Die präzise Vorhersage der verbleibenden Lebensdauer (RUL, Remaining Useful Life) eines Systems ist eine Schlüsselkomponente in der Wartungsstrategie, insbesondere in komplexen und risikobehafteten Umfeldern. In diesem Zusammenhang wurde ein hybrides Modell entwickelt, das nicht nur die allgemeine Degradation des Systems berücksichtigt, sondern auch die Auswirkungen von zufälligen Stößen (Schocks) und deren Interdependenz mit den Degradationsphasen analysiert.
Ein neu eingeführtes Konzept in diesem Modell ist der „Abhängigkeitsfaktor“. Dieser wird durch Parameter wie den aktuellen Degradationsstadium des Systems, die Stärke und Wahrscheinlichkeit von Schocks sowie durch Expertenwissen ermittelt. Die Auswirkungen von Schocks (L1, L2, ..., Lc) werden als eine Kombination aus Häufigkeit und Intensität der Schockereignisse im Verlauf eines bestimmten Zeitraums dargestellt. Ergänzend dazu fließt das Fachwissen von Experten ein, um unüberwachte Daten zu ergänzen und Diskretisierungsschemata zu verfeinern.
Der Hauptzweck der Modellierung von Degradationsstadien ist es, den gesamten Degradationsprozess in n verschiedene Phasen zu unterteilen. Jede Phase hat spezifische Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des Systems, die sowohl durch historische Daten als auch durch Expertenanalysen bewertet und quantifiziert werden. Der Abhängigkeitsfaktor wird dabei durch die Wechselwirkungen zwischen den Schockeffekten und den Degradationsstadien zu einem dynamischen Parameter, der die Geschwindigkeit der Systemdegradation beeinflusst.
Die Vorhersage der RUL erfolgt dabei auf Basis von Dynamischen Bayes’schen Netzen (DBNs), die als leistungsstarkes Werkzeug zur Modellierung und Analyse von Unsicherheiten dienen. Diese Unsicherheiten umfassen unter anderem die Wahrscheinlichkeit zufälliger Schocks, die Wahrscheinlichkeit der Degradation in unterschiedlichen Phasen sowie die Wahrscheinlichkeiten der Abhängigkeitsfaktoren. Ein wichtiger Aspekt dieser Methodik ist die Integration von Schockeffekten und Degradationsphasen in das Performance-Modell des Systems, was eine präzisere Vorhersage der verbleibenden Lebensdauer ermöglicht.
Das Modell zur Schock-Degradations-Abhängigkeit verwendet dabei ein spezielles Matrix-Format, das als Abhängigkeitsmatrix dient und die Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Stufen und Schockleveln darstellt. Die einzelnen Elemente dieser Matrix (Φ) quantifizieren, wie stark ein bestimmter Schock eine bestimmte Degradationsphase beeinflusst und wie sich dies auf die Gesamtdegradation des Systems auswirkt. Durch die Verwendung solcher Matrizen wird es möglich, die Unsicherheiten, die durch zufällige Schocks entstehen, systematisch in die RUL-Berechnung zu integrieren.
Die Leistungsauswertung eines Systems, das solchen Stößen und Degradationsprozessen ausgesetzt ist, erfordert die Berücksichtigung zahlreicher Unsicherheitsparameter. Diese Unsicherheiten können durch Bayessche Netzwerke (BNs) adressiert werden, die in der Fehlersuche und der Vorhersage von Systemfehlern weit verbreitet sind. In einem DBN werden die Unsicherheiten von Systemkomponenten, deren Interaktionen und deren Einflüsse auf die Gesamtleistung über eine Reihe von Zeitpunkten hinweg dynamisch modelliert. Das Systemverhalten wird nicht nur durch den Verlauf der Zeit bestimmt, sondern auch durch die zurückliegenden Zustände des Systems und die Schocks, die in der aktuellen Phase auftreten.
