Die Verehrung von Devi, der Göttin, nimmt in der religiösen Landschaft Südasien eine bedeutende Stellung ein und spiegelt die vielschichtigen Aspekte des Glaubens wider. In den verschiedenen Texten der indischen Puranas wird sie sowohl in ihrer sanften, erotischen Form als auch in ihrer erschreckenden, zerstörerischen Manifestation beschrieben. Besonders das Kalika Purana beleuchtet die unterschiedlichen Aspekte ihrer Anbetung und führt dabei zwei Methoden der Verehrung ein: das Dakshina-Bhava, die "rechte" Methode, und das Vama-Bhava, die "linke" Methode. Letztere umfasst Rituale, die mit Tantra in Verbindung stehen und oft Alkohol, Fleisch und sexuelle Riten beinhalten. Im Gegensatz dazu ist die rechte Methode eine formelle, ritualisierte Praxis, die von den traditionellen Brahmanen durchgeführt wird.
Die geografische Ausdehnung des Glaubens an Devi zeigt sich nicht nur in den heiligen Stätten, die mit ihrer Verehrung verbunden sind, sondern auch in der zunehmenden Zahl der sogenannten "Pithas" – heilige Orte, an denen die Leichenteile von Sati, der ersten Frau von Shiva, niedergefallen sein sollen. Während das Kalika Purana sieben Pithas nennt, erweitert das Kularnava Tantra die Zahl auf 18, und das Kubjika Tantra nennt gar 42 solcher heiligen Stätten. Diese Verbreitung verdeutlicht die wachsende Bedeutung der Göttin und die zunehmende Etablierung von Pilgerreisen zu diesen heiligen Orten, die eine bedeutende Rolle in der frühen mittelalterlichen Periode spielen.
Der Bhakti-Glaube, der in Südasien vor allem durch die Alvars und Nayanmars geprägt wurde, erlebte besonders im südindischen Tamil-Nord eine erneute Blüte. Bhakti, ein Begriff, der vom Wort „bhaj“ abgeleitet ist und „teilen“ oder „teilhaben“ bedeutet, beschreibt die enge, persönliche Beziehung zwischen dem Gläubigen und der Gottheit. Besonders die Alvars und Nayanmars, die als bedeutende religiöse Dichter und Heilige bekannt sind, gaben dieser Bewegung ihre tiefere Bedeutung. Die Alvars betonten die Liebe zu Vishnu, die Nayanmars die Verehrung von Shiva, wobei das Konzept der „Liebe“ oder „Anbu“ im Tamilischen eine zentrale Rolle spielte. Dieser Ausdruck für die Verehrung geht über den bloßen Ritualismus hinaus und strebt nach einer persönlichen, liebevollen Verbindung zum Gott.
In ihren Hymnen, die auch heute noch in Tempeln gesungen werden, schildern die Nayanmars eine intensive, ekstatische Form der Hingabe. Sie verehren ihren Gott nicht nur als höchsten Herrscher, sondern auch als Freund, Lehrer, Vater und sogar als Geliebten. In vielen Gedichten nehmen männliche Dichter sogar eine weibliche Stimme an, um ihre Sehnsucht nach der Vereinigung mit der Gottheit auszudrücken. Diese Darstellung der Gottheit in mehrfachen Rollen und das Aufgreifen des weiblichen, hingebungsvollen Elements sind typisch für die Bhakti-Literatur und verdeutlichen die spirituelle Sehnsucht nach einer ungeteilten Liebe zu Gott.
Interessanterweise ist die Identität der Nayanmars oft von Mythen umgeben, und es fällt schwer, zwischen den historischen Fakten und den überlieferten Legenden zu unterscheiden. Es gibt jedoch eine klare Linie, die die Gemeinschaft dieser Heiligen bis ins 8. Jahrhundert zurückführt, als die ersten systematischen Sammlungen ihrer Gedichte und Gesänge vorgenommen wurden. Die späteren Kompilationen, wie das Periyapuranam im 12. Jahrhundert, vereinen nicht nur die Werke der Heiligen, sondern geben auch Einblicke in ihre biographischen Erlebnisse. In diesen Erzählungen sind die Nayanmars nicht als Einsiedler oder Asketen dargestellt, sondern als engagierte Mitglieder der Gesellschaft, viele von ihnen waren verheiratet. Sie bezeichneten sich selbst als Diener Shivas und betrachteten ihre Verehrung als Ausdruck einer tiefen Hingabe und als Dienst an der Gottheit.
