Beweisstrategien gehören zu den grundlegenden Themen der Logik, weshalb die Verwendung von logischen Symbolen in der Darstellung dieser Strategien durchaus sinnvoll ist. Oft gibt es mehrere Wege, wie ein logischer Operator verbal formuliert werden kann. Zum Beispiel wird „wenn“ in der Mathematik häufig durch „so dass“ oder „wann“ ersetzt. Der Einsatz des Symbols ⇒ in der Beweisstrategie 1.4 hilft zu verdeutlichen, dass es hier um die logische Struktur einer Implikation geht, und nicht um die konkrete Wortwahl. Der Fokus liegt darauf, die zugrundeliegende Struktur eines Beweises korrekt zu verstehen, und nicht nur darauf, wie man die Sprache anpasst.

Anhand der Beweisstrategie 1.4 wollen wir eines der Streichgesetze der Algebra zeigen. Dazu betrachten wir den Beweis des Theorems 1.3, wobei der erste Teil des Beweises gezeigt wird und der zweite als Übung bleibt. Angenommen, wir haben a+c=b+ca + c = b + c. Da cc eine reale Zahl ist, existiert für cc ein additives Inverses c-c. Aus unserer Annahme folgt dann:

a+c+(c)=b+c+(c)a + c + (-c) = b + c + (-c)

Da c+(c)=0c + (-c) = 0 (nach Definition der additiven Inversen), können wir schlussfolgern, dass:

a+0=b+0a + 0 = b + 0

Und da 00 die additive Identität ist, folgt schließlich:

a=ba = b

In diesem Beweis haben wir bewusst darauf geachtet, unsere Argumentation mit geeigneten rechtfertigenden Aussagen zu untermauern. Ein entscheidender Punkt hierbei ist die Beobachtung, dass das Streichgesetz hier aus der Annahme folgt, dass jede reale Zahl ein additives Inverses hat. Wir haben jedoch nicht explizit die assoziative Eigenschaft der Addition erwähnt, obwohl wir sie in diesem Beweis verwendet haben. Zum Beispiel haben wir den Ausdruck a+c+(c)a + c + (-c) geschrieben, anstatt die Addition zuerst als (a+c)+(c)(a + c) + (-c) zu formulieren und dann zu zeigen, dass dieser Ausdruck auch als a+(c+(c))a + (c + (-c)) umgeschrieben werden kann.

Die Entscheidung, wie detailliert ein Beweis formuliert werden soll, ist immer eine Frage des Kontextes und des Publikums. Bei erfahrenen Mathematikern und im fortgeschrittenen Stadium eines Studiengangs kann der Beweis wesentlich kürzer und prägnanter ausfallen, als dies in den frühen Kapiteln eines Buches der Fall ist. In der Praxis eines Mathematikers besteht der wichtigste Aspekt darin, zu überprüfen, ob der Beweis vollständig und korrekt ist – oft mit Papier und Stift, um etwaige ausgelassene Details selbst nachzuvollziehen.

Ein weiteres Merkmal der mathematischen Argumentation ist die Verwendung der Nummerierung von Axiomen, Theoremen und Beispielen. So könnte man im obigen Beweis etwa auf Axiom 1.1(6) verweisen, um die Existenz von c-c und die Tatsache, dass c+(c)=0c + (-c) = 0 gilt, zu belegen. Allerdings macht es wenig Sinn, solche Verweise nur anhand von Nummern zu verwenden, besonders wenn man einen Beweis in einer Übung formuliert. Stattdessen sollte man die Ergebnisse, die man verwendet, mit eigenen Worten paraphrasieren.

Im Beweis des Theorems 1.5, das die Regel besagt, dass für jede reale Zahl aa gilt 0a=00a = 0, verwenden wir das Prinzip der universellen Quantifizierung. Ein solcher Satz wird durch Formulierungen wie „für alle“, „für jedes“ oder „für jede“ ausgedrückt und symbolisch mit \forall versehen. In der formalen logischen Darstellung würde das Theorem folgendermaßen lauten:

aR,0a=0\forall a \in \mathbb{R}, 0a = 0

Die Beweisstrategie 1.6 gibt uns eine Methode, um einen solchen allgemeinen Satz zu beweisen. Um eine Aussage der Form xA,P(x)\forall x \in A, P(x) zu beweisen, nehmen wir ein beliebiges Element xx der Menge AA und zeigen, dass die Aussage P(x)P(x) für dieses beliebige xx wahr ist. Im Beweis des Theorems 1.5 wählen wir einen beliebigen, aber konkreten Wert für aa und zeigen, dass 0a=00a = 0. Dabei nutzen wir die distributive Eigenschaft der Multiplikation und Addition:

0a+0a=(0+0)a=0a=0a+00a + 0a = (0 + 0)a = 0a = 0a + 0

Durch die Anwendung der additiven Streichung ergibt sich schließlich 0a=00a = 0.

