Die Fehlerdiagnose in komplexen elektro-hydraulischen Systemen basiert auf einer mehrstufigen Modellierung, die Informationen aus verschiedenen Sensoren und Überwachungssystemen integriert. Ausgangspunkt ist die Signal-Ebene, welche die Eingangsinformationen für das Diagnose-Untermodell liefert. Diese Informationen stammen aus der Überwachung der elektrischen Anlage und aus Sensoren des hydraulischen Systems. Dabei umfasst die Überwachung der elektrischen Systeme den Status von Steuerpunkten, Systemvariablen, Alarmmeldungen und allgemeine Überwachungsinformationen. Die Sensoren der hydraulischen Komponenten liefern vor allem Druck- und Durchflusssignale.

Fehlersymptome werden als quantitative Ausdrücke der durch Fehler hervorgerufenen Phänomene verstanden und bilden die Grundlage für die Fehlerdiagnose. Die Knoten der Fehlersignalebene werden aus den Eingangssignalen generiert. Mittels dieser extrahierten Symptome wird eine Rückwärts-Bayes’sche Schlussfolgerung durchgeführt, welche die Wahrscheinlichkeiten verschiedener Fehlerzustände bestimmt. Die Eingaben auf der Signaleingangsebene können während des Online-Betriebs manuell aktualisiert oder automatisch über eine Kommunikationsschnittstelle eingelesen werden. Die Anfangs- und Vorwahrscheinlichkeiten der Fehlerursachen werden im Offline-Modus durch Expertenwissen bestimmt und anschließend anhand der eingehenden Signale laufend angepasst.

Ein zentrales Modellierungselement ist die Verwendung von Noisy-OR und Noisy-MAX Modellen zur Berechnung bedingter Wahrscheinlichkeiten. Noisy-OR wird bei binären Knoten verwendet, die zwei Zustände – normal und abnormal – annehmen können. Hierbei wird angenommen, dass mehrere Ursachen X1, X2, ..., Xn unabhängig voneinander ein Ereignis Y auslösen können, und die Gesamtwahrscheinlichkeit durch das Produkt der jeweiligen individuellen Wahrscheinlichkeiten modelliert wird. Noisy-MAX erweitert dieses Prinzip auf nicht-binäre, also mehrstufige Knoten, die beispielsweise die Zustände „hoch“, „mittel“ und „niedrig“ besitzen. Dies erlaubt eine differenziertere Modellierung komplexer Abhängigkeiten in den Systemen.

Die Offline-Parametrierung des Modells stellt sicher, dass die bedingten Wahrscheinlichkeiten für die Online-Fehlerdiagnose direkt nutzbar sind. Die Wahrscheinlichkeiten der Fehlerzustände werden als Posterioren interpretiert, deren Schwellenwerte typischerweise zwischen 70 und 90 % liegen. Ein konservativer Schwellenwert von 70 % garantiert, dass alle potenziellen Fehlerzustände in die nächste Diagnosephase übernommen werden.

Eine Herausforderung bei der Diagnose mehrerer gleichzeitiger Fehler ist die nichtlineare Überlagerung von Fehlerwirkungen. Die kontinuierlichen zeitlichen Merkmale der Sensorinformationen, insbesondere Druck- und Durchflusssignale, lassen sich nur unzureichend durch Diskretisierung abbilden, was die Modellierung linearer Zusammenhänge begünstigt. Da die tatsächlichen Fehlerüberlagerungen meist nichtlinear sind, wird zusätzlich die Dempster-Shafer (D-S) Evidenztheorie verwendet, um eine umfassendere und zuverlässigere Fusion der Diagnoseinformationen zu ermöglichen.

Die D-S Evidenztheorie erlaubt die Modellierung und Kombination unsicherer und unvollständiger Informationen verschiedener Fehlerquellen. Dabei werden alle möglichen Fehlerereignisse in einer Menge Θ zusammengefasst, deren Elemente sich gegenseitig ausschließen. Die sogenannte Massenfunktion m(A) ordnet jeder Teilmenge A von Θ einen Grad der Überzeugung (belief) zu, wobei die Summe aller Überzeugungsgrade eins beträgt und die leere Menge mit Null bewertet wird. Die Kombination der Wahrscheinlichkeiten von Fehlerereignissen, die zuvor durch OOBNs erkannt wurden, erfolgt dann nach den Regeln der D-S Theorie.

