Das Testaufbau für Ermüdungsversuche an Formgedächtnislegierungsdrähten (SMA-Drähten) umfasst drei parallele Kanäle, die eine simultane Prüfung von drei Drähten ermöglichen. Jeder Kanal besteht aus einem festen und einem beweglichen Lager, zwischen denen der Draht eingespannt wird. Die Verbindungstechnik folgt einer standardisierten Richtlinie (VDI 2248), um reproduzierbare und vergleichbare Bedingungen zu gewährleisten. Am beweglichen Lager können verschiedene Lasten als Rückstellelemente angebracht werden. Die gemessenen Parameter umfassen neben dem Hubweg (Verdrängung), der mittels Lasersensor erfasst wird, elektrische Strom- und Spannungswerte, Änderungen der Gewichtskraft sowie die Temperatur im Versuchsgehäuse, das konvektive und Umwelteinflüsse minimiert.
Die Testlänge der Drähte beträgt etwa 110 mm, wobei die effektive Länge zwischen den Lagern 90 mm beträgt. Alle Drähte sind unter der gleichen Vorspannung belastet. Während der Ermüdungsprüfung wird der Draht zyklisch belastet und durch elektrische Aktivierung über die Austenit-Starttemperatur erhitzt, was zur Bewegung des Gewichts führt. Anschließend erfolgt eine Abkühlphase, in der das Gewicht den Draht erneut dehnt. Neben den mechanischen Größen wie Spannung und Verformung sind elektrische Größen wie Widerstand, der über das Ohmsche Gesetz berechnet wird, sowie Zeitdauer von Aktivierungs- und Abkühlphasen wichtige Messgrößen.
Die exemplarischen Messdaten zeigen, dass bei Anlegen einer Spannung von etwa 1,7 V die Formgedächtniseigenschaft (SME) ausgelöst wird: Der Draht zieht das Gewicht in kurzer Zeit (ca. 2 Sekunden) um etwa 3,2 mm (3,6 % Dehnung) hoch. Während der Abkühlphase wird der Draht durch das Gewicht zurückgezogen, was eine hohe Zyklusrate und damit eine beschleunigte Testdurchführung ermöglicht. Dieses Prinzip erlaubt die effiziente Durchführung von Ermüdungstests.
In einer Fallstudie wurde untersucht, ob die drei parallelen Testkanäle vergleichbare Versagensmuster aufweisen. Bei 12 Drähten pro Kanal (0,3 mm Durchmesser, 300 MPa Last, 2,7 V Spannung, 1 s Aktivierungs- und 12 s Abkühlzeit) zeigte sich, dass die Kanäle 2 und 3 ähnliche Mittelwerte und Streuungen bei den Zyklen bis zum Versagen aufweisen. Kanal 1 hingegen wies eine signifikant höhere mittlere Lebensdauer und eine größere Streuung auf. Ein Kruskal-Wallis-Test bestätigte mit 95 % Wahrscheinlichkeit eine statistisch signifikante Differenz. Paarweise Tests zeigten, dass Kanal 1 sich deutlich von den anderen Kanälen unterscheidet. Daraus folgt, dass eine Reduktion des Prüfaufwands, etwa durch einen „Sudden Death“-Test, hier nicht zulässig ist, da die Zuverlässigkeit der Daten nicht gewährleistet wäre.
Eine zweite Fallstudie analysierte die Lebensdauer von Drähten unter beschleunigter Belastung mit verschiedenen Stromstärken (0,6 A bis 1,4 A) bei 0,28 mm Durchmesser und 350 MPa Last. Mithilfe einer synthetischen Erweiterung der Stichprobe auf 12 Datenpunkte und einer Weibull-Verteilungsanpassung mittels Maximum-Likelihood-Methodik konnten charakteristische Lebensdauerprofile für jede Stromstärke dargestellt werden. Die Lebensdauer nimmt mit steigendem Strom deutlich ab, was die Beschleunigung des Versagensprozesses verdeutlicht. Die Form der Ausfallkurven variiert: Die Kurve bei 1,0 A zeigt eine stärkere Steigung, während die übrigen nahezu parallel verlaufen, was auf ein unterschiedliches Versagensverhalten hinweist. Die Genauigkeit der Weibull-Anpassung ist bei 0,6 A, 1,0 A und 1,4 A am höchsten, während die Modelle bei 0,8 A und 1,2 A größere Abweichungen zeigen, vermutlich bedingt durch die geringe Stichprobengröße. Diese Unsicherheit muss bei der Interpretation berücksichtigt werden.