Die Wahl des anonymen Elements aa (wir sprechen von einer „beliebigen“ Zahl) ist dabei entscheidend. Wir legen aa nicht auf einen konkreten Wert fest, weil der Beweis für jede reale Zahl gelten soll. Auch wenn es immer wieder möglich ist, die Beweisführung später zu kürzen (etwa mit der Formulierung „Sei aa eine reale Zahl“), bleibt die Struktur der Argumentation unverändert, um die allgemeine Gültigkeit des Theorems zu zeigen.

Ein weiteres bedeutendes Konzept in der Mathematik ist das der Eindeutigkeit. In vielen Fällen müssen wir zeigen, dass ein mathematisches Objekt eindeutig ist, also dass es genau ein Element gibt, das eine bestimmte Eigenschaft besitzt. In solchen Fällen folgt man einer typischen Strategie, die in Beweisstrategie 1.7 zusammengefasst ist: Wir nehmen an, dass es zwei Objekte gibt, die diese Eigenschaft besitzen, und zeigen dann, dass diese beiden Objekte in Wahrheit dasselbe sind.

Dies zeigt sich im Beweis des Theorems 1.8, dass die Zahl 00 die einzige additive Identität der realen Zahlen ist. Wenn zz eine additive Identität wäre, dann müsste gelten, dass 0+z=00 + z = 0 und gleichzeitig 0+z=z0 + z = z. Da beide Aussagen wahr sind, folgt, dass z=0z = 0.

Das Verständnis solcher Beweise, insbesondere der Unterscheidung zwischen „beliebigen“ und „speziellen“ Objekten, ist für das mathematische Denken von zentraler Bedeutung. Durch die Verwendung von Definitionen in Beweisen kann die Argumentation oft stark vereinfacht und formalisiert werden.

Wie man den Grenzwert einer Funktion präzise definiert und beweist: Eine mathematische Perspektive

Die präzise Definition eines Grenzwerts einer Funktion in der Mathematik ist von zentraler Bedeutung für die rigorose Untersuchung von Funktionen und deren Verhalten. Sie beschreibt, wie sich die Werte einer Funktion verhalten, wenn die Eingabewerte sich einem bestimmten Punkt annähern. Diese Definition basiert auf der Konzeptualisierung der Nähe zu einem Zielwert (dem Grenzwert) und der Kontrolle dieser Nähe mithilfe von zwei Variablen: ε (epsilon) und δ (delta).

Die klassische Definition eines Grenzwerts lautet: Eine Funktion f(x) hat einen Grenzwert L, wenn für jede noch so kleine positive Zahl ε > 0 eine Zahl δ > 0 existiert, so dass für alle x, die sich innerhalb des Intervalls (p - δ, p + δ) befinden (außer dem Punkt p selbst), die Funktion f(x) innerhalb des Intervalls (L - ε, L + ε) liegt. Formal ausgedrückt:

limxpf(x)=Lgenau dann, wennϵ>0δ>0:wenn0<xp<δ,dannf(x)L<ϵ.\lim_{x \to p} f(x) = L \quad \text{genau dann, wenn} \quad \forall \, \epsilon > 0 \, \exists \, \delta > 0 : \text{wenn} \, 0 < |x - p| < \delta, \text{dann} \, |f(x) - L| < \epsilon.

Diese Definition fordert, dass für jede beliebige Präzision (repräsentiert durch ε) ein passendes Intervall um den Punkt p existiert (bestimmt durch δ), in dem die Funktionswerte von f(x) innerhalb eines engen Rahmens um L liegen.

Ein einfaches Beispiel für die Anwendung dieser Definition ist der Fall der Funktion f(x) = x, die für jedes x ∈ ℝ definiert ist. Angenommen, wir möchten beweisen, dass der Grenzwert von f(x) = x für x → p gleich p ist. Die Wahl von δ = ε stellt sicher, dass |f(x) − p| = |x − p| < ε für 0 < |x − p| < δ, was die Definition des Grenzwerts erfüllt. Dieses Beispiel zeigt, wie man mit der ε-δ-Definition die Annäherung an den Grenzwert konkret und rigoros belegen kann.

