Die digitale Ära hat nicht nur das Wissen verbreitet, sondern auch die Verbreitung von Fake News und anderen Formen der Desinformation begünstigt. Obwohl die Meinungen darüber, was genau als Fake News gilt und welche Nachrichten diese Bezeichnung verdienen, variieren, besteht allgemeine Einigkeit darüber, dass Fake News eine ernsthafte Bedrohung für liberale Demokratien darstellen, da sie die Fähigkeit der Menschen untergraben, fundierte Entscheidungen zu treffen. Diese Tatsache wirft die Frage auf, wie wir uns gegen Fake News verteidigen können. Eine mögliche Verteidigungsstrategie besteht darin, den eigenen Nachrichtenkonsum zu reduzieren und sich sogar zeitweise ganz bestimmten Themen oder Quellen zu entziehen. Ich bezeichne diese Strategie als News-Abstinenz.

Die Gründe, die gewöhnlich für eine News-Abstinenz angeführt werden, sind häufig psychologischer und moralischer Natur. Es wird etwa darauf hingewiesen, dass der Konsum von Nachrichten oft Zeit verschwendet, die in produktivere oder erfüllendere Aktivitäten investiert werden könnte. Doch abgesehen von diesen praktischen Erwägungen stellt sich eine tiefere epistemische Frage: Welche Verantwortung tragen wir als epistemische Subjekte in Bezug auf die Informationen, die wir konsumieren, weiterverbreiten oder ablehnen? Diese Verantwortung könnte teilweise erklären, warum News-Abstinenz eine sinnvolle Antwort auf das Problem der Fake News darstellen kann.

In einer Welt, in der jeder Einzelne zur Verbreitung von Wissen oder Fehlinformation beiträgt, wenn er Nachrichten aufnimmt oder weitergibt, müssen wir uns fragen, ob wir nicht auch eine moralische Verpflichtung haben, dafür zu sorgen, dass die Informationen, die wir konsumieren und teilen, so weit wie möglich wahr und zuverlässig sind. In einer Zeit, in der die Entstehung von Echokammern und Filterblasen weit verbreitet ist, können wir nur schwerlich sicher sein, dass die Nachrichten, die wir erhalten, einer objektiven Wahrheit entsprechen. Dies bedeutet, dass wir als soziale Wesen, die in einer vernetzten Welt leben, auch epistemische Verantwortung tragen – nicht nur gegenüber uns selbst, sondern auch gegenüber anderen.

Das Konzept der „epistemischen Verantwortung“ umfasst die Pflicht, verantwortungsvoll mit Wissen und Informationen umzugehen. Wenn wir uns mit Fake News auseinandersetzen, müssen wir nicht nur den Unterschied zwischen wahr und falsch erkennen, sondern auch die sozialen Strukturen und Netzwerke berücksichtigen, die diesen Wissensaustausch prägen. Ein solches Verständnis der Epistemologie führt zu der Überlegung, dass die Lösung des Problems der Fake News nicht nur ein individuelles, sondern vor allem ein soziales Problem darstellt. Es reicht nicht aus, einfach nur auf Fake News zu reagieren – wir müssen auch die sozialen Mechanismen verstehen, die ihre Verbreitung begünstigen.

Hier spielt die News-Abstinenz eine wichtige Rolle. Sie ermöglicht es uns, uns aus den sozialen Netzwerken der Desinformation herauszuziehen und uns bewusst von Quellen zu distanzieren, die nicht zuverlässig sind oder die regelmäßig Fehlinformationen verbreiten. Diese Form der „Abstinenz“ könnte als ein Akt der epistemischen Verantwortung verstanden werden – ein Schritt hin zu einem verantwortungsvolleren Umgang mit den Medien und der Information, die wir konsumieren.