Zur genauen Bestimmung der RUL werden historische Daten herangezogen, die etwa Druck, Temperatur oder Durchflussraten umfassen. Diese Daten ermöglichen eine präzise Berechnung der Degradationsparameter des Systems. Der ideale Zustand des Systems dient dabei als Referenz, um Abweichungen durch Degradationen festzustellen und zu quantifizieren. Eine gängige Methode zur Parameteraktualisierung und Schätzung ist die Maximum-Likelihood-Schätzung (MLE), die es ermöglicht, die Parameter des Modells an neue, beobachtete Daten anzupassen.
Die Schätzung der Systemleistung in einer bestimmten Zeitspanne erfolgt durch die Analyse von n überwachten Parametern, die als kritisch für die Degradation identifiziert wurden. Diese Parameter sind in der Lage, die Veränderung der Systemleistung im Zeitverlauf präzise darzustellen und die verbleibende Lebensdauer des Systems zu prognostizieren. Um diese Prognosen zu verbessern, wird die Methode der Maximum-Likelihood-Schätzung (MLE) verwendet, um die bedingten Wahrscheinlichkeiten der Degradationsprozesse zu aktualisieren und zu optimieren.
Für die Modellierung komplexer Systeme, die aus mehreren Subsystemen bestehen, müssen die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Subsystemen und deren Einfluss auf die Gesamtleistung berücksichtigt werden. Die Leistungsbeiträge der einzelnen Subsysteme werden zusammengefasst, um die Gesamtleistung des Systems zu berechnen und so den Zeitpunkt zu bestimmen, an dem das System ausfällt. Dies geschieht unter der Annahme, dass das Gesamtsystem aus einer Reihe von Subsystemen besteht, die in Serie arbeiten, wobei das Scheitern eines Subsystems zu einem Systemausfall führen kann.
Wichtig ist, dass bei der Anwendung dieses Modells nicht nur die physikalischen und technischen Eigenschaften des Systems berücksichtigt werden, sondern auch die Unsicherheiten und die Variabilität der realen Betriebsbedingungen. Diese Unsicherheiten können durch geeignete statistische Methoden wie Bayessche Netzwerke effektiv modelliert werden, um realistischere Vorhersagen und verbesserte Wartungsstrategien zu ermöglichen.
Optimierung der Wartungsstrategien unter Berücksichtigung von Verzögerungen in der Wartungsvorbereitung
Im Kontext der vorausschauenden Wartung (CBM) ist es entscheidend, sowohl die Wartungskosten als auch die Produktionsausfälle durch eine präzise Planung und Terminierung von Wartungsaktivitäten zu minimieren. Das Modell, das in den vorliegenden Berechnungen und Abbildungen verwendet wird, berücksichtigt sowohl regelmäßige Inspektionsintervalle als auch unvorhergesehene Ausfälle von Komponenten, die zu Wartungsbedarf führen können.
Gemäß den Formeln (15.22) bis (15.27) werden verschiedene Szenarien analysiert, bei denen Wartungsvorbereitungskosten und Produktionsverluste durch das rechtzeitige oder verzögerte Erreichen von Wartungsgrenzwerten beeinflusst werden. Wenn ein Fehler vor dem Abschluss der Wartungsvorbereitung auftritt, hat dies direkte Auswirkungen auf die Kosten und die Produktionsausfälle. Im ersten Fall, dargestellt in Abbildung 15.4a, wird das nächste Inspektionsintervall auf den Sicherheitswert Sst festgelegt, während die Wartungsvorbereitungszeit LTmin bleibt. Erfolgt kein Ausfall vor Abschluss der Wartungsvorbereitung und Sst ist größer oder gleich LTmin, treten keine Ausfälle während der Wartung auf. Hierbei ist der Wartungsvorbereitungskostenwert CS31 = CSmax (15.23) definiert.
In Szenarien, in denen der Sicherheitswert Sst kleiner als LTmin ist, entstehen durch den Ausfall zusätzliche Verluste. Diese werden als CS32 = CSmax + CD × (LTmin − Sst) (15.24) ausgedrückt. Eine Verzögerung in der Wartungsvorbereitung kann also zu einem Produktionsverlust führen, der die Gesamtkosten der Wartungsstrategie beeinflusst. Wird die Wartungsvorbereitung durch den Fehlerzeitpunkt unterbrochen, so erfolgt eine Anpassung des Wartungsplans, abhängig von der verbleibenden Zeit bis zum nächsten möglichen Wartungsfenster. In diesen Fällen ergeben sich verschiedene Formeln für die Berechnung der Wartungsvorbereitungskosten, wie sie in den Gleichungen (15.25) bis (15.27) angegeben sind.