Ein weiteres wichtiges Konzept im Zusammenhang mit Grenzwerten ist die Charakterisierung von Grenzwerten durch Nachbarschaften. Nach dem Satz von Theorem 12.4 wird der Grenzwert einer Funktion als eine Bedingung beschrieben, die für jede noch so kleine Umgebung von L eine entsprechende Umgebung von p existiert, so dass alle Punkte innerhalb dieser Umgebung, abgesehen von p, auf Werte abgebildet werden, die in der angegebenen Umgebung von L liegen. Diese Sichtweise bringt den Grenzwert als ein Problem der topologischen Nachbarschaft in den Fokus, wo es darum geht, wie sich die Funktionswerte für Werte in der Umgebung eines Punktes verhalten.

Ein Beispiel für diese Art der Charakterisierung wäre der Beweis, dass limx23x+1=7\lim_{x \to 2} 3x + 1 = 7. Angenommen, ε > 0 und δ = ε/3, dann zeigt sich, dass für x im Intervall (2 − ε/3, 2 + ε/3) − {2}, die Funktion 3x + 1 innerhalb der gewünschten Präzision von L = 7 liegt, was den Grenzwertbeweis bestätigt.

Neben der grundsätzlichen Definition und den damit verbundenen Beweisen ist es wichtig, die Einzigartigkeit von Grenzwerten zu beachten. Theorem 12.5 stellt fest, dass eine Funktion nicht mehr als einen Grenzwert an einem bestimmten Punkt haben kann. Das bedeutet, wenn eine Funktion für denselben Punkt zwei verschiedene Grenzwerte L und M hätte, müsste es notwendigerweise gelten, dass L = M. Diese Tatsache ist entscheidend für die mathematische Konsistenz und das Verständnis von Funktionen, insbesondere in der Analysis.

In der Praxis können bei der Anwendung der ε-δ-Definition zur Überprüfung eines Grenzwerts verschiedene Strategien von Nutzen sein. Zum Beispiel kann es hilfreich sein, die Funktion umzuformulieren, sodass der Ausdruck f(x) − L explizit in Form von x − p erscheint. Dies ermöglicht es, die Beziehung zwischen den Abständen |f(x) − L| und |x − p| zu kontrollieren und damit den Grenzwertbeweis zu vereinfachen.

Ein anschauliches Beispiel für diese Vorgehensweise ist der Beweis, dass limx2x2=4\lim_{x \to 2} x^2 = 4. Um diesen Grenzwert zu überprüfen, kann der Ausdruck |x² − 4| als |(x − 2)(x + 2)| umgeformt werden. Diese Umformulierung zeigt, dass die Begrenzung von |x² − 4| durch |x − 2| und |x + 2| möglich ist, wobei |x − 2| eine zentrale Rolle spielt, die präzise gesteuert werden muss, um die geforderte Präzision ε zu erreichen.

Zusätzlich muss bei solchen Beweisen oft auch die Frage betrachtet werden, wie man verschiedene Terme in der Ungleichung |f(x) − L| < ε handhabt. In vielen Fällen erfordert dies die geschickte Auswahl von δ, sodass alle relevanten Terme im Ausdruck für |f(x) − L| die gewünschte Ungleichung erfüllen. Die Anwendung von Ungleichungen wie der Dreiecksungleichung und der Wahl geeigneter δ-Werte ist dabei unerlässlich, um den Grenzwert korrekt zu beweisen.

Schließlich ist es von Bedeutung, dass die Definition des Grenzwerts nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis und in der Anwendung von Funktionen in verschiedenen Bereichen der Mathematik und Naturwissenschaften verwendet wird. Die Fähigkeit, Grenzwerte präzise zu definieren und zu beweisen, ist eine grundlegende Fertigkeit in der Mathematik, die zu einem tieferen Verständnis von Funktionen und deren Verhalten führt.

Wie funktioniert der Satz von Cauchy und wie führt er zu L’Hôpitals Regel?