Die Strategie der News-Abstinenz ist jedoch nicht ohne ihre eigenen Herausforderungen. Einerseits kann sie als eine Form des Widerstands gegen die ständige Informationsflut gesehen werden, die uns tagtäglich überflutet. Andererseits kann diese Abstinenz auch zu einer Form der Ignoranz führen, wenn wir uns dazu entschließen, uns nur noch mit bestimmten Nachrichtenquellen zu beschäftigen und andere ganz zu meiden. Hier ist es wichtig, einen differenzierten Ansatz zu wählen: Abstinenz sollte nicht als völlige Ignoranz verstanden werden, sondern als ein bewusster Verzicht auf bestimmte Informationen, die nachweislich unser epistemisches Wohl schädigen.

Die Frage nach der Verantwortung in Bezug auf Fake News geht über die Frage hinaus, ob wir „die richtige“ Information finden können. Sie betrifft vielmehr, wie wir in einer Gesellschaft, die immer komplexer und vernetzter wird, als epistemische Subjekte miteinander interagieren. Welche ethischen und sozialen Verpflichtungen tragen wir, wenn es darum geht, den Informationsfluss zu regulieren? Wie weit reicht unsere Verantwortung, und wie können wir uns vor den negativen Auswirkungen von Fehlinformationen schützen, ohne uns in eine radikale Ignoranz zurückzuziehen?

Es ist unerlässlich, die sozialen und epistemischen Strukturen zu erkennen, die die Verbreitung von Fake News begünstigen, und zu verstehen, dass es nicht nur eine individuelle Aufgabe ist, sich vor Fake News zu schützen. Es ist eine kollektive Verantwortung, die jeder von uns im Rahmen seiner sozialen und epistemischen Interaktionen wahrnehmen muss.

Wie die „Aufmerksamkeit-Ökonomie“ Falschnachrichten prägt

Die aktuelle Diskussion um Falschnachrichten dreht sich nicht nur um die falsche Darstellung von Fakten, sondern auch um die gezielte Manipulation von Informationskonsumenten. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu verstehen, dass Falschnachrichten nicht nur irreführend sind, sondern auch eine bewusste, manipulative Gestaltung aufweisen. Um als Falschnachricht zu gelten, muss der Inhalt nicht nur in die Irre führen, sondern dies absichtlich und mit dem Ziel der Manipulation geschehen. Ein isolierter Lügenbericht, der von einer Einzelperson privat verbreitet wird, wäre in diesem Zusammenhang noch keine Falschnachricht. Ebenso wenig zählen die kleinen Verzerrungen, die in jedem journalistischen Umfeld vorkommen können, als Falschnachrichten. Erst das gezielte und systematische Ausnutzen von Erwartungen des Publikums bezüglich der Nachrichtenpräsentation macht den Unterschied.

Ein zentraler Aspekt von Falschnachrichten ist die Absicht, das Publikum zu manipulieren und zu einer bestimmten Reaktion zu bewegen, sei es durch politische Unterstützung, Diskriminierung oder die Verbreitung einer spezifischen Botschaft. Dies ist keine zufällige oder unbeabsichtigte Verzerrung, sondern eine bewusste Entscheidung, die auf die Schaffung von falschen oder verzerrten Inhalten abzielt. Die Phrase „by design“ unterstreicht diesen Punkt und macht deutlich, dass Falschnachrichten in einem modernen Kontext durch technologische, soziale und politische Entwicklungen eine neue Dimension erreicht haben.

Ein weiteres wesentliches Element der Falschnachrichtentheorie ist der Einfluss der heutigen Medienlandschaft. Die Art und Weise, wie Nachrichten produziert und konsumiert werden, hat sich durch die „Aufmerksamkeit-Ökonomie“ erheblich verändert. Nachrichten sind heute rund um die Uhr verfügbar, und die Konsumenten sind ständig mit neuen Informationen konfrontiert. Diese ständige Flut von Nachrichten kann zu einer Unsicherheit führen, die das Vertrauen in die eigenen Kenntnisse und Wahrnehmungen untergräbt. In einer Zeit, in der Nachrichten im Minutentakt aktualisiert werden, entsteht die Gefahr, dass Konsumenten sich unsicher über den Wahrheitsgehalt der Informationen fühlen, wenn sie nicht kontinuierlich auf dem neuesten Stand bleiben.

