Fake News ist ein Phänomen, das in den letzten Jahren zunehmend in den Fokus der öffentlichen Diskussion gerückt ist. Um es besser zu verstehen, müssen wir den Begriff klar definieren und die verschiedenen Dimensionen und verwandten Phänomene untersuchen, die häufig mit Fake News verwechselt werden. Fake News zeichnen sich durch eine grundlegende Eigenschaft aus: Sie fehlen an Wahrheit und Wahrheitstreue. Dies bedeutet, dass die Aussagen entweder absichtlich irreführend sind oder ohne Rücksicht auf die Wahrheit verbreitet werden.

Die Unterscheidung zwischen den verschiedenen Formen von falschen Informationen ist von zentraler Bedeutung. Zunächst einmal müssen wir den Unterschied zwischen "was gesagt wird" und "kommunikativer Inhalt" verstehen. Der Begriff "was gesagt wird" bezieht sich auf den wörtlichen Inhalt einer Äußerung, während der kommunikative Inhalt die Bedeutung ist, die ein kompetenter Sprecher basierend auf dem Kontext und den relevanten Hintergrundinformationen einer Äußerung zuschreiben würde. Dieser kommunikative Inhalt kann von dem wörtlichen Inhalt abweichen, vor allem in Fällen, in denen die Äußerung absichtlich eine falsche oder irreführende Bedeutung trägt.

Ein gutes Beispiel dafür, wie Fake News verbreitet werden, ist die sogenannte Pizzagate-Verschwörung. Obwohl die Berichterstattung über diese Verschwörung möglicherweise in einem anderen Kontext wahr gewesen sein könnte, wurde sie weitgehend mit der Absicht verbreitet, falsche Überzeugungen zu erzeugen. Dies zeigt, dass Fake News nicht nur durch die Absicht zur Täuschung, sondern auch durch einen Mangel an wahrhaftigem Engagement geprägt sind. In diesem Zusammenhang ist der Begriff des "Bullshitting", wie er von Frankfurt eingeführt wurde, besonders wichtig. Bullshit ist eine Äußerung, bei der der Sprecher keinerlei Interesse daran hat, ob das, was er sagt, der Realität entspricht. Stattdessen geht es ihm darum, Aussagen zu tätigen, die seinem eigenen Ziel dienen, ohne auf die Wahrheit oder Falschheit dieser Aussagen Rücksicht zu nehmen.

Ein weiteres, häufig missverstandenes Phänomen im Zusammenhang mit Fake News ist der Unterschied zwischen bewusst verbreitetem Fake News und unbeabsichtigt verbreiteten falschen Informationen. Es ist entscheidend zu verstehen, dass eine Nachricht erst dann als Fake News gilt, wenn sie entweder falsche Inhalte enthält oder der Sender sich keine Gedanken darüber macht, ob die verbreitete Information wahr oder falsch ist. Das bedeutet, dass jemand, der Fake News verbreitet, absichtlich oder unbeabsichtigt die Wahrheit missachtet, aber mit dem Ziel, eine bestimmte Wirkung zu erzielen, sei es durch politische Manipulation oder kommerzielle Interessen.

Dabei ist es auch wichtig zu betonen, dass Fake News nicht dasselbe sind wie Propaganda oder Satire. Propaganda hat oft ein politisches Ziel und kann sowohl wahre als auch falsche Informationen enthalten, während Satire grundsätzlich keine Wahrheitsansprüche erhebt und häufig bewusst darauf abzielt, die Öffentlichkeit in einem humoristischen Kontext in die Irre zu führen. Satirische Nachrichten sind daher keine Fake News, auch wenn sie in ihrer Form und Präsentation ähnliche Strukturen aufweisen. Propaganda hingegen zielt darauf ab, die Meinungen und Einstellungen einer Zielgruppe zu beeinflussen, wobei sie nicht zwangsläufig falsche Informationen verbreitet, sondern vielmehr versucht, eine bestimmte Wahrnehmung zu erzeugen, die die politischen Ziele des Propagandisten unterstützt.

