Die Rolle von Social Media und digitalen Manipulationen in politischen Wahlkämpfen ist in den letzten Jahren zunehmend in den Fokus geraten. Insbesondere die Präsidentschaftswahl 2016 in den USA hat den öffentlichen Diskurs über die Auswirkungen von sogenannten „Trollen“, „Bots“ und „Fehlinformationen“ auf demokratische Prozesse intensiviert. Ein zentraler Bestandteil dieser Debatte ist die Frage, wie weit die russische Einflussnahme auf die Wahl zuging und ob diese Aktivitäten maßgeblich zum Sieg von Donald Trump beigetragen haben.
Die zugrundeliegende Theorie vieler Studien, wie etwa der von Kathleen Hall Jamieson von der University of Pennsylvania, besagt, dass die russischen Aktivitäten einen entscheidenden Einfluss auf die Wahl hatten. Jamieson stützte sich dabei auf die Annahme, dass über 126 Millionen Facebook-Nutzer mit russischen Werbeanzeigen konfrontiert wurden, die darauf abzielten, Wähler zu beeinflussen. Besonders hervorzuheben war die gezielte Ansprache von Afroamerikanern, die traditionell die Demokraten unterstützen. Durch negative Kampagnen gegen Hillary Clinton und die Förderung von Trump-sympathisierenden Wählern, wie etwa Veteranen und Kirchenbesuchern, schien es, als ob die russische Kampagne effektiv das Wählerverhalten beeinflusste.
Ein weiteres Argument von Jamieson war, dass die Wikileaks-Veröffentlichung von E-Mails aus dem Clinton-Lager, die mutmaßlich durch russische Hacker erlangt wurden, das Bild von Clinton in den Augen der Wähler verzerrte. Diese E-Mails trugen dazu bei, den Eindruck zu erwecken, dass Clinton nicht transparent und unzuverlässig war, was während der Präsidentschaftsdebatten zu einem Rückgang ihrer Unterstützung führte.
Jedoch wird diese Sichtweise von anderen Quellen infrage gestellt. Eine Studie des Harvard Kennedy School, die die Medienberichterstattung über die Wahl untersuchte, kam zu dem Schluss, dass die Presseberichterstattung über Clintons privaten E-Mail-Server viel mehr Einfluss auf die Wähler hatte als die Berichterstattung über die von Russland gestohlenen E-Mails des DNC oder von John Podesta. In den Monaten vor der Wahl war die Berichterstattung über den privaten Server bereits in vollem Gange und zog weitaus mehr Aufmerksamkeit auf sich als die russischen Manipulationen. Die Harvard-Studie stellte zudem fest, dass es vor allem die rechte Medienlandschaft war, die durch die ständige Wiederholung und Verzerrung von Informationen die öffentliche Wahrnehmung maßgeblich beeinflusste. Fox News und andere rechte Medien machten „die schwere Arbeit“ und verbreiteten Fehlinformationen, die die russische Desinformationskampagne nur unterstützten.
Ein weiteres, von der Harvard-Studie unterstrichenes Argument war die Erkenntnis, dass 40 % der Trump-Anhänger ihre Nachrichten hauptsächlich über Fox News bezogen und weniger über soziale Medien. Dagegen hatte nur eine geringe Zahl von Trump-Wählern (7 %) Facebook und andere soziale Medien als ihre primäre Informationsquelle angegeben. Diese Feststellung stellt die Bedeutung von sozialen Medien in Frage und legt nahe, dass der tatsächliche Einfluss von russischen „Bots“ und „Trollen“ im Vergleich zu den Strategien der US-Rechten gering war.
Trotz dieser Argumente bleibt die Frage, ob und in welchem Ausmaß Russland tatsächlich Einfluss auf das Wahlergebnis hatte, weiterhin umstritten. Während Studien wie die von Sides et al. (2018) und Brendon Nyhan (2018) das Gewicht der russischen Einflussnahme herunterspielen, führen sie auch alternative Erklärungen an, die mehr auf die interne politische Spaltung und die gezielte Ansprache von Wählergruppen durch Trump selbst abzielen.