Der Satz von Cauchy stellt eine wichtige Verallgemeinerung des Mittelwertsatzes der Differentialrechnung dar. Er besagt, dass wenn zwei Funktionen ff und gg auf einem abgeschlossenen Intervall [a,b][a,b] stetig und auf dem offenen Intervall (a,b)(a,b) differenzierbar sind und dabei die Ableitung von gg, g(x)g'(x), für alle x(a,b)x\in (a,b) nicht null ist, es mindestens einen Punkt c(a,b)c \in (a,b) gibt, an dem gilt:

f(c)g(c)=f(b)f(a)g(b)g(a).\frac{f'(c)}{g'(c)} = \frac{f(b) - f(a)}{g(b) - g(a)}.

Die Voraussetzung, dass g(x)0g'(x) \neq 0 für alle xx im Intervall ist entscheidend, denn dadurch ist g(a)g(b)g(a) \neq g(b) garantiert, was die Bildung des Bruchs auf der rechten Seite ermöglicht.

Der Beweis konstruiert eine Hilfsfunktion

h(x)=f(x)f(a)f(b)f(a)g(b)g(a)(g(x)g(a))h(x) = f(x) - f(a) - \frac{f(b) - f(a)}{g(b) - g(a)} (g(x) - g(a))

und zeigt, dass diese Funktion an den Intervallenden den Wert Null annimmt: h(a)=h(b)=0h(a) = h(b) = 0. Nach dem Satz von Rolle existiert somit ein c(a,b)c \in (a,b) mit h(c)=0h'(c) = 0, was unmittelbar zur obigen Gleichung führt.

Geometrisch betrachtet lässt sich dieser Satz so interpretieren, dass die Steigung der Sekante zwischen den Punkten (g(a),f(a))(g(a), f(a)) und (g(b),f(b))(g(b), f(b)) der Steigung der Tangente an den Funktionsgraphen an einem bestimmten Punkt entspricht, wenn man den Graphen parametriert durch t(g(t),f(t))t \mapsto (g(t), f(t)).

Dieser Satz ist die Grundlage für die Beweisführung von L’Hôpitals Regel, einem mächtigen Werkzeug zur Berechnung von Grenzwerten, die eine unbestimmte Form wie 00\frac{0}{0} oder \frac{\infty}{\infty} besitzen. Die Regel besagt, dass unter geeigneten Voraussetzungen, insbesondere wenn

limxa+f(x)=limxa+g(x)=0\lim_{x \to a^+} f(x) = \lim_{x \to a^+} g(x) = 0

und

limxa+f(x)g(x)=L,\lim_{x \to a^+} \frac{f'(x)}{g'(x)} = L,

dann auch

limxa+f(x)g(x)=L\lim_{x \to a^+} \frac{f(x)}{g(x)} = L

gilt. Dabei wird häufig angenommen, dass die Funktionen differenzierbar und ihre Ableitungen definiert sind in einer Umgebung von aa.

Der Beweis von L’Hôpitals Regel nutzt den Satz von Cauchy, indem man für jedes xx nahe aa auf dem Intervall [a,x][a,x] einen Punkt cx(a,x)c_x \in (a,x) findet, für den

f(x)f(a)g(x)g(a)=f(cx)g(cx).\frac{f(x) - f(a)}{g(x) - g(a)} = \frac{f'(c_x)}{g'(c_x)}.

Da f(a)=g(a)=0f(a) = g(a) = 0 gesetzt wird, reduziert sich dies auf f(x)g(x)=f(cx)g(cx)\frac{f(x)}{g(x)} = \frac{f'(c_x)}{g'(c_x)}. Wenn dann limxa+cx=a\lim_{x \to a^+} c_x = a gilt und limxa+f(x)g(x)=L\lim_{x \to a^+} \frac{f'(x)}{g'(x)} = L, folgt daraus der Grenzwert für f(x)g(x)\frac{f(x)}{g(x)}.

Die Regel lässt sich auch auf Fälle mit unendlichen Grenzwerten anwenden, beispielsweise wenn limxa+g(x)=\lim_{x \to a^+} g(x) = \infty oder die Ableitungsverhältnisse divergieren. Dabei sind sorgfältige Abschätzungen und Anwendung des sogenannten Einschließungsprinzips (Squeeze-Theorem) notwendig.

Die Praxis zeigt, dass L’Hôpitals Regel mehrfach hintereinander angewandt werden kann, wenn auch die abgeleiteten Funktionen in der Form 00\frac{0}{0} oder \frac{\infty}{\infty} verbleiben. Ein klassisches Beispiel ist der Grenzwert

limx0sinxxx2,\lim_{x \to 0} \frac{\sin x - x}{x^2},

wobei nach zweimaliger Anwendung der Regel der Grenzwert 0 bestimmt wird.