Ein weiteres Szenario, das in Abbildung 15.5 dargestellt wird, berücksichtigt den Fall, dass das System aufgrund von Sicherheitsanforderungen gestoppt wird, wenn Ssys ≤ DT. In diesem Fall ist die Wartungsvorbereitungszeit auf das Mindestmaß LTmin beschränkt, was zu den Wartungskosten CS4 = CSmax + CD × LTmin (15.28) führt. Die Kosten setzen sich hier aus den Wartungsvorbereitungskosten und den Produktionsverlusten zusammen.
Die Durchführung von Gruppenwartungen für mehrkomponentige Systeme führt in der Regel zu einer signifikanten Reduzierung der Wartungskosten. Hierbei müssen Komponenten, die ausfallen, repariert werden. Wenn die verbleibende Lebensdauer (RUL) einer Komponente unterhalb des Wartungsschwellenwerts Tm liegt, erfolgt präventive Wartung. Da sowohl die korrektive als auch die präventive Wartung als perfekt angesehen werden, wobei die reparierte Komponente nach der Wartung keinen Degradationsgrad mehr aufweist, übersteigt die Kosten der korrektiven Wartung die der präventiven Wartung. Die kumulierten Wartungskosten für alle Komponenten einer Wartungsaktivität werden gemäß der Formel ∑N CM = (Ccmi × Icmi + Cpmi × Ipmi) (15.29) berechnet. Hierbei werden die Kosten der korrektiven Wartung für jede Komponente und deren Status berücksichtigt.
Zur Optimierung jeder Wartungsstrategie wird der durchschnittliche Wartungskostenaufwand pro Zeiteinheit für das mehrkomponentige System analysiert, basierend auf der Formel CI × NC = I + CSZ + CMZ (1/TN + 5.30). Dabei sind TN die Betriebszeiten, TD die Ausfallzeiten, CI die Kosten einer Inspektion, NI die Summe der Inspektionszeiten, CSZ die Wartungsvorbereitungskosten und Produktionsverluste, die während der Wartung entstehen, und CMZ die Wartungskosten für alle Komponenten.
Die Entscheidungsfindung für die Wahl einer Wartungsstrategie umfasst die Festlegung des Inspektionsintervalls T, des Sicherheitszeitrahmens DT und des Wartungsschwellenwertes Tm. Verschiedene Wartungsstrategien, wie in Abbildungen 15.6 und 15.7 beschrieben, bieten unterschiedliche Ansätze zur Wartungsplanung, abhängig von den spezifischen Anforderungen und der Komplexität des Systems.
In Bezug auf die verschiedenen Wartungsstrategien zeigt die Fallstudie zu einem subsea tree system, dass die Wahl der optimalen Wartungsstrategie wesentlich zur Minimierung der Kosten und der Ausfallwahrscheinlichkeit beiträgt. Die Berechnungen und Abbildungen, die in dieser Fallstudie verwendet werden, ermöglichen es, den Einfluss der Wartungsstrategie auf die gesamten Systemkosten zu quantifizieren. Hierbei ist es wichtig, die spezifischen Parameter der Komponenten und deren Lebensdauer zu berücksichtigen, um die Wartungsstrategie effektiv anzupassen.
Ein besseres Verständnis der Wartungsprozesse und der Kostenstruktur wird durch die genaue Analyse der Zeitspannen zwischen Wartungsintervallen, den zu erwartenden Fehlerwahrscheinlichkeiten und den Auswirkungen auf die Produktionszeiten gefördert. Es ist entscheidend, sowohl präventive als auch korrektive Wartungsstrategien zu optimieren, um eine Balance zwischen den Wartungskosten und den Produktionsausfällen zu erreichen.

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