Ein weiteres Beispiel für Fake News ist das Verhalten von Teenagern aus Mazedonien, die vor den US-Wahlen 2016 eine Reihe von erfundenen Nachrichten verbreiteten. Diese Jugendlichen gaben jedoch nicht vor, die Wahrheit zu verbreiten. Ihr einziges Ziel war es, möglichst viele Klicks zu erzielen und damit Geld zu verdienen. Dies führt zu der Feststellung, dass nicht alle Fake News die gleiche Absicht zur Täuschung haben müssen. Manchmal können falsche Informationen auch aus rein kommerziellen Gründen verbreitet werden, ohne dass eine politische Agenda dahintersteckt.

Im Gegensatz dazu können die Tweets von Donald Trump als weiteres Beispiel für Fake News dienen. Ein Beispiel ist ein Tweet, in dem er ein Bild eines bereits existierenden Bauwerks teilte, das er fälschlicherweise als Teil des Baus der Grenzmauer bezeichnete. Obwohl der Tweet in wörtlicher Hinsicht wahr sein könnte – Trump hatte möglicherweise tatsächlich ein tolles Treffen –, vermittelt er dennoch eine irreführende Botschaft: Die Mauer war zu diesem Zeitpunkt noch nicht gebaut worden, und das Bild stammte nicht von einem relevanten Projekt. Dieser Fall könnte als Bullshit betrachtet werden, da Trump möglicherweise einfach ein Bild ohne jegliche Rücksicht auf die Wahrheit teilte, um eine bestimmte politische Wirkung zu erzielen.

Ein entscheidender Aspekt bei der Untersuchung von Fake News ist die Unterscheidung zwischen den Inhalten und der Absicht hinter den Nachrichten. Wie bei jeder Form der Täuschung oder Manipulation hängt die Schädlichkeit von Fake News nicht nur von der falschen Information selbst ab, sondern auch von der Absicht des Verbreiters, die Wahrheit zu verzerren oder zu ignorieren. Diese Perspektive hilft, Fake News von anderen Formen der Fehlinformation zu trennen, die vielleicht unbeabsichtigt oder aus Unwissenheit verbreitet werden.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Fake News durch einen Mangel an wahrer Information und durch die Absicht oder Gleichgültigkeit des Verbreiters hinsichtlich der Wahrheit gekennzeichnet sind. Es ist wichtig, Fake News von verwandten Phänomenen wie Satire, Propaganda und unbeabsichtigten Fehlern zu unterscheiden. Nur so können wir die Auswirkungen und die Gefährlichkeit von Fake News richtig einschätzen und ihnen effektiv begegnen.

Was macht Fake News aus? Die Definitionen und ihre Dimensionen

Fake News ist ein viel diskutiertes Phänomen, das von unterschiedlichen Theoretikern aus verschiedenen Perspektiven betrachtet wird. Jede dieser Definitionen bringt bestimmte Annahmen und Kriterien mit sich, die es zu verstehen gilt, um ein umfassenderes Bild von diesem komplexen Thema zu erhalten. Eine gemeinsame Übereinstimmung besteht darin, dass Fake News mit einer Art von Täuschung verbunden sind, jedoch variiert die Auffassung darüber, wie diese Täuschung genau aussieht und welche Dimensionen sie umfasst.

Eine der zentralen Debatten dreht sich um die Frage, ob Fake News notwendigerweise falsch oder irreführend sein müssen, oder ob es auch andere Aspekte gibt, die als "Fake" bezeichnet werden können. Hier tritt die Definition von Mukerji (2018) in den Vordergrund. Sie stellt einen radikal anderen Ansatz dar, indem sie Fake News als „Bullshit, der in Form einer Nachricht dargestellt wird“ beschreibt. In dieser Sichtweise sind Fake News nicht zwangsläufig falsch oder irreführend, sondern sind vielmehr durch eine Haltung der Gleichgültigkeit gegenüber der Wahrheit gekennzeichnet. Mukerji’s Definition lässt also die Wahrheitsebene beiseite und konzentriert sich stärker auf die Erscheinungsform und die Intention der Akteure. Sie argumentiert, dass Fake News auch dann als solche gelten können, wenn sie wahr sind, solange ihre Verbreitung mit der Absicht verbunden ist, die Wahrheit vorzutäuschen oder gleichgültig zu tun.