Diese Unsicherheit wird weiter verstärkt durch die Algorithmen, die die Nachrichtenströme auf Online-Plattformen steuern. Anstatt dass Inhalte aufgrund ihrer Relevanz und Genauigkeit priorisiert werden, zielt die Algorithmusoptimierung auf die Maximierung der Nutzerbindung ab. Dies bedeutet, dass die „trending“ Geschichten nicht unbedingt die sind, die den besten epistemischen Nutzen bieten, sondern die, die am meisten Interaktion erzeugen. Diese Entwicklung fördert die Verbreitung von Nachrichten, die eher auf Sensationslust abzielen und weniger auf der Vermittlung von verlässlichem Wissen.

Die Fragmentierung der Medienlandschaft trägt ebenfalls zur Entstehung von Falschnachrichten bei. Insbesondere in Ländern wie den USA hat die Zunahme von kabelgebundenen Nachrichtensendern zu einer stärkeren Politisierung und einseitigen Berichterstattung geführt. Nachrichtenkanäle wie Fox News haben sich klar auf eine politische Richtung festgelegt, was zu einer Spaltung der öffentlichen Meinung geführt hat. In anderen Ländern mit öffentlich-rechtlichen Sendern ist der Einfluss von parteiischen Nachrichten zwar weniger ausgeprägt, jedoch erleben auch diese Kanäle zunehmende Konkurrenz durch kommerzielle Anbieter und politische Bewegungen, die eine verzerrte Sichtweise der Realität verbreiten.

In der heutigen digitalen Ära hat die Rolle sozialer Medien und die Verfolgung von Nutzerdaten zu einem weiteren entscheidenden Faktor beigetragen. Soziale Netzwerke und die Erfassung von Nutzerdaten über verschiedene Plattformen hinweg ermöglichen es, Nachrichten und Inhalte gezielt auf die Vorlieben und Interessen der Nutzer zuzuschneiden. Dies schafft ein Umfeld, in dem Nutzer zunehmend in Echokammern gefangen sind, in denen nur noch Inhalte präsentiert werden, die ihre bestehenden Überzeugungen bestätigen, und das Vertrauen in objektive, unparteiische Nachrichtenquellen weiter schwindet.

Falschnachrichten entstehen also nicht nur aus der reinen Absicht, falsche Informationen zu verbreiten, sondern auch aus der systematischen Verzerrung des gesamten Informationsökosystems, das durch neue Medienmechanismen und Geschäftsmodelle verstärkt wird. Der Zugang zu schnellen, fortlaufend aktualisierten Nachrichten und die Fragmentierung der Medienlandschaft begünstigen die Verbreitung von Inhalten, die in erster Linie auf Emotionen und Aufmerksamkeit zielen, statt auf eine fundierte Wissensvermittlung.

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Konsumenten von Nachrichten sich der Mechanismen bewusst sind, die in der modernen Medienlandschaft wirken. Die Manipulation durch Falschnachrichten ist oft das Ergebnis eines Zusammenspiels von Geschäftsinteressen, technologischen Entwicklungen und politischen Zielen. Nur durch ein kritisches Hinterfragen der Quellen und eine reflektierte Auseinandersetzung mit den präsentierten Inhalten kann man der Manipulation durch Falschnachrichten entgegenwirken und eine informierte Entscheidung treffen.

Wie beeinflussen Fake News und Fehlinformationen die moderne Gesellschaft?

