosen, sondern zunehmend auch in der Behandlung von de-novo-Läsionen eine wirksame und sichere Option darstellen können. Die Vermeidung eines implantierten Stentgerüsts ist insbesondere bei Patienten mit erhöhtem Blutungsrisiko von Vorteil, da dadurch die Notwendigkeit einer verlängerten dualen Plättchenhemmung reduziert wird. Dies führt zu einer verbesserten Balance zwischen Thrombose- und Blutungsrisiko.

Dennoch bleibt die klinische Anwendung der DCBs in diesem Kontext mit Unsicherheiten behaftet. So fehlen bisher umfassende Daten zur Langzeitsicherheit, insbesondere bezüglich lateiner Gefäßkomplikationen. Zudem ist die optimale Patientenselektion entscheidend, da nicht alle Koronarläsionen oder klinischen Situationen für eine DCB-Only-Strategie geeignet sind. Die Heterogenität der HBR-Patienten erfordert eine individualisierte Therapieplanung unter Berücksichtigung von Komorbiditäten und anatomischen Besonderheiten.

Zusätzlich sollten Leser verstehen, dass die Integration der DCB-Technologie in den klinischen Alltag nicht isoliert erfolgen kann, sondern eingebettet sein muss in ein multidisziplinäres Behandlungskonzept. Die Zusammenarbeit von Interventionsteams, Kardiologen und Hämatologen ist essenziell, um das Blutungs- und Ischämierisiko ausgewogen zu managen. Die Behandlungsstrategie umfasst somit nicht nur die technische Durchführung der Intervention, sondern auch die sorgfältige Auswahl und Anpassung der medikamentösen Therapie, insbesondere der antithrombotischen Behandlung.

Das Verständnis der pharmakologischen und mechanischen Eigenschaften der DCB, die klinischen Studienlage sowie die aktuellen Leitlinienempfehlungen ist grundlegend, um die Vorteile dieser Therapieform für Hochrisikopatienten zu nutzen und gleichzeitig deren Risiken zu minimieren. Die kontinuierliche Forschung und Weiterentwicklung auf diesem Gebiet wird in Zukunft die individuelle Behandlung von Patienten mit HBR verbessern und die Rolle der DCB in der interventionellen Kardiologie stärken.

Wie funktioniert die hybride koronare Revaskularisation und für wen ist sie geeignet?

Die hybride koronare Revaskularisation (HCR) stellt eine moderne Behandlungsmethode für Patienten mit komplexer Koronarerkrankung dar, bei der die Vorteile der koronaren Bypass-Operation (CABG) und der perkutanen Koronarintervention (PCI) kombiniert werden. Ziel ist es, eine vollständige Revaskularisation zu erreichen, wobei insbesondere die langlebige Bypassgraft der linken inneren Brustarterie (LIMA) zum linken vorderen absteigenden Ast (LAD) mit der minimal-invasiven PCI an anderen Koronararterien kombiniert wird. Dieses Verfahren optimiert die Balance zwischen chirurgischer Dauerhaftigkeit und minimalem Trauma.

Die Grundlage dieser Methode liegt in der engen Zusammenarbeit zwischen interventionellen Kardiologen und Herzchirurgen, die ihre jeweiligen Fachkompetenzen einbringen, um ein optimales Ergebnis zu erzielen. Besonders der Einsatz der LIMA zum LAD gilt als Goldstandard, da diese Graft überlegene Langzeitresultate zeigt. Die PCI ergänzt dies, indem sie weniger invasiv andere Stenosen behandelt, die chirurgisch schwer zugänglich oder mit höherem Risiko verbunden sind.

Die Auswahl geeigneter Patienten ist entscheidend und erfordert eine interdisziplinäre Diskussion. Ideal sind Patienten mit multivaskulärer Erkrankung, bei denen ein LIMA-LAD-Bypass möglich ist und mindestens ein weiterer Gefäßabschnitt für die PCI infrage kommt. Dabei wird besonders auf die Anwendbarkeit der PCI bei nicht-LAD-Gefäßen und die anatomische Eignung des LAD für eine minimal-invasive Bypass-Operation geachtet.

HCR bietet sich vor allem für Patienten an, die aufgrund von Begleiterkrankungen oder hohem operativem Risiko für eine Standard-CABG nicht gut geeignet sind. Dazu zählen ältere oder fragile Patienten, solche mit kalkulierter Aorta, eingeschränkten chirurgischen Zugangswegen oder vorherigen Operationen. Auch Patienten mit kardiovaskulären Risikofaktoren wie Diabetes oder Adipositas profitieren, da sie durch die Vermeidung einer vollständigen Sternotomie eine geringere Komplikationsrate und schnellere Erholung erwarten können.

Neben den medizinischen Kriterien spielt auch die Patientenpräferenz eine wichtige Rolle. Einige Patienten lehnen eine sternotome Öffnung aus ästhetischen oder persönlichen Gründen ab und bevorzugen daher die minimal-invasive LIMA-Bypass-Technik kombiniert mit PCI.

Trotz der Vorteile birgt jede Methode auch spezifische Risiken. Bei der PCI können Langzeitergebnisse durch höhere Wiederherstellungsraten, die Notwendigkeit einer dualen Plättchenhemmung und limitierte Wiederholungsmöglichkeiten beeinträchtigt sein. Bei CABG hingegen sind die Risiken der Vollnarkose, invasiver Eingriffsschäden und längerer Erholungsphasen zu berücksichtigen. Die HCR versucht, diese Risiken durch ihre Kombination zu minimieren.

Nicht alle Patienten eignen sich für HCR. Kontraindikationen ergeben sich aus klinischen und technischen Faktoren, etwa ungünstiger Gefäßanatomie, vorangegangenen Thoraxoperationen oder erheblichen pulmonalen Einschränkungen, die eine Ein-Lungen-Ventilation unmöglich machen. Auch Patienten mit schwerer Rechtsherzinsuffizienz oder ausgeprägten Narben im Bereich der LIMA-Graft können ausgeschlossen sein.

Wichtig ist, dass der Patient über die Vorteile und Risiken der hybriden Revaskularisation umfassend informiert wird. Die Therapie sollte individuell auf die anatomischen Gegebenheiten, Begleiterkrankungen und Lebensumstände abgestimmt sein, wobei eine patientenzentrierte Entscheidungsfindung im Zentrum steht.

Neben der mechanischen und klinischen Eignung sollten auch psychosoziale Faktoren berücksichtigt werden, da die Akzeptanz der dualen medikamentösen Therapie nach PCI und die Bereitschaft zu regelmäßigen Nachkontrollen die Langzeitergebnisse wesentlich beeinflussen.

Die hybride koronare Revaskularisation repräsentiert somit eine zukunftsweisende Strategie, die eine Brücke zwischen minimal-invasiver interventioneller und bewährter chirurgischer Behandlung schlägt. Für den Erfolg ist nicht nur die technische Perfektion, sondern vor allem ein individuell abgestimmtes, interdisziplinäres Vorgehen entscheidend.