Diese Sichtweise sticht hervor, weil sie sich von traditionellen Definitionen unterscheidet, die in der Regel Falschheit oder Irreführung als zentrale Merkmale von Fake News anführen. Mukerji selbst stellt jedoch fest, dass Fake News keine Lügen im klassischen Sinne sind, weil Lügen mit der Absicht verbunden sind, eine falsche Vorstellung von der Realität zu erzeugen. Sie erklärt, dass Fake News zwar die Wahrhaftigkeit der Information infrage stellen, aber nicht notwendigerweise im klassischen Sinn eine Lüge darstellen, da der Fokus eher auf der Scheinheiligkeit und der Gleichgültigkeit gegenüber der Wahrheit liegt.

Der größte Vorteil von Mukerji’s Ansatz besteht in seiner Eleganz und seiner Fähigkeit, Fake News zu entmystifizieren und sie von bloßen Falschinformationen oder Propaganda abzugrenzen. Doch ein erheblicher Nachteil dieses Ansatzes liegt in der Vernachlässigung der Wahrheit als entscheidendem Kriterium. In einer Zeit, in der die Bedeutung der Wahrheit zunehmend infrage gestellt wird, ist es problematisch, Fake News von der Wahrheitsfrage zu entkoppeln. Falschinformationen und Propaganda sind keine neutralen Phänomene – sie haben reale Auswirkungen auf das Verständnis der Welt und auf die Überzeugungen der Menschen.

In der politischen Arena haben solche Falschmeldungen oft das Ziel, die öffentliche Meinung zu beeinflussen oder zu manipulieren. Ein bekanntes Beispiel aus der Vergangenheit ist die Verbreitung von absurden Behauptungen während des Kalten Krieges, als Medien in der DDR berichteten, dass die US-Luftwaffe Käfer aus Flugzeugen abwerfe, um die Bevölkerung zu verunsichern und eine politische Agenda zu unterstützen. Ein modernes Beispiel sind die Aktivitäten von Medien wie RT oder Breitbart, die gezielt falsche oder irreführende Informationen verbreiten, um politische Ziele zu erreichen. In solchen Fällen ist die Täuschung klar erkennbar – es handelt sich nicht um Bullshit im Mukerji’schen Sinne, sondern um bewusste Desinformation mit einer konkreten politischen Absicht.

Ein weiterer Aspekt, der die Definitionen von Fake News prägt, ist die Frage nach der Täuschung. Dentith stellt in seiner Definition fest, dass Fake News eine bewusste Täuschung implizieren, was jedoch problematisch sein kann. Wenn man Täuschung als wesentliches Merkmal von Fake News sieht, schließt man viele Fälle aus, in denen es um absichtliche Fehlinformationen geht, ohne dass eine bewusste Täuschungsabsicht vorliegt. Die Frage nach der Absicht der Akteure bei der Verbreitung von Fake News wird daher immer wieder in Frage gestellt und stellt eine der größten Herausforderungen bei der Definition von Fake News dar.

Obwohl es zahlreiche Definitionen gibt, die sich mit der Natur von Fake News befassen, ist es entscheidend, dass jede Definition die sozialen und politischen Auswirkungen dieser Phänomene berücksichtigt. Fake News sind nicht einfach „falsche Nachrichten“, sondern haben tiefgreifende Auswirkungen auf das Vertrauen in die Medien und auf die Art und Weise, wie Informationen in der Gesellschaft verarbeitet werden. Ein vollständiges Verständnis von Fake News erfordert daher, dass man sowohl die Dimension der Wahrheit als auch die der Täuschung, der Absicht und der politischen Auswirkungen miteinander in Einklang bringt. Nur so kann man zu einer Definition gelangen, die den komplexen Charakter von Fake News angemessen widerspiegelt.