In der heutigen Zeit sind Fake News und Fehlinformationen ein zentrales Thema in der öffentlichen Diskussion. Sie beeinflussen nicht nur die Wahrnehmung von Ereignissen, sondern auch die Entscheidungsfindung und Meinungsbildung in der Gesellschaft. Die Herausforderung liegt nicht nur in der Identifikation von falschen Informationen, sondern auch in der Art und Weise, wie diese Informationen verbreitet werden und welche Auswirkungen sie auf das kollektive Wissen haben.

Die rasante Verbreitung von Fake News ist eng mit der Entwicklung des Internets und der sozialen Medien verbunden. Diese Plattformen bieten eine ideale Umgebung für die schnelle Verbreitung von Nachrichten, die oft nicht ausreichend überprüft oder absichtlich manipuliert sind. Dabei spielen Algorithmen eine entscheidende Rolle, da sie den Nutzern Inhalte vorschlagen, die deren bestehenden Überzeugungen und Interessen entsprechen. Dies führt zu sogenannten „Filterblasen“, in denen die Nutzer nur Informationen erhalten, die ihre Sichtweisen bestätigen und kritische oder widersprüchliche Perspektiven ausgeblendet werden.

Das Phänomen der Fake News ist nicht neu, aber in der heutigen digitalen Ära hat es eine neue Dimension erreicht. Der Begriff selbst bezeichnet absichtlich falsche oder irreführende Informationen, die verbreitet werden, um eine bestimmte Agenda zu fördern. Häufig werden Fake News als Teil von Propaganda eingesetzt, um politische oder soziale Meinungen zu beeinflussen. Besonders problematisch wird es, wenn diese Nachrichten in großen Mengen verbreitet werden und dabei eine Form von „Echokammer“ erzeugen, in der falsche Informationen immer wieder wiederholt und verstärkt werden.

Die gesellschaftlichen Folgen der Verbreitung von Fake News sind weitreichend. Sie können das Vertrauen in traditionelle Medien und Institutionen untergraben, zu Polarisierung führen und die öffentliche Meinungsbildung in eine gefährliche Richtung lenken. Besonders bedenklich ist dabei, dass in der heutigen Zeit immer mehr Menschen dazu neigen, sich Informationen aus Quellen zu holen, die ihrer eigenen Weltanschauung entsprechen, und dabei auf kritische Reflexion verzichten. Dies führt zu einer Verzerrung der Realität und einer wachsenden Kluft zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen.

Der Umgang mit Fehlinformationen erfordert einen bewussten und reflektierten Umgang mit den Medien. Eine der größten Herausforderungen besteht darin, zwischen wahrheitsgemäßen und falschen Nachrichten zu unterscheiden. Während traditionelle journalistische Prinzipien wie Objektivität und Balance immer noch eine wichtige Rolle spielen, ist es in der heutigen Zeit notwendig, sich zusätzliche Werkzeuge zur Überprüfung von Informationen anzueignen. Hierzu zählen etwa die Fähigkeit, Quellen kritisch zu hinterfragen, sowie die Bereitschaft, eigene Überzeugungen zu hinterfragen und zu korrigieren, wenn sich herausstellt, dass sie auf falschen oder unzuverlässigen Informationen beruhen.

Zudem ist es wichtig, den Einfluss von Social Media und die Algorithmen, die die Verbreitung von Nachrichten steuern, kritisch zu betrachten. Diese Plattformen sind oft nicht nur passive Kanäle für Nachrichten, sondern aktive Akteure, die durch ihre Struktur die Verbreitung bestimmter Informationen fördern oder behindern können. Die Geschwindigkeit und die Reichweite von Social Media machen es schwieriger, Fehlinformationen in Echtzeit zu erkennen und zu bekämpfen. Darüber hinaus beeinflussen sie die Art und Weise, wie Menschen Nachrichten konsumieren: statt sich auf tiefgründige und recherchierte Informationen zu stützen, werden häufig kurze, sensationelle Schlagzeilen bevorzugt.