Durch die Anwendung der D-S Evidenztheorie auf die Ergebnisse der OOBN-Diagnose können Mehrfachfehler, also kombinierte Fehlerzustände, bewertet und ihre Glaubwürdigkeit bestimmt werden. Dabei werden auch Kombinationen von Fehlern wie F1F2 oder F1F2F5 berücksichtigt, was die Diagnose von simultanen Fehlern ermöglicht. Die traditionelle lineare Bewertung von Evidenz eignet sich jedoch nur begrenzt für hydraulische Systeme, da Effekte wie Flüssigkeitsstauungen nichtlineare Einflüsse verursachen. Deshalb wurde eine neue Bewertungsfunktion entwickelt, die auf Expertenparametern basiert und die Differenz zwischen beobachteten und Referenzwerten in nichtlinearer Form abbildet. Diese Funktion verbessert die Bewertung der Glaubwürdigkeit bei der Diagnose von gleichzeitigen Fehlern erheblich.

Die Kombination von Bayes’schen Netzwerken und D-S Evidenztheorie stellt somit eine robuste Methode zur Diagnose komplexer Fehler in elektro-hydraulischen Systemen dar. Während Bayes’sche Modelle präzise Wahrscheinlichkeiten einzelner Fehler liefern, erlaubt die D-S Theorie die Berücksichtigung von Unsicherheiten und nichtlinearen Zusammenhängen bei der Mehrfachfehlererkennung.

Darüber hinaus ist es für das Verständnis der Diagnoseergebnisse wichtig, sich der Grenzen diskreter Modelle bewusst zu sein und den Einfluss der kontinuierlichen, dynamischen Natur der Sensorinformationen auf die Diagnose zu berücksichtigen. Das Zusammenspiel von Expertenwissen, historischen Daten und Echtzeitmessungen ist essenziell, um die Modelle zu parametrisieren und adaptiv an veränderte Systemzustände anzupassen. Nur durch die Berücksichtigung dieser Aspekte kann eine zuverlässige, präzise und zeitnahe Fehlerdiagnose in komplexen elektro-hydraulischen Anlagen gewährleistet werden.

Wie unvollständige Daten zur Vorhersage von Korrosionsfehlern bei Unterwasserpipelines genutzt werden können

In industriellen Anwendungen, insbesondere im Bereich der Überwachung von Unterwasserpipelines, ist die Vollständigkeit der gesammelten Daten entscheidend für die präzise Vorhersage von Korrosionsfehlern. Häufig treten jedoch Unvollständigkeiten in den erfassten Daten auf, was die Vorhersage und Analyse von Korrosionsprozessen erheblich erschwert. Diese Unvollständigkeiten können durch verschiedene Faktoren verursacht werden, wie etwa Sensorstörungen, Kommunikationsunterbrechungen, Probleme bei der Datenspeicherung, Umwelteinflüsse oder Verzögerungen bei Wartung und Kalibrierung. Die Daten, die aus den Überwachungssystemen der Pipelines stammen, beinhalten wichtige Größen wie Temperatur, Druck und Flüssigkeitsstand. Es kommt jedoch regelmäßig vor, dass diese Messwerte unvollständig sind, was die Prognosegenauigkeit beeinträchtigt. In solchen Fällen ist es erforderlich, geeignete Methoden zur Schätzung und Ergänzung der fehlenden Daten zu finden, um die Qualität der Vorhersagen zu gewährleisten.