Es ist auch wichtig, die Rolle der Medien und der Informationsvermittler zu berücksichtigen. In einer Gesellschaft, in der die Grenze zwischen Journalismus, Propaganda und Unterhaltung zunehmend verschwimmt, wird es immer schwieriger, Fake News von legitimen Nachrichtenquellen zu unterscheiden. In diesem Zusammenhang sollte der Journalismus als eine der Hauptinstitutionen betrachtet werden, die sich aktiv für die Wahrheitsfindung einsetzen müssen. Die Verbreitung von Fake News untergräbt dieses Fundament und führt zu einer Verzerrung des öffentlichen Diskurses.

Manipulation der öffentlichen Meinung durch Fake News und ihre Auswirkungen auf die epistemische Autonomie

Die Phänomene, die unter dem Begriff "Fake News" zusammengefasst werden, sind nicht nur Ausdruck moderner politischer Manipulation, sondern auch ein langfristig etabliertes Mittel der Meinungsbeeinflussung. Obwohl der Begriff häufig in aktuellen politischen Diskursen verwendet wird, lässt sich die Praxis der Manipulation von Informationen über die Jahrhunderte zurückverfolgen und sie umfasst weit mehr als nur falsche oder verzerrte Nachrichten. Fake News sind in ihrer Entstehung und Wirkung oft Teil eines größeren Netzwerks von Manipulationsstrategien, die auf die Steuerung öffentlicher Meinungen abzielen.

Der Begriff "Fake News" wird oft mit einer begrenzten Vorstellung von Falschinformationen gleichgesetzt, aber in Wahrheit ist er ein Sammelbegriff für ein viel breiteres Spektrum an Kommunikationspraktiken, die darauf abzielen, die Wahrnehmung der Öffentlichkeit in bestimmten, meist politischen Richtungen zu lenken. Ein wichtiger Aspekt dieser Manipulation ist die Art und Weise, wie Menschen in ihrer Fähigkeit zur epistemischen Autonomie – also der Fähigkeit, selbstständig und begründet zu Wissen zu gelangen – eingeschränkt werden. In Gesellschaften, die durch eine Überflutung mit solchen Nachrichten und Manipulationen geprägt sind, wird die Suche nach Wahrheit zunehmend erschwert. Das Wissen, das Menschen erlangen, ist oft weniger das Ergebnis einer eigenen, reflektierten Auseinandersetzung, sondern vielmehr das Produkt von Kommunikationsstrukturen, die bestimmte Perspektiven bevorzugen.

Ein traditionelles Verständnis von epistemischer Autonomie geht davon aus, dass Wissen auf vollständiger Selbstgenügsamkeit basiert, was jedoch unrealistisch ist. In Wirklichkeit ist Wissen größtenteils sozial und abhängig von anderen. Wir vertrauen auf Informationen und Erkenntnisse von anderen, um uns ein Bild von der Welt zu machen. Autonomie im Wissen bedeutet daher nicht absolute Unabhängigkeit, sondern vielmehr die Fähigkeit, informierte Entscheidungen zu treffen, auch wenn diese Entscheidungen auf Informationen beruhen, die nicht aus eigenem Erleben stammen. Diese Form von relationaler Autonomie ist die Grundlage einer funktionierenden Demokratie und einer freien Gesellschaft.

In einer Welt, in der Fake News vorherrschen, wird die epistemische Autonomie der Einzelnen jedoch zunehmend gefährdet. Die Frage ist, inwiefern es den Individuen überhaupt noch möglich ist, eigenständig fundierte Entscheidungen über das, was sie glauben oder nicht glauben sollen, zu treffen. Die Manipulation durch Fake News erfolgt nicht nur durch die Verbreitung falscher Informationen, sondern auch durch die gezielte Ausrichtung von Inhalten, die bestimmte Emotionen und Vorurteile ansprechen. Solche Strategien kommen nicht nur in autoritären Regimen vor, sondern auch in Demokratien, in denen politische Akteure zunehmend versuchen, die öffentliche Meinung durch einfache, häufig irreführende Botschaften zu beeinflussen.