Die politische Dimension der Fake News ist ebenfalls von großer Bedeutung. Besonders in Wahlzeiten oder während politischer Krisen wird die Manipulation von Nachrichten zunehmend zum Mittel der Wahl für Akteure, die ihre Machtpositionen sichern oder ausbauen wollen. Der Einsatz von Fake News zur Beeinflussung von Wahlen, wie es etwa im Fall der US-Wahlen 2016 zu beobachten war, zeigt, wie gefährlich dieses Phänomen für die Demokratie sein kann. In solchen Fällen sind Fake News nicht nur ein Problem der Wahrheit, sondern auch ein Angriff auf die Grundlagen der politischen Entscheidungsfindung.

Wichtig ist, dass es nicht nur um den Konsum von Informationen geht, sondern auch um deren Produktion. Medienproduzenten tragen eine große Verantwortung, da sie die Macht haben, die öffentliche Wahrnehmung zu formen. In einer Zeit, in der immer mehr Menschen ihre Nachrichten aus zweifelhaften Quellen beziehen, müssen Journalisten und Nachrichtenorganisationen ihre Standards wahren und sich dem Prinzip der Transparenz und der objektiven Berichterstattung verpflichtet fühlen. Gleichzeitig müssen sie sich bewusst sein, dass sie in einem wettbewerbsintensiven Markt agieren, in dem Klickzahlen oft mehr zählen als die Qualität der Informationen.

Die Auswirkungen von Fake News auf die Gesellschaft sind tiefgreifend und betreffen viele Bereiche des Lebens. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass sowohl die Konsumenten als auch die Produzenten von Nachrichten Verantwortung übernehmen. Ein kritischer und bewusster Umgang mit Informationen, gepaart mit einer starken Medienkompetenz, ist notwendig, um den Herausforderungen der Informationsgesellschaft in der digitalen Ära gerecht zu werden.

Die Unterscheidung zwischen Grenzarbeit und Paradigmenreparatur im Journalismus

Die Unterscheidung zwischen Grenzarbeit und Paradigmenreparatur mag auf den ersten Blick subtil erscheinen, jedoch bergen beide Konzepte unterschiedliche Schwerpunkte im Umgang mit Bedrohungen der journalistischen Normen. Während sich die Paradigmenreparatur auf die interne Verteidigung gegen Angriffe auf das journalistische Paradigma konzentriert, befasst sich die Grenzarbeit mit Bedrohungen, die von Akteuren an den Rändern des Journalismus ausgehen (Carlson & Lewis 2015). Beide Praktiken zielen darauf ab, die Normen des Journalismus zu stärken und seine Integrität zu bewahren. Allerdings sollte weder die eine noch die andere Praxis ausschließlich den Journalisten überlassen werden. Vielmehr ist es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, Verstöße gegen grundlegende Paradigmen der Wissensproduktion, der Überprüfbarkeit und des Wissenstransfers zu sanktionieren.

Die Bedeutung einer breiten gesellschaftlichen Verantwortung wird besonders im Kontext der sogenannten „Fake News“ deutlich. Hierbei kann Philosophie einen wichtigen Beitrag leisten, indem sie das Fehlen von Wahrheit und Wahrhaftigkeit bei der Verbreitung von Fake News herausstellt und dadurch die Notwendigkeit verdeutlicht, die Paradigmen von Wahrheit und Wahrhaftigkeit zu verteidigen. Diese Konzepte sind fundamentale Normen des Journalismus, die gegen Bedrohungen geschützt werden müssen. Es liegt in der Verantwortung aller gesellschaftlichen Akteure, solche Bedrohungen öffentlich zu benennen und zu kritisieren.