Neben den Messdaten ist die einheitliche und standardisierte Versuchsdurchführung entscheidend für die Vergleichbarkeit der Testergebnisse. Die präzise Kontrolle und Aufzeichnung von Temperatur, elektrischer Spannung und Strom, mechanischer Belastung sowie der Zykluszeiten gewährleisten reproduzierbare Bedingungen. Nur so können Ausfallmechanismen sicher identifiziert und belastbare Lebensdauerprognosen erstellt werden. Die Kenntnis der Verteilung der Lebensdauer, etwa durch die Weibull-Verteilung, ermöglicht zudem eine fundierte Risikobewertung und Zuverlässigkeitsanalyse.
Es ist essenziell, den Einfluss von Messunsicherheiten und Probenheterogenität auf das Ergebnis kritisch zu hinterfragen. Die statistische Auswertung, wie der Einsatz nichtparametrischer Tests bei nichtnormalverteilten Daten, sollte immer Teil der Analyse sein. Ebenso ist der Einfluss der Last- und Temperaturzyklen auf das Mikrogefüge der SMA-Drähte sowie mögliche Degradationsmechanismen zu berücksichtigen, um physikalisch fundierte Rückschlüsse zu ermöglichen. Langzeitverhalten und dynamische Beanspruchung sind komplexe Phänomene, die über einfache Lebensdauermodelle hinaus untersucht werden müssen. Nur durch die Kombination von experimentellen Daten, statistischer Analyse und Materialwissenschaft kann ein umfassendes Verständnis für die Zuverlässigkeit von Formgedächtnislegierungen erreicht werden.
Innovationen der Simulationstechniken in der Zuverlässigkeitsingenieurtechnik und ihre Anwendung
Im Bereich der Zuverlässigkeitsingenieurtechnik haben sich in den letzten Jahrzehnten verschiedene Simulationstechniken weiterentwickelt, die eine immer präzisere Analyse und Vorhersage der Systemzuverlässigkeit ermöglichen. Zu den innovativsten und am häufigsten eingesetzten Methoden gehören die Monte-Carlo-Simulation (MCS), die Fehlerbaumanalyse (FTA), die Finite-Elemente-Methode (FEM) sowie Multi-Agenten-Systeme (MAS). Jede dieser Techniken bringt besondere Vorteile mit sich und kann in unterschiedlichen Szenarien angewendet werden, um die Zuverlässigkeit von komplexen Systemen zu bewerten und zu optimieren.
Die Monte-Carlo-Simulation (MCS) gehört zu den bekanntesten Verfahren in der Zuverlässigkeitsanalyse. Sie wird besonders dann eingesetzt, wenn analytische Lösungen schwer oder gar nicht erreichbar sind. Durch zufällige Stichproben simuliert die MCS das Verhalten von Systemen, meist in Bezug auf Ausfallzeiten oder andere relevante Systemmerkmale. Besonders bei Systemen mit mehreren Komponenten, die unterschiedlichen Ausfallraten unterliegen, hat sich die Monte-Carlo-Simulation als äußerst nützlich erwiesen. Sie ist beispielsweise bei der Untersuchung von Prozessen, die Degradationen oder abhängige Ausfallraten aufweisen, von zentraler Bedeutung.
Eine weitere wichtige Methode ist die Fehlerbaumanalyse (FTA), ein deduktiver Ansatz, der hilft, die möglichen Ursachen von Systemfehlern auf oberster Ebene zu identifizieren. FTA ist besonders in sicherheitskritischen Systemen von Bedeutung, wie etwa in der Luftfahrt oder der Kernkrafttechnik, wo es von entscheidender Bedeutung ist, die Ursachen potenzieller Fehler zu verstehen und entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Durch die Quantifizierung der Wahrscheinlichkeit unterschiedlicher Fehler-Szenarien kann FTA helfen, kritische Komponenten eines Systems zu identifizieren und so die Systemzuverlässigkeit zu verbessern.
Die Finite-Elemente-Methode (FEM) ist ein weiteres wichtiges Werkzeug, das in der Zuverlässigkeitsingenieurtechnik zum Einsatz kommt. Mit dieser numerischen Technik lassen sich physikalische Systeme analysieren, die durch nichtlineare partielle Differentialgleichungen beschrieben werden. FEM wird vor allem bei der Analyse komplexer Strukturen und Materialien genutzt, da es ermöglicht, ein System in kleinere, einfachere Teile – die sogenannten finiten Elemente – zu zerlegen und so verschiedene physikalische Phänomene wie Stress, Wärmeverteilung und Vibrationen zu untersuchen. In Kombination mit der Zuverlässigkeitsbewertung ist FEM besonders dann von Bedeutung, wenn es um die Berechnung der Lebensdauer von Bauteilen unter extremen Belastungsbedingungen geht.