Ein Modell der Manipulation von öffentlicher Meinung ist die Strategie der "Verführung" der Wählerschaft, die bereits von Platon im antiken Griechenland beschrieben wurde. Politische Akteure setzen hier weniger auf die Wahrheitsfindung als auf die Erreichung von Macht durch die Verbreitung von Botschaften, die das Publikum ansprechen, aber nicht unbedingt der Wahrheit entsprechen. Dies geschieht durch eine Vielzahl von rhetorischen Techniken, die darauf abzielen, den Wähler zu "verführen" und seine Entscheidung zu beeinflussen, ohne sich auf eine sachliche Auseinandersetzung mit der Realität zu stützen. Diese Form der Manipulation hat weitreichende Folgen für die epistemische Autonomie, da sie den Wählern die Möglichkeit nimmt, die Wahrheit aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und sich eine fundierte Meinung zu bilden.

In modernen politischen Systemen haben diese Manipulationspraktiken nicht nur Einfluss auf die Wählerschaft, sondern auch auf die Art und Weise, wie öffentliche Diskurse geführt werden. Ein Beispiel dafür ist die Brexit-Abstimmung von 2016, bei der eine falsche, aber einfache Botschaft über die finanziellen Beiträge Großbritanniens zur EU eine Schlüsselrolle spielte. Obwohl die Zahlungen von 350 Millionen Pfund pro Woche als unwahr entlarvt wurden, blieb die Aussage in den Köpfen vieler Wähler fest verankert. Diese Taktiken zeigen, wie wenig Widerstand die Wähler gegen manipulative Botschaften leisten können, wenn diese mit emotionalen Appellen und tief verwurzelten Überzeugungen gespielt werden.

Darüber hinaus spielt die kognitive Psychologie eine wichtige Rolle in der Erklärung, warum Menschen so anfällig für Fake News und manipulative Botschaften sind. Phänomene wie Bestätigungsfehler, bei denen Menschen dazu tendieren, Informationen zu suchen und zu interpretieren, die ihre bereits bestehenden Überzeugungen bestätigen, machen es besonders schwierig, sich von falschen Informationen zu lösen. Menschen sind zudem oft schlecht darin, Lügen und Täuschungen zu erkennen, da sie grundsätzlich davon ausgehen, dass andere ehrlich kommunizieren.

Die Frage, wie sich diese manipulativen Praktiken in einer Demokratie auswirken, ist von zentraler Bedeutung. Auch wenn die Verbreitung von Fake News und die Manipulation der öffentlichen Meinung in einem demokratischen Kontext stattfinden, bleibt die Tatsache bestehen, dass solche Taktiken das Grundprinzip der Deliberation und des freien Informationsaustauschs untergraben. Demokratische Gesellschaften, die auf einem freien Meinungsaustausch beruhen, erfordern, dass Wähler in der Lage sind, auf Basis wahrheitsgetreuer Informationen fundierte Entscheidungen zu treffen. Wenn jedoch die verfügbaren Informationen manipuliert und verzerrt werden, verliert der demokratische Diskurs seine Bedeutung, da die Menschen in ihrer Fähigkeit zur rationalen und autonomen Meinungsbildung eingeschränkt werden.

In einer Welt, in der immer mehr Informationsquellen und Nachrichtenkanäle existieren, ist es entscheidend, dass die Menschen über die notwendigen Fähigkeiten und das Wissen verfügen, um die Qualität und die Herkunft von Informationen zu hinterfragen. Es reicht nicht aus, nur die falschen Informationen zu erkennen, sondern auch zu verstehen, wie diese Informationen in einen größeren Kontext von Manipulation und Machtstrukturen eingebettet sind. Die Fähigkeit zur kritischen Auseinandersetzung mit Nachrichten, zur Reflexion und zur Eigenständigkeit im Denken ist die Grundlage für den Erhalt einer funktionierenden demokratischen Gesellschaft.