Eine klare Definition von Fake News ist notwendig, um die epistemischen Probleme, die mit ihrer Verbreitung einhergehen, besser zu verstehen und geeignete Gegenmaßnahmen zu entwickeln. Fake News können korrigiert werden, ihre Verbreiter können für ihre Unwahrhaftigkeit zur Rechenschaft gezogen werden, und epistemische Normen können verteidigt werden, indem man die Verbreitung von Fake News öffentlich kritisiert. Doch um dies effektiv zu tun, muss der Begriff von Fake News so präzise wie möglich formuliert werden, um das zugrunde liegende Phänomen klar zu verstehen und geeignete Gegenstrategien zu entwickeln. Diese Kapitelbeiträge leisten einen wichtigen Schritt in diese Richtung.

In Bezug auf die Definition von Fake News haben wir in diesem Kapitel versucht, verschiedene gängige Ansätze zu vergleichen und dabei das Spektrum ihrer praktischen Nützlichkeit und konzeptionellen Transparenz zu untersuchen. Viele Definitionen sind in ihren wesentlichen Aspekten sehr ähnlich und stimmen in ihrer Grundannahme überein: Fake News zeichnen sich durch das Fehlen von Wahrheit aus und werden oft mit problematischen Absichten veröffentlicht. Während einige Definitionen stärker epistemische Fragen in den Vordergrund stellen, fokussieren sich andere auf die mimetischen Merkmale von Fake News, die versuchen, „echte“ Nachrichten nachzuahmen.

Unsere Definition von Fake News, die in diesem Kapitel vorgestellt wurde, entspricht weitgehend den gängigen Definitionen, wenn man sie auf eine plausible Weise interpretiert. Der Streit um die genaue Definition von Fake News scheint letztlich weniger tiefgreifend zu sein als oft angenommen wird. Die überwiegende Mehrheit der Definitionen einigt sich darauf, dass Fake News ein Mangel an Wahrheit aufweisen und mit problematischen Absichten verbreitet werden. Die genaue Bedeutung und der Kontext, in dem Fake News auftauchen, sollten jedoch klar definiert und präzisiert werden, um die breiten epistemischen Herausforderungen, die mit ihrer Verbreitung verbunden sind, zu adressieren.

Ein weiteres wesentliches Element in der Auseinandersetzung mit Fake News ist die Rolle der Öffentlichkeit und der gesellschaftlichen Verantwortung. Es reicht nicht aus, Fake News nur durch journalistische Maßnahmen zu korrigieren oder zu widerlegen. Die Gesellschaft als Ganzes muss in den Prozess der Wahrheitsfindung und der Wahrung epistemischer Normen eingebunden werden. Die Diskussion über Fake News kann nicht nur den Medien überlassen werden; es ist eine gemeinsame Anstrengung aller gesellschaftlichen Akteure erforderlich, um sicherzustellen, dass die Grundlagen des Wissens und der Wahrheit nicht verwässert werden. Dies bedeutet, dass auch außerhalb des Journalismus Maßnahmen zur Wahrheitsfindung und zum Schutz der Normen des Wissens getroffen werden müssen.

Fake News und die Verschiebung von epistemischen Normen stellen eine ernsthafte Bedrohung für die Integrität der öffentlichen Diskussion dar. In diesem Zusammenhang sollten wir uns bewusst machen, dass die Verbreitung von Fake News nicht nur die Glaubwürdigkeit von Nachrichtenquellen untergräbt, sondern auch das Vertrauen in die Gesellschaft insgesamt gefährdet. Ohne eine klare und präzise Definition von Fake News wird es zunehmend schwieriger, gegen diese Bedrohung vorzugehen. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, den Begriff so zu formulieren, dass er die verschiedenen Dimensionen und Ausprägungen von Fake News berücksichtigt und somit eine gezielte und wirksame Bekämpfung ermöglicht.