Dabei ist wichtig zu betonen, dass die Voraussetzungen der Regel stets sorgfältig geprüft werden müssen. So darf L’Hôpitals Regel nicht angewandt werden, wenn die Ausgangsform nicht unbestimmt ist, da dies zu falschen Ergebnissen führen kann. Beispielsweise liefert die Anwendung der Regel auf

limx0x2+1x2+2\lim_{x \to 0} \frac{x^2 + 1}{x^2 + 2}

fälschlicherweise einen anderen Wert als die direkte Substitution.

Zusätzlich zu den genannten Resultaten sind noch einige ergänzende Aspekte bedeutsam. Die Funktionen ff und gg müssen nicht nur differenzierbar sein, sondern ihre Ableitungen sollten auf einem offenen Intervall existieren und hinreichend „gut“ verhalten sein, damit Grenzwertoperationen gültig bleiben. Die geometrische Interpretation des Satzes von Cauchy erlaubt ein tieferes Verständnis des Verhältnisses der Änderungsraten zweier Funktionen und erleichtert die Visualisierung komplexer analytischer Sachverhalte.

Außerdem ist es hilfreich, sich mit typischen Fehlerquellen vertraut zu machen: Beispielsweise kann die Voraussetzung, dass g(x)0g'(x) \neq 0 auf dem gesamten Intervall gilt, in der Praxis nicht immer trivial sein und muss vor der Anwendung geprüft werden. Ebenso ist der Umgang mit Grenzwerten im Unendlichen nicht immer unmittelbar mit der Regel lösbar, und zusätzliche Methoden wie Vergleichskriterien oder asymptotische Analysen sind oft erforderlich.

Die Verbindung von Differentialrechnung, Mittelwertsätzen und Grenzwertbetrachtungen stellt eine zentrale Säule der Analysis dar und bietet durch L’Hôpitals Regel ein äußerst nützliches Instrument, um schwierige Grenzwertprobleme elegant zu lösen. Ein tiefes Verständnis dieser Zusammenhänge ist daher für jeden, der sich mit höherer Mathematik beschäftigt, unerlässlich.

Was ist die präzise Definition des Riemann-Integrals?

Gegeben sei eine Funktion ff, die auf einem Intervall [a,b][a, b] definiert ist. Es stellt sich die Frage, ob jede Folge von Riemann-Summen einen Grenzwert hat und ob alle diese Grenzwerte gleich sind. Um das Integral von ff auf dem Intervall [a,b][a, b] zu definieren, erwarten wir, dass alle solchen Folgen von Riemann-Summen gegen denselben Grenzwert konvergieren. Der erste der beiden äquivalenten Bedingungen im folgenden Theorem ist eine direkte Ausdrucksform dieser Erwartung und gilt als eine der konzeptionell klarsten Formulierungen der Integraldedefinition. Die zweite Bedingung bietet eine ähnliche, aber nicht direkt auf Folgen bezogene Charakterisierung der Definition, was ebenfalls eine wichtige Alternative darstellt. Wie nach dem Beweis des Theorems gezeigt wird, können beide Bedingungen als Definition der Riemann-Integrierbarkeit angesehen werden. Die Wahl, welche Bedingung man anwendet, hängt oft von der konkreten Situation ab. In späteren Kapiteln werden wir auch andere, äquivalente Bedingungen behandeln, die es ermöglichen, die Integrierbarkeit einer Funktion auf verschiedene Arten zu überprüfen.

Satz 18.5
Sei f:[a,b]Rf : [a, b] \to \mathbb{R} eine Funktion und LRL \in \mathbb{R} eine Zahl. Die folgenden beiden Bedingungen sind äquivalent:

(i) Für jede Folge (Pn)(P_n) von markierten Partitionen des Intervalls [a,b][a, b], für die die Normen (Pn)( \| P_n \| ) gegen null konvergieren, gilt: Die Folge der Riemann-Summen (S(f,Pn))(S(f, P_n)) konvergiert gegen LL.

(ii) Für jede positive Zahl ε\varepsilon existiert eine positive Zahl δ\delta, so dass für jede markierte Partition PP von [a,b][a, b], bei der die Norm P<δ\| P \| < \delta gilt, die Bedingung S(f,P)L<ε|S(f, P) - L| < \varepsilon erfüllt ist.