Warum der Rückruf von Artikeln ein tiefes Problem für Google darstellt

Die Frage, warum Google, trotz seiner enormen Ressourcen, Schwierigkeiten haben könnte, Artikel, die zurückgezogen wurden, korrekt zu bewerten, ist vielschichtig. Ein zentraler Aspekt ist die Art und Weise, wie Suchmaschinen wie Google die Relevanz von Inhalten bewerten. Google basiert seine Rankings hauptsächlich auf Popularität. Diese Popularität wird nicht nur durch die Anzahl der Klicks gemessen, sondern auch durch das PageRank-System, das die Häufigkeit und Qualität von eingehenden Links auf eine Seite berücksichtigt. Je mehr Webseiten auf einen bestimmten Artikel verlinken, desto höher wird dieser in den Suchergebnissen eingestuft. Das führt zu einer paradoxen Situation, wenn ein Artikel, der sich später als falsch herausstellt, weiterhin hoch bewertet wird, einfach weil er populär war.

Das Problem wird noch komplexer, wenn man bedenkt, dass Google, im Gegensatz zu menschlichen Nutzern, keine tiefere semantische Einsicht in den Inhalt von Webseiten hat. Das bedeutet, dass Google nicht automatisch erkennen kann, dass ein populärer Artikel über wissenschaftliche Entdeckungen, der später zurückgezogen wurde, inhaltlich mit dem späteren Bericht über den Rückruf in Verbindung steht. Hierbei fehlt eine tiefere Verbindung zwischen den Informationen über den ursprünglichen Artikel und der Tatsache, dass dieser Artikel aufgrund von Betrug oder falschen Daten zurückgezogen wurde.

Ein weiteres zugrundeliegendes Problem liegt in der menschlichen Psychologie. Rückrufe von Artikeln sind in der Regel weniger interessant und daher auch weniger populär. Das sogenannte „Gesetz der Rücknahme“, wie man es vielleicht nennen könnte, besagt, dass Menschen und auch Webseitenadministratoren tendenziell weniger Interesse daran haben, Informationen über eine Korrektur oder einen Rückruf eines Artikels zu verbreiten. Dies führt dazu, dass Rückrufe von wissenschaftlichen Artikeln weniger oft geteilt und verlinkt werden, was wiederum ihre Position in den Suchergebnissen verschlechtert. Aus psychologischer Sicht ziehen Menschen oft den ursprünglichen, „fehlerhaften“ Inhalt vor, weil er im ersten Moment interessanter oder spektakulärer erscheint. Wenn also ein Bericht über den Rückruf eines wissenschaftlichen Artikels erscheint, hat dieser in der Regel nicht die gleiche Anziehungskraft wie der ursprüngliche Bericht über die Entdeckung oder die Forschung, die später als betrügerisch entlarvt wurde.

Trotzdem gibt es Ausnahmen von diesem Gesetz. In besonders polarisierten Debatten, in denen ein Rückruf einen starken politischen oder wissenschaftlichen Gegner stärkt, kann die Rücknahme des Artikels eine gewisse Popularität erlangen. Doch in weniger kontroversen Kontexten, in denen die Relevanz des Rückrufs weniger auffällig ist, bleibt die ursprüngliche Falschinformation in den Suchmaschinen tendenziell sichtbarer.

Für Suchmaschinen wie Google ergibt sich hier eine fundamentale Herausforderung: Die Algorithmen, die Popularität und Verlinkung messen, sind möglicherweise nicht in der Lage, korrekt zu berücksichtigen, dass ein zurückgezogener Artikel nicht nur durch den Verlust seiner wissenschaftlichen Gültigkeit an Bedeutung verliert, sondern auch, dass der Rückruf an sich eine wichtige Information darstellt, die ebenfalls eine hohe Relevanz verdient. Dies wirft die Frage auf, ob Google und andere Suchmaschinen, die ihre Algorithmen auf Popularität ausrichten, grundsätzlich nicht in der Lage sind, Fehlinformationen und falsche Wissenschaft effizient zu bekämpfen.