Epistemische Unempfindlichkeit: Wie Nicht-Wissen und Bias den Erwerb von Wissen behindern

Epistemische Unempfindlichkeit bezieht sich im Wesentlichen auf das folgende Phänomen: ein schuldhaftes Fehlen von Bewusstsein für kontingente, nicht-epistemische (oder nicht direkt epistemische) Faktoren, die (zurecht oder zu Unrecht) den Erwerb epistemischer Güter wie Wissen, gerechtfertigtem wahrem Glauben oder Weisheit beeinträchtigen. Ein direkt epistemischer Faktor wird von indirekt epistemischen Faktoren durch die epistemische Untersuchung unterschieden.

Epistemische Untersuchungen sind Versuche eines Agenten, oder mehrerer Agenten, epistemische Güter zu erlangen. Ein direkt epistemischer Faktor im Zusammenhang mit einer epistemischen Untersuchung ist ein Faktor, der (für sich allein genommen) einen Grund bietet, in einer für die Untersuchung relevanten Proposition mehr oder weniger Vertrauen zu haben. Direkt epistemische Faktoren sprechen also die Wahrheit oder Falschheit von Propositionen an. Indirekt epistemische Faktoren hingegen sind von Bedeutung, weil sie Aufschluss über die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Untersuchung geben. Das Erlernen indirekter epistemischer Informationen kann das Vertrauen eines Agenten in den Erfolg einer Untersuchung entweder erhöhen oder verringern, wobei diese Faktoren nicht die Wahrheit einer Proposition betreffen, sondern die Wahrscheinlichkeit, dass ein Agent wahre Überzeugungen über sie erwirbt.

In einer Welt von vollkommen rationalen Agenten, die gegen irrelevante epistemische Einflüsse immun sind, wäre epistemische Unempfindlichkeit von geringem oder keinem Interesse. In dieser epistemischen Utopie würden nicht-epistemische Faktoren niemals den Erwerb von Wissen gefährden. Doch in der tatsächlichen Welt werden die Überzeugungen der Agenten häufig von epistemisch irrelevanten Kräften beeinflusst, die nichts mit der Wahrheit oder Falschheit einer untersuchten Proposition zu tun haben. Zudem können auch Agenten, die sich ihrer epistemischen „schlechten Gewohnheiten“ bewusst sind, in diese Falle tappen. Zu den mächtigen, aber irrelevanten epistemischen Einflüssen gehören:

  • Bestätigungsfehler: Wir neigen dazu, Überzeugungen zu glauben, die unsere Weltanschauung oder Erwartungen bestätigen, unabhängig von den Beweisen.

  • Ablenkbarkeit: Epistemische Aktivitäten, die wir als langweilig empfinden oder die unter ungünstigen Bedingungen (z. B. bei Müdigkeit oder emotionaler Erschöpfung) stattfinden, führen eher zu einem epistemischen Misserfolg.

  • Persönliche Vorurteile: Zeugenaussagen von Personen, die wir mögen oder respektieren, erhöhen unsere Bereitschaft zu glauben, während Aussagen von denen, die wir nicht mögen, diese Bereitschaft verringern.

  • Rachsucht: Wir neigen dazu zu glauben, dass diejenigen, die wir ablehnen, nicht nur anders glauben als wir, sondern auch falsche Überzeugungen haben.

  • Schutzbedürftigkeit: Eine Unterkategorie des Bestätigungsfehlers, bei der wir zögern, Überzeugungen zu glauben, die unseren Werten widersprechen.

  • Abwehrhaltung: Informationen, die uns mit Unhöflichkeit oder Respektlosigkeit übermittelt werden, neigen dazu, weniger geglaubt zu werden, unabhängig von ihrer Beweiskraft.