Multi-Agenten-Systeme (MAS) wiederum bieten ein innovatives Konzept zur Analyse der Zuverlässigkeit komplexer Systeme, bei denen mehrere autonome Komponenten oder Subsysteme miteinander interagieren müssen, um die Systemzuverlässigkeit zu gewährleisten. Diese Systeme passen sich dynamisch an Veränderungen an, erkennen Fehler und koordinieren Reparaturen oder Optimierungen in einer verteilten und autonomen Weise. Besonders in der Robotik und der automatisierten Fertigung spielen MAS eine bedeutende Rolle, da sie in der Lage sind, kollektive Verhaltensweisen zu modellieren, wie etwa Kaskadenfehler oder systemweite Ausfälle.
Ein weiteres innovatives Konzept, das zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist der sogenannte „Digitale Zwilling“. In der Zuverlässigkeitsingenieurtechnik bezeichnet dieser Begriff ein dynamisches, virtuelles Modell eines physischen Systems, das mit Echtzeitdaten, Simulationen und Analysen arbeitet, um die Systemleistung und das Verhalten zu prognostizieren. Der digitale Zwilling ermöglicht eine genauere, detailliertere und zeitnahe Analyse der Systemzuverlässigkeit. Er kann etwa dabei helfen, Ausfälle vorherzusagen, Wartungsstrategien zu optimieren oder die Systemleistung zu verbessern. Das Modell wird kontinuierlich mit Echtzeitdaten des physischen Systems aktualisiert, sodass Ingenieure das System in Echtzeit überwachen und optimieren können.
Der digitale Zwilling findet Anwendung in zahlreichen Bereichen, darunter Luftfahrt, Fertigung, Energietechnik und auch in der Automobilindustrie. So wird beispielsweise in der Unfallforschung von Fahrzeugen häufig ein digitaler Zwilling genutzt, um Verkehrsunfälle zu rekonstruieren und die Deformationen von Fahrzeugstrukturen bei Kollisionen zu simulieren. Ein weiteres Beispiel ist die Entwicklung von automatisierten Fahrzeugen und Fahrerassistenzsystemen, wo die Sicherheit durch Simulationen bei extrem niedrigen Wahrscheinlichkeiten von Verkehrsunfällen gewährleistet wird.
Beschleunigte Lebensdauertests (Accelerated Life Testing, ALT) spielen ebenfalls eine zentrale Rolle in der Zuverlässigkeitsanalyse von sicherheitskritischen Systemen. Sie helfen dabei, die Lebensdauer von Produkten und Systemen zu bestimmen, die über Jahre hinweg zuverlässig funktionieren müssen. Bei diesen Tests wird das Produkt unter übermäßigen Belastungen getestet, um das Alterungsverhalten innerhalb eines kürzeren Zeitrahmens zu simulieren. Ziel ist es, die realen Ursachen für Schäden und Ausfälle frühzeitig zu erkennen. Hierbei wird zwischen qualitativen und quantitativen Tests unterschieden. Während qualitative Tests (High Accelerated Life Testing, HALT) darauf abzielen, Ausfallursachen schnell zu provozieren, wird bei ALT innerhalb der Spezifikationsgrenzen des Produkts gearbeitet, was eine realistische Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den Betrieb ermöglicht.
Schließlich wird die Szenariobasierte Simulation als weitere Methode zur Analyse der Zuverlässigkeit komplexer Systeme angewendet. Insbesondere in sicherheitskritischen Bereichen, in denen zahlreiche Komponenten miteinander interagieren, ist es entscheidend, spezifische Risikoszenarien zu identifizieren. Diese Szenarien können dann gezielt analysiert werden, um die Wahrscheinlichkeit eines Systemversagens zu reduzieren. Ein typisches Beispiel ist die Analyse von Verkehrssituationen im Zusammenhang mit autonomen Fahrzeugen, bei denen kritische Szenarien wie Spurwechsel oder Interaktionen an Kreuzungen besonders berücksichtigt werden müssen.
Der Einsatz dieser modernen Simulationstechniken revolutioniert die Zuverlässigkeitsingenieurtechnik, indem er eine genauere und effizientere Analyse von Systemen ermöglicht. Diese Verfahren sind von entscheidender Bedeutung, wenn es darum geht, die Zuverlässigkeit, Sicherheit und Lebensdauer von Produkten und Systemen zu gewährleisten. Darüber hinaus erlauben sie eine präzisere Planung von Wartungsstrategien und die frühzeitige Erkennung von Ausfällen, was letztlich zu einer besseren Systemleistung und einer geringeren Ausfallrate führt.

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