Die Lösung für dieses Problem könnte in der Weiterentwicklung der Algorithmen liegen, die nicht nur auf Popularität basieren, sondern auch auf der Qualität und Wahrheit des Inhalts. Eine mögliche Maßnahme wäre es, eine differenzierte Bewertung von Artikel-Rückrufen zu integrieren, bei der ein tatsächlicher Rückruf eines fehlerhaften wissenschaftlichen Artikels als wichtiger angesehen wird als der ursprünglich falsche Artikel. Eine solche Umstellung würde jedoch voraussetzen, dass Suchmaschinen wie Google in der Lage sind, zwischen „wahrer“ und „falscher“ Information zu unterscheiden – eine Fähigkeit, die weit über die bloße Zählung von Links und Klicks hinausgeht.

Ein weiterer wichtiger Punkt, den man bei der Betrachtung dieses Problems nicht übersehen sollte, ist, dass Google und andere Suchmaschinen die Verantwortung für die Bereitstellung relevanter und wahrheitsgemäßer Informationen übernehmen müssen. Während das derzeitige System der Rankings in gewisser Weise die populärsten Inhalte belohnt, bedeutet dies nicht automatisch, dass diese Inhalte auch die akkuratesten oder wissenschaftlich korrektesten sind. In einer Zeit, in der Fehlinformationen und falsche wissenschaftliche Ergebnisse zunehmend in den Medien verbreitet werden, ist es entscheidend, dass Suchmaschinen ihr Modell weiterentwickeln, um nicht nur den populärsten, sondern auch den wahrsten Inhalt zu fördern.

Wie können wir epistemisch vertrauenswürdig sein, wenn wir Informationen weiterverbreiten?

Vertrauen ist ein zentrales Thema in der Sozialepistemologie und wird häufig als eine Art von wechselseitiger Abhängigkeit betrachtet, bei der das Vertrauen einer Person als ein zwingender Grund dient, um kompetent zu handeln. Dies betrifft nicht nur die persönliche, sondern auch die epistemische Abhängigkeit von anderen. In der klassischen Sozialepistemologie wird häufig betont, dass wir als Menschen in unseren Erkenntnismöglichkeiten beschränkt sind und daher auf andere angewiesen sind, um unsere epistemischen Ziele zu erreichen. Diese Abhängigkeit ist jedoch nicht nur ein Risiko, sondern auch eine Gelegenheit für Vertrauen – Vertrauen, das nur dann als vertrauenswürdig angesehen wird, wenn es auf einer genuinen Kompetenz und einer sorgfältigen Reflexion der eigenen Abhängigkeit beruht.

Jones’ Ansatz zu Vertrauen ist sowohl praktisch als auch epistemisch. Besonders wichtig ist jedoch der epistemische Aspekt, da er die Art und Weise betrifft, wie wir Wissen und Informationen weitergeben. Ein zentraler Punkt in diesem Zusammenhang ist die Unterscheidung zwischen Selbstbezug und anderenbezüglichen epistemischen Tugenden. Während die Literatur zur epistemischen Tugend oftmals Selbstbezug und individuelle Ziele in den Vordergrund stellt, geht es hier um die Epistemik im sozialen Kontext, die sich auf die Ziele und Bedürfnisse anderer bezieht.

In der Praxis bedeutet dies, dass wir nicht nur um unsere eigenen epistemischen Ziele besorgt sein sollten, sondern auch um die epistemischen Ziele derjenigen, mit denen wir interagieren, insbesondere derjenigen, denen wir Informationen weitergeben oder die wir über Medien und soziale Netzwerke erreichen. Diese andere Perspektive wird besonders relevant, wenn wir in die Rolle eines Informationsvermittlers schlüpfen, etwa durch das Re-Posten von Artikeln. Hier ist es notwendig, sich über die epistemischen Konsequenzen für die gesamte Gemeinschaft Gedanken zu machen. Nicht nur unser unmittelbares Publikum, sondern auch das breitere epistemische Netzwerk wird durch unser Handeln beeinflusst.