Weise epistemische Diskussionen erfordern ein Bewusstsein für und eine Sensibilität gegenüber den epistemischen Mängeln der Gesprächspartner. Sensible Agenten erkennen, schätzen und berücksichtigen die epistemischen Fehler ihrer Interlokutoren. Diese Sensibilität ist von Bedeutung für diejenigen, die die epistemischen Leben anderer positiv beeinflussen möchten, denn ohne sie verringern sich die Chancen, diesen Einfluss auszuüben. Ein Beispiel verdeutlicht, wie solche Mängel den Wissenszugang beeinflussen können:

Professor A hat eine strenge „keine verlängerten Fristen“-Regelung. Student B, der bislang ein hervorragender Student war, bittet Professor A um eine Verlängerung der Frist aufgrund einer außergewöhnlichen und belastenden persönlichen Situation. Professor A bleibt jedoch bei seiner Regel und verweigert eine Fristverlängerung. Student B wird verunsichert und überfordert, gibt die Aufgabe letztlich auf, und seine akademische Leistung fällt im weiteren Verlauf des Semesters deutlich ab. In diesem Fall könnte man argumentieren, dass Professor A epistemisch unempfindlich gehandelt hat. Die persönlichen Umstände von Student B sind nicht direkt epistemische Merkmale, da sie keine direkte Auswirkung auf die Wahrheit oder Falschheit von Propositionen haben. Sie sind jedoch relevant für die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Agent (Student B) epistemische Güter erlangen wird. Ein epistemisch sensibler Professor hätte diese Umstände erkannt und versucht, den negativen Einfluss auf Student B zu verringern. Indem er diese Sensibilität ignoriert, verpasst Professor A die Möglichkeit eines bedeutungsvollen epistemischen Austauschs, der seine Lehrmethoden verbessern könnte.

Trotz der ungewissen Konsequenzen aus der Perspektive eines „allwissenden Blicks“ ist die Entscheidung eines Agenten, in Übereinstimmung mit den vorliegenden Informationen zu handeln, immer die beste Wahl. Auch wenn die Sonderregelung für Student B das epistemische Zustand nicht verbessert hätte, wäre es dennoch sensibel gewesen, dieser Bitte nachzukommen, während die Weigerung, dies zu tun, unempfindlich bleibt.

Epistemische Unempfindlichkeit und deren Auswirkungen können auch politische und soziale Diskurse prägen. Ein Beispiel aus der politischen Landschaft zeigt, wie solche Dynamiken entstehen können. Es gibt einen zunehmenden Vertrauensverlust in Eliten, besonders im konservativen Lager, der nach der Wahl von Donald Trump verstärkt wurde. Dieser Misstrauensvorschuss richtet sich oft gegen die Medien, wissenschaftliche Experten oder Politiker, die den Werten von Trump nicht zustimmen. Ein Aspekt dieses Misstrauens könnte durch epistemische Unempfindlichkeit verstärkt werden. Wenn Experten wie Samuel versuchen, Sunny von der Wahrheit der Evolution zu überzeugen, während sie gleichzeitig dessen religiösen Überzeugungen und Werte missachten, entsteht ein Spannungsverhältnis, das den Austausch behindert. Die Werte eines Individuums, wie etwa der Schutz des eigenen Weltbildes, beeinflussen, wie neue Informationen verarbeitet und geglaubt werden. Wenn die Präsentation von Wissen oder Argumenten die Werte eines Empfängers nicht berücksichtigt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das Wissen abgelehnt wird – auch wenn die Fakten unumstößlich sind.

Ein weiteres Beispiel für epistemische Unempfindlichkeit zeigt sich in der Reaktion auf konservative und liberale Wertekonflikte. Akademiker, die sich mit Themen wie Gerechtigkeit und Gleichheit identifizieren, zeigen oft eine Abwehrhaltung gegenüber Ideen, die als Bedrohung für diese Werte wahrgenommen werden. Umgekehrt sind konservative Gruppen oft abwehrend gegenüber wissenschaftlichen oder politischen Theorien, die im Widerspruch zu ihren traditionellen Überzeugungen stehen. Ein fehlendes Verständnis dieser epistemischen Dynamiken kann die Kommunikation und den Dialog in einer pluralistischen Gesellschaft erheblich erschweren.