Im Rahmen dieser Bewegung wurde auch die ekstatische Hingabe als ein zentrales Element erkannt. Die Gedichte von Manikkavachakar und anderen Nayanmars sind voller Bilder, die die völlige Auflösung des Selbst im göttlichen Wesentlichen darstellen. Es wird oft von einer Art „Schmelzen“ des Körpers und der Seele gesprochen, wenn die Verehrer ihre Hingabe in ekstatischen Tänzen und Gebeten zum Ausdruck brachten. Diese Form der Anbetung betont nicht nur den Körper und die Emotionen, sondern auch die innige, unmittelbare Erfahrung des Göttlichen, die über ritualisierte Handlungen hinausgeht.
Die religiösen Praktiken, die in dieser Zeit hervorgehoben wurden, lassen sich sowohl in der Verehrung von Devi als auch in der Bhakti-Bewegung finden. Es wird deutlich, dass die Bindung zwischen Gott und Mensch nicht nur durch Rituale und Opfer gekennzeichnet ist, sondern vor allem durch die persönliche, innige Beziehung des Gläubigen zur Gottheit. Dabei ist es weniger die äußere Form der Anbetung, die von Bedeutung ist, sondern die tief empfunde Hingabe, die das Herz des Gläubigen in Ekstase versetzen kann. Es ist daher wichtig, den spirituellen Kontext der bhakti-Dichtung nicht nur als poetische Form zu sehen, sondern als Ausdruck einer tiefen, direkten Verbindung zwischen dem Menschen und dem Göttlichen.
Für den Leser ist es entscheidend, zu verstehen, dass Bhakti nicht einfach als religiöse Praxis zu verstehen ist, sondern als eine Form der intensiven spirituellen Erfahrung, die alle Aspekte des menschlichen Lebens umfasst. In der bhakti-Verehrung steht die individuelle Beziehung zum Gott im Vordergrund – eine Beziehung, die nicht durch das äußere Ritual, sondern durch innere Hingabe und Liebe gestärkt wird. In dieser Sichtweise sind alle sozialen und körperlichen Unterschiede aufgehoben, und die reine Hingabe an das Göttliche wird als der wahre Weg zur Erlösung angesehen.
Wie beeinflusste die arabische Expansion die Kultur und Wissenschaft Indiens?
Die arabische Expansion, die im 7. Jahrhundert ihren Anfang nahm, hatte tiefgreifende Auswirkungen auf die kulturelle, religiöse und wissenschaftliche Landschaft des indischen Subkontinents. Der Einfluss der Araber, der insbesondere durch die Invasion von Sindh im Jahr 682 und die darauffolgenden Handelsbeziehungen verstärkt wurde, brachte nicht nur neue militärische und politische Strukturen, sondern auch bedeutende kulturelle und wissenschaftliche Impulse. Indische Gelehrte, Wissenschaftler und Philosophen, die lange Zeit isoliert von den Entwicklungen des westlichen und nahöstlichen Raums operierten, begannen nun, sich mit der arabischen Welt auszutauschen.
Der arabische Einfluss auf die Wissenschaft ist besonders in den Bereichen Mathematik, Astronomie und Medizin bemerkbar. Die Araber übernahmen und bewahrten nicht nur das Wissen antiker griechischer und persischer Gelehrter, sondern trugen auch ihr eigenes umfangreiches Wissen in diesen Disziplinen bei. Der arabische Mathematiker al-Khwarizmi, der im 9. Jahrhundert tätig war, legte mit seinen Arbeiten den Grundstein für die Entwicklung der Algebra. Diese Ideen, die in Europa als "algebra" bekannt wurden, fanden ihren Weg nach Indien und beeinflussten die indische Mathematik nachhaltig.