Es ist zudem wichtig zu verstehen, dass die sozialen Medien und die digitale Kommunikation zwar als Werkzeuge zur Verbreitung von Fehlinformationen genutzt wurden, der wahre Kern der Manipulation jedoch nicht ausschließlich in der Schaffung von „Fake News“ oder der Streuung von Hassbotschaften liegt. Vielmehr muss die Rolle der Medienlandschaft insgesamt berücksichtigt werden. Das Fehlen einer wirklich unabhängigen und vielseitigen Medienberichterstattung in den USA hat einen Nährboden für die Spaltung der Gesellschaft und die Verbreitung von Fake News geschaffen, der von verschiedenen Akteuren ausgenutzt wurde.
Zudem bleibt der Einfluss von „Bots“ und „Trollen“ auf die demokratische Meinungsbildung eine schwierige Größe. Während die Zahl der von Russland betriebenen Social-Media-Konten möglicherweise minimal erscheint, ist die Art und Weise, wie diese Inhalte durch populistische und extreme Mediennetzwerke verstärkt und verbreitet wurden, nicht zu unterschätzen. Der Einfluss, den diese Netzwerke auf die Wahrnehmung der Wähler hatten, ist tiefgründiger als es auf den ersten Blick erscheint.
Die Debatte über die russische Einmischung in die Wahlen von 2016 zeigt, dass die modernen politischen Kampagnen zunehmend auf digitale Manipulation und psychologische Kriegsführung setzen. In einer Zeit, in der die Informationsverbreitung schneller und weniger kontrollierbar ist, wird die Frage, wie demokratische Prozesse durch digitale Medien beeinflusst werden können, noch lange nicht abschließend beantwortet sein.
Wie sicher sind die Wahlen in den USA? Herausforderungen für die Demokratie
Die Integrität des demokratischen Prozesses in den USA steht vor zahlreichen Herausforderungen, die nichts mit externen Akteuren wie Russland zu tun haben. Eines der größten Probleme stellt die Anfälligkeit der Wahlsysteme für Cyberangriffe dar, was wiederholt nachgewiesen wurde. Diese Bedenken haben über Jahre hinweg viele alarmierte Artikel und Leitartikel inspiriert, selbst in renommierten Zeitungen wie der New York Times. So berichtete CBS News noch im November 2018, dass Zehntausende von Wahlmaschinen in den USA anfällig für Hacks sind. Sicherheitsexperten hatten immer wieder ihre Schwächen aufgezeigt, doch der politische Wille, diese zu beheben, blieb größtenteils aus. Bereits 2017 gelang es einem Technologieprofessor der Universität Kopenhagen, eine Wahlmaschine innerhalb von nur 90 Minuten zu knacken. 2018 konnten Hacker eine ähnliche Maschine in nur 15 Minuten übernehmen und damit potenziell Wahldaten manipulieren.
Ein weiteres Problem sind die unverschlüsselten Datenübertragungen zwischen den Wahlmaschinen und den zentralen Zählstationen. Ein Interview-Experte von Scientific American stellte 2018 fest, dass nur etwa 79% der Wählerstimmen landesweit auf Papier aufgezeichnet wurden. Ohne eine solche Papieraufzeichnung wäre es unmöglich, eine gründliche Nachprüfung der Wahlergebnisse vorzunehmen. Das Vertrauen in die Wahlintegrität wurde zusätzlich erschüttert, als das Unternehmen E&S, der führende Hersteller von Wahlmaschinen in den USA, zugab, zwischen 2000 und 2006 Fernzugriffssoftware auf seinen Wahlmanagementsystemen installiert zu haben. Diese Software konnte es Angreifern ermöglichen, die Systeme zu übernehmen, ohne sich mit einem Passwort zu authentifizieren.