Ein häufig auftretendes Problem ist, dass einige Variablen, wie beispielsweise der CO2-Gehalt, aufgrund des Fehlens geeigneter Messmittel überhaupt nicht erfasst werden. Eine systematische Analyse zeigt, dass bestimmte Messdaten fehlen, was für die Modellierung der Korrosionsvorhersage problematisch ist. Durch gezielte Datenergänzung und den Einsatz von Algorithmen wie ARIMA (AutoRegressive Integrated Moving Average) können fehlende Werte jedoch auf Basis vorhandener Informationen schrittweise ersetzt werden. Der ARIMA-Algorithmus ist eine bewährte Methode zur Schätzung von Zeitreihen, die auf historischen Daten basieren. Der Algorithmus füllt die Lücken in den unvollständigen Daten, indem er benachbarte verfügbare Daten nutzt, um fehlende Werte zu interpolieren und zu extrapolieren. Dieser Prozess umfasst die Feststellung der Stabilität der verfügbaren Daten und die Auswahl geeigneter Parameter, die auf Kriterien wie dem Bayesschen Informationskriterium (BIC) basieren.

Die Effektivität des ARIMA-Modells wird durch Tests überprüft, bei denen die Residuen des Modells als weiße Rauschsequenzen getestet werden. Die Ergebnisse dieser Tests bestätigen die Güte des Modells, da die Residuen normal verteilt sind und keine signifikante Korrelation aufweisen. Nach der erfolgreichen Modellanpassung und dem Auffüllen fehlender Daten können die Voraussagen zur Korrosion präziser getroffen werden. Der Ausbau des Modells durch die Integration von Bayesianischen Netzen (BN) und dynamischen Bayesianischen Netzen (DBN) ermöglicht eine detailliertere Vorhersage über längere Zeiträume, was für die Überwachung und Wartung von Pipelines von entscheidender Bedeutung ist.

Ein wesentlicher Schritt in der Praxis ist die Modellierung der CO2-Korrosion auf Grundlage der ergänzten Daten. Sobald die fehlenden Variablen ergänzt sind, wird die tägliche Korrosionsrate geschätzt und eine kontinuierliche Überwachung ermöglicht. Das System berücksichtigt dabei sowohl qualitative als auch quantitative Residuenanalysen, um sicherzustellen, dass die Vorhersagen der Korrosionsrate mit den tatsächlichen Messwerten übereinstimmen. Dabei werden die Daten regelmäßig aktualisiert, um den langfristigen Korrosionsverlauf zu überwachen und die präventive Wartung der Pipelines zu optimieren. Solche Prognosen sind von großem Nutzen, da sie dazu beitragen, ungeplante Ausfälle und teure Reparaturen zu vermeiden, indem sie rechtzeitig auf potenzielle Gefahren hinweisen.

Wichtig ist, dass die Integration von ARIMA und BN/DBN-Modellen nicht nur die Genauigkeit der Vorhersagen erhöht, sondern auch eine detaillierte Analyse der Unvollständigkeit der Überwachungsdaten ermöglicht. In vielen Fällen ist es nicht nur erforderlich, die fehlenden Daten zu ergänzen, sondern auch, deren Einfluss auf die Gesamtprognose zu bewerten. Dies erfordert eine umfassende Datenanalyse und ein tiefes Verständnis der zugrundeliegenden Prozesse, die die Korrosion beeinflussen. Auch wenn die Modellierung selbst auf den ersten Blick simpel erscheinen mag, spielt die Wahl der richtigen Parameter und die kontinuierliche Validierung der Modelle eine entscheidende Rolle, um die Vorhersagen zuverlässig und präzise zu halten.

Es ist zudem unerlässlich, dass die Modelle an die spezifischen Bedingungen des jeweiligen Überwachungsumfeldes angepasst werden. Die Umgebungsfaktoren, die direkt oder indirekt die Korrosion beeinflussen, sind nicht immer konstant und können sich über die Zeit hinweg verändern. Daher sollte die Modellierung nicht nur auf historischen Daten beruhen, sondern auch in der Lage sein, zukünftige Entwicklungen und Veränderungen zu antizipieren. Dies setzt voraus, dass die Modelle flexibel genug sind, um auch unter variierenden Bedingungen zuverlässige Vorhersagen zu liefern. In der Praxis müssen auch Unsicherheiten berücksichtigt werden, die mit der Messgenauigkeit und der Datenerhebung verbunden sind. Die kontinuierliche Verbesserung der Überwachungs- und Modellierungstechniken sowie die regelmäßige Überprüfung und Anpassung der verwendeten Algorithmen sind deshalb unabdingbar.