Der Beweis dieser Äquivalenz zeigt, dass die Riemann-Summen für beliebige Partitionen mit hinreichend kleiner Norm beliebig nahe an den Wert LL herangeführt werden können. Eine Ähnlichkeit zu den Definitionen des Funktionslimits und der Stetigkeit von Funktionen ist dabei unverkennbar, da der Wert von δ\delta typischerweise vom gewählten ε\varepsilon abhängt.

Definition 18.6
Eine Funktion f:[a,b]Rf : [a, b] \to \mathbb{R} ist (Riemann) integrierbar auf dem Intervall [a,b][a, b], wenn es eine reale Zahl LL gibt, die als das (Riemann-)Integral von ff auf [a,b][a, b] bezeichnet wird und zusammen mit der Funktion ff entweder die Bedingung (i) oder (ii) aus Satz 18.5 erfüllt.

Das Symbol abf\int_a^b f bezeichnet das Integral, wobei [a,b][a, b] das Integrationsintervall, aa der untere und bb der obere Integrationspunkt und ff die zu integrierende Funktion ist. Manchmal wird das Integral auch als abf(x)dx\int_a^b f(x) \, dx geschrieben, besonders wenn ff durch eine Formel gegeben ist. Das Riemann-Integral ist rein analytisch und hängt nicht von der Vorstellung der Fläche ab. In diesem Buch betrachten wir ausschließlich das Riemann-Integral und sprechen daher oft einfach von „dem Integral“.

Beispiel 18.7
Ein weiteres Beispiel für die Anwendung der Riemann-Integrabilität ist das Integral der Funktion sin(x)\sin(x) auf dem Intervall [0,π][0, \pi], dessen Wert, wie später in der Übung 28.14 gezeigt wird, 22 beträgt. In diesem Fall ist sin(x)\sin(x) die Funktion, die integriert wird, und das Intervall ist [0,π][0, \pi].

Die Definition des Integrals auf einem Intervall erfordert, dass wir eine Zahl identifizieren können, die als Wert des Integrals dient. Zwar kann eine geometrische Berechnung oder die Untersuchung von Riemann-Summen manchmal eine fundierte Vermutung über den Wert des Integrals anstellen, doch ist es nicht immer möglich, allein auf solche Weisen den genauen Wert zu bestimmen. In der Praxis zeigt sich, dass die Definition des Integrals selbst oft schwer anwendbar ist, auch für relativ einfache Funktionen. Tatsächlich sind es die Sätze zur Integrierbarkeit, die letztlich die Hauptmittel zur Bestimmung der Integrierbarkeit einer Funktion darstellen.

Beispiel 18.8
Ein einfaches geometrisches Argument, basierend auf der Abbildung in Abbildung 18.7, legt nahe, dass die Funktion f(x)=xf(x) = x auf dem Intervall [a,b][a, b] integrierbar ist und das Integral den Wert 12(b2a2)\frac{1}{2} (b^2 - a^2) hat. Diese geometrische Überlegung stimmt mit den Ergebnissen der Berechnung der entsprechenden Riemann-Summen überein. Der Wert jedes Mittelpunkt-Summens für ff, der mit jeder Partition von [a,b][a, b] übereinstimmt, ist ebenfalls 12(b2a2)\frac{1}{2} (b^2 - a^2).

Ein weiteres einfaches Beispiel ist die Funktion f(x)=cf(x) = c, eine konstante Funktion. Für diese Funktion kann das Integral leicht berechnet werden. Die Fläche unter einer konstanten Funktion auf einem Intervall [a,b][a, b] ist einfach das Produkt der Konstanten cc und der Länge des Intervalls, also c(ba)c(b - a).

Satz 18.9
Sei cRc \in \mathbb{R} eine Konstante und f(x)=cf(x) = c eine konstante Funktion auf dem Intervall [a,b][a, b]. Dann ist ff Riemann-integrierbar und es gilt:

abf=c(ba)\int_a^b f = c(b - a).


Für den Leser ist es entscheidend, die formalen Anforderungen und die Eigenschaften der Riemann-Integrabilität zu verstehen. Insbesondere muss man erkennen, dass die Integrabilität nicht nur davon abhängt, dass Riemann-Summen für beliebige Partitionen des Intervalls gegen einen Wert konvergieren, sondern auch von der Fähigkeit, diesen Wert durch geeignete Partitionen und Summen zu approximieren. Wenn die Bedingungen für das Riemann-Integral erfüllt sind, kann man sicher sein, dass das Integral existiert und genau bestimmt werden kann.