Die epistemische Vertrauenswürdigkeit ist eine Tugend, die sowohl in Bezug auf uns selbst als auch auf andere evaluiert werden muss. Es reicht nicht aus, lediglich sicherzustellen, dass wir das, was wir posten oder weiterverbreiten, selbst für wahr halten; vielmehr muss auch berücksichtigt werden, wie andere unsere Aussagen und Beiträge empfinden und verstehen. Dies gilt besonders im digitalen Raum, in dem die Absicht hinter einem Post oft nur schwer zu erkennen ist. Ein satirischer Beitrag, der in einem engen Freundeskreis verständlich ist, kann bei einem breiteren Publikum als ernsthafte Unterstützung des Inhalts wahrgenommen werden. Solche Missverständnisse bergen Risiken für die epistemische Integrität der Gemeinschaft und sollten daher vermieden werden.

Darüber hinaus sollten wir uns der "Kontextzusammenbruch"-Gefahr bewusst sein, wenn Beiträge aus ihrem ursprünglichen Kontext herausgelöst und von anderen weiterverbreitet werden. In sozialen Netzwerken kann ein einzelner Post, der ursprünglich für eine bestimmte Gruppe bestimmt war, durch seine Verbreitung eine völlig andere Bedeutung erlangen. Dies stellt eine besondere Herausforderung dar, da wir oft nicht vorhersehen können, wie unsere Beiträge von verschiedenen Zielgruppen aufgenommen werden. Umso mehr sollten wir uns der sozialen Verantwortung bewusst sein, die mit dem Re-Posten von Inhalten einhergeht, und dabei stets das größere epistemische Wohl im Auge behalten.

Ein weiteres wichtiges Konzept in dieser Diskussion ist das der gemeinschaftsbezogenen epistemischen Tugenden. Diese beziehen sich nicht nur auf das unmittelbare Vertrauen, das wir in andere setzen, sondern auf die epistemische Verantwortung, die wir gegenüber der gesamten Wissensgemeinschaft tragen. Wenn wir Inhalte weiterverbreiten, wirken wir auf das kollektive Wissen und die Wahrnehmung der Gemeinschaft ein. Diese Verantwortung geht über das individuelle Vertrauen hinaus und erfordert, dass wir uns bewusst machen, wie unsere Handlungen die epistemischen Ziele und das Wohl der Gemeinschaft beeinflussen können.

Zusätzlich zeigt die psychologische Forschung zu Fehlerkorrekturen und der Revisionsfähigkeit von Überzeugungen, dass das Problem des Fehlinformationsrisikos noch weiter verstärkt wird. Studien zeigen, dass einmal akzeptierte falsche Überzeugungen sehr schwer zu revidieren sind. Einmal verbreitete Fehlinformation kann daher weitreichende und langanhaltende epistemische Konsequenzen haben. Das bedeutet, dass wir beim Re-Posten von Informationen nicht nur die Möglichkeit bedenken sollten, dass wir selbst einer falschen Überzeugung aufgesessen sind, sondern auch, wie diese falsche Information andere beeinflussen kann und wie schwierig es sein kann, sie später zu korrigieren.

Die epistemische Vertrauenswürdigkeit beim Weitergeben von Informationen stellt uns vor die Herausforderung, sowohl unsere eigenen epistemischen Ziele zu verfolgen als auch die Auswirkungen auf andere zu berücksichtigen. In der Praxis bedeutet das, dass wir nicht nur darauf vertrauen sollten, dass die Quellen, die wir teilen, vertrauenswürdig sind, sondern dass wir auch die Auswirkungen unseres Handelns auf die größere epistemische Gemeinschaft bedenken müssen. Dies erfordert ein hohes Maß an Reflexion und Verantwortungsbewusstsein – eine Tugend, die wir in unserem digitalen Zeitalter immer mehr kultivieren müssen.