Selbst im Vorfeld der Zwischenwahlen 2018 war ein großer Teil der Wahlmaschinen in den USA noch immer alt und anfällig für Hacking. Laut einer Umfrage unter digitalen Sicherheitsexperten waren 95% der Befragten der Meinung, dass die Wahlssysteme der Bundesstaaten nicht ausreichend gegen Cyberbedrohungen geschützt seien. Insbesondere die Wählerregisterdatenbanken waren ein leichtes Ziel für Angreifer, die darauf aus waren, Verwirrung zu stiften und das Vertrauen in den Wahlprozess zu untergraben. Der mangelnde Schutz der Wahlsysteme war nicht nur ein technisches Problem, sondern auch das Resultat von unterfinanzierten und personell unterbesetzten Wahlbehörden, die stark auf externe Wahltechnologieanbieter angewiesen waren.
Ein weiteres ernsthaftes Problem für die Demokratie in den USA ist die zunehmende Wahlrechtsunterdrückung. Besonders betroffen sind Gebiete mit einem hohen Anteil an Afroamerikanern und Latinos. Ein Urteil des Obersten Gerichtshofs im Jahr 2013, das den Voting Rights Act von 1965 teilweise aufhob, ermöglichte es den Bundesstaaten, bestimmte Schutzmaßnahmen zu lockern, die ursprünglich dazu dienten, rassistische Diskriminierung bei Wahlen zu verhindern. In der Folge haben 33 Bundesstaaten Wahlgesetze erlassen, die die Identifikation der Wähler verlangen, was bis zu 6% der Bevölkerung vom Wählen ausschließt. Hinzu kommen zahlreiche Fälle von Wählern, die von den Wahlrollen gestrichen wurden, entweder weil sie vor Jahren eine Straftat begangen haben oder aufgrund ähnlicher Namensgebung mit verurteilten Straftätern.
In vielen Staaten gibt es außerdem zusätzliche Hindernisse wie die Notwendigkeit, dass die Unterschrift auf Wahlzetteln exakt mit der registrierten Unterschrift übereinstimmen muss, Einschränkungen bei den Öffnungszeiten der Wahllokale oder die Verweigerung des Transports von Wählern zu frühen Wahllokalen unter dem Vorwand, dies sei „politische Aktivität“. Die mangelnde Bereitstellung funktionierender Wahlmaschinen und die unzureichende Zeit für Wähler in langen Warteschlangen zu stimmen, gehören ebenfalls zu den gängigen Problemen, die die Wahlbeteiligung unterdrücken. Ein weiteres Urteil des Obersten Gerichtshofs aus dem Jahr 2018 ermöglichte es den Staaten, Wähler von den Listen zu streichen, wenn sie seit Jahren nicht mehr gewählt haben und auf Anfragen zur Bestätigung ihrer Adresse nicht reagierten.
Die Wahlen in den USA werden nicht nur durch technische und institutionelle Schwächen bedroht, sondern auch durch den Einfluss von „dunklem Geld“. Seit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in der „Citizens United“-Klage von 2010 können Super-PACs unbegrenzt anonymes Geld für politische Kampagnen ausgeben. Diese Entwicklung hat die politische Landschaft der USA erheblich verändert, da nun finanzkräftige Interessengruppen weitreichenden Einfluss auf den Wahlkampf haben. Vor den Zwischenwahlen 2018 wurden rund 260 Millionen Dollar an „dunklem Geld“ für politische Werbung ausgegeben, was etwa ein Drittel der TV-Werbung in den Rennen um das Repräsentantenhaus und fast die Hälfte der Werbung im Senat ausmachte.
Die Verwundbarkeit der Wahlsysteme und die Vielzahl an Unterdrückungsmaßnahmen werfen ernsthafte Fragen auf, wie die Demokratie in den USA tatsächlich funktioniert. Es ist wichtig zu verstehen, dass diese Herausforderungen nicht nur technische Mängel betreffen, sondern auch politische und gesellschaftliche Mechanismen, die das Vertrauen in den Wahlprozess untergraben. Wahlen sind nicht nur ein Akt der Stimmabgabe, sondern auch ein Akt des Vertrauens in die Institutionen und die Integrität des demokratischen Prozesses. Die Gefährdung dieses Vertrauens durch systematische Schwächen und Manipulationen stellt eine fundamentale Bedrohung für die Demokratie dar.
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