Besonders bemerkenswert ist die Übersetzung arabischer Texte ins Sanskrit und andere indische Sprachen, die das Wissen des Nahen Ostens den indischen Gelehrten zugänglich machte. Diese Übersetzungen behandelten nicht nur wissenschaftliche Themen, sondern auch philosophische und religiöse Fragen, die zu einem interkulturellen Dialog zwischen den Kulturen führten. Die indische Wissenschaftlerwelt stand dadurch nicht nur mit der arabischen, sondern auch mit der westlichen Wissenschaft in Kontakt, was zu einer beschleunigten Entwicklung von Disziplinen wie der Astronomie und der Mathematik beitrug.
Ein weiteres wichtiges kulturelles Ergebnis der arabischen Expansion war die Integration arabischer Schrift und Terminologie in indische Sprachen. Das arabische Alphabet fand seinen Weg in die Verwaltung und in die religiösen Texte, und arabische Lehnwörter bereicherten das Sanskrit und andere indische Sprachen. Dies trug zur Bildung einer hybriden kulturellen Identität bei, die sowohl indische als auch arabische Elemente in sich vereinte.
Darüber hinaus führte die arabische Expansion zu einer verstärkten Verbreitung des Islams in Indien. Die muslimischen Herrschaften, die sich im Mittelalter auf dem Subkontinent etablierten, brachten ihre eigenen religiösen und kulturellen Praktiken mit, die die religiöse Landschaft Indiens veränderten. Obwohl der Hinduismus und der Buddhismus in Indien weiterhin dominierende Religionen blieben, beeinflusste der Islam sowohl die Architektur als auch die soziale Struktur des Landes erheblich.
Die Entwicklung der arabischen Wissenschaft und Philosophie, die in engem Zusammenhang mit der islamischen Welt stand, war nicht nur auf den Austausch von Wissen beschränkt, sondern auch auf den interreligiösen und interkulturellen Dialog. Diese Begegnungen führten zu einer Reihe von Synkretismen, die sich in verschiedenen Bereichen von Kunst und Wissenschaft widerspiegelten. Zum Beispiel in der Astronomie, wo die indischen und arabischen Gelehrten die Position von Sternen und Planeten weiterhin miteinander verglichen, um präzisere Berechnungen durchzuführen.
Der Austausch von Wissen zwischen der arabischen Welt und Indien ermöglichte es indischen Gelehrten, auf den Fortschritten der arabischen Wissenschaft aufzubauen und diese in ihren eigenen Kontext zu integrieren. In der Mathematik etwa wendeten indische Mathematiker arabische Konzepte an, um komplexe Berechnungen zu erleichtern, was zu einer Weiterentwicklung der indischen Numeralsysteme führte. Die „Hindu-Arabischen Zahlen“, die heute weltweit verwendet werden, sind ein direktes Produkt dieses wissenschaftlichen Austauschs.
Ein weiteres Beispiel für die Bedeutung dieses Austauschs ist die Verbreitung von medizinischen Kenntnissen. Arabische Ärzte wie Ibn Sina (Avicenna) und Al-Razi beeinflussten nicht nur die westliche Medizin, sondern auch die indische Heilkunst. Texte aus der arabischen Welt, wie die „Kanon der Medizin“ von Ibn Sina, wurden ins Sanskrit übersetzt und fanden ihren Platz in den indischen medizinischen Systemen, die das Wissen weiterentwickelten und verfeinerten.
Der arabische Einfluss in Indien beschränkte sich jedoch nicht nur auf die Wissenschaft und die Religion. Auch die Kunst und Architektur erlebten durch die arabische Kultur eine tiefgreifende Veränderung. Die Ankunft der arabischen Herrschaft führte zur Entstehung von neuen architektonischen Stilen, die Elemente aus persischer und arabischer Architektur mit traditionellen indischen Techniken kombinierten. Dies lässt sich besonders in der islamischen Architektur erkennen, mit ihren charakteristischen Bögen, Minaretten und Moscheen, die sich sowohl in nord- als auch in südindischen Regionen wiederfinden.
Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass der Austausch zwischen der arabischen und der indischen Welt nicht immer konfliktfrei war. Die politische und religiöse Konkurrenz zwischen Hinduismus, Buddhismus und Islam führte zu Spannungen, die in den Jahrhunderten nach der ersten arabischen Expansion immer wieder zu Konflikten führten. Dennoch blieb der interkulturelle Austausch von Wissen und Ideen ein konstantes Element der Geschichte, das die Grundlage für viele wissenschaftliche und kulturelle Fortschritte bildete.

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