Die Alt-Right, die sich ursprünglich als eine Gegenbewegung zum modernen Liberalismus und als Verfechterin einer weißen Identität präsentierte, hat zunehmend ihre Bedeutung und ihre Fähigkeit, eine kohärente politische und kulturelle Zukunft zu gestalten, verloren. Dies liegt nicht nur an ihrer fehlerhaften politischen Ausrichtung, sondern auch an den inneren Konflikten und der Unfähigkeit, eine nachhaltige und ethisch fundierte Gemeinschaft zu bilden. Eine der zentralen Kritikpunkte, die von Aktivisten wie Emerick und anderen Ethnonationalisten vorgebracht wird, ist die Unfähigkeit der Alt-Right-Führer, ihre Anhänger effektiv zu unterstützen und zu schützen.
Im Zusammenhang mit der Alt-Right wurde oft betont, dass die Bewegung nicht nur politisch, sondern auch kulturell und ethisch von der europäischen Tradition abgekoppelt ist. Emerick kritisiert die Führung der Alt-Right, insbesondere nach den Ereignissen rund um die "Unite the Right"-Demonstration in Charlottesville, wo James Fields in eine Menschenmenge fuhr und Heather Heyer tötete. Die Alt-Right-Führer, so Emerick, hätten sich weder um die rechtlichen Belange von Fields noch um seine Familie gekümmert. Sie betrachtete dieses Verhalten als ein Paradebeispiel für die völlige Ineffektivität und Gleichgültigkeit der Bewegung gegenüber ihren eigenen Anhängern. Diese Kritik geht über die bloße Unfähigkeit hinaus – sie bezieht sich auf eine tiefer liegende Abwesenheit einer wirklichen ethno-kulturellen Basis, die den ethno-nationalistischen Bestrebungen eine kohärente Identität geben könnte.
Die Bezeichnung "Dolt-Right", ein Begriff, den Emerick verwendet, um die Führer der Alt-Right zu charakterisieren, reflektiert ihre Überzeugung, dass diese Führung ohne Vision und ohne tiefes Verständnis für das Volk, das sie anführen, agiert. Die Anhänger der Bewegung werden in dieser Kritik als eine unschuldige Masse betrachtet, die von ihren Führern im Stich gelassen wurde. Die Vorwürfe beziehen sich nicht nur auf die mangelnde strategische Ausrichtung, sondern auch auf den mangelhaften Umgang mit der moralischen Verantwortung gegenüber der Gemeinschaft.
Ein weiteres zentrales Thema in Emericks Kritik ist die weit verbreitete Misogynie innerhalb der Alt-Right. Die Bewegung, die sich als Reaktion auf den modernen Feminismus und den Liberalismus positioniert, wird von ihr als wenig mehr als eine Ansammlung von toxischer Männlichkeit und Hass gegen Frauen dargestellt. Besonders verurteilend ist die Praxis des "Shitposting" und der Internetmobbing gegen Frauen, die in der Bewegung vorherrschend sind. Emerick vergleicht dieses Verhalten mit dem sogenannten "Sperging", einem abwertenden Begriff, der sich auf die unangemessenen und oftmals beleidigenden Beiträge bezieht, die von Mitgliedern der Alt-Right in sozialen Medien gepostet werden. Anstatt eine positive Kultur zu fördern, die auf den traditionellen Werten und dem "Ethnos" basiert, wendet sich die Alt-Right in kindische und destruktive Verhaltensweisen, die ihren Mitgliedern nicht nur schaden, sondern auch das Bild der Bewegung in der breiten Öffentlichkeit zerstören.
Neben der Kritik an der Alt-Right geht Emerick weiter und schlägt vor, dass der wahre ethno-nationalistische Weg über das "Folkright" führen müsse – eine Rückbesinnung auf vor-christliche europäische Traditionen und eine Ablehnung der universellen Ideologien, die ihrer Meinung nach durch das Christentum und andere fremde Glaubenssysteme in Europa etabliert wurden. Die Ablehnung des Christentums als Teil der europäischen Identität ist ein zentraler Bestandteil ihrer Analyse. Sie argumentiert, dass das Christentum, als universelle Religion, nicht nur die europäischen Traditionen verdrängte, sondern auch ein negatives Bild von Frauen förderte, das auf patriarchalen Strukturen und der Ablehnung der Frau als gleichwertiges Mitglied der Gemeinschaft basiert.
Für Emerick und andere "Folkright"-Denker ist die Rückkehr zu den alten, indigenen Glaubenssystemen der Europäer von entscheidender Bedeutung, um eine authentische europäische Identität wiederherzustellen. Die "Abrahamisierung" des europäischen Denkens, das heißt die Einführung von abrahamitischen Religionen wie dem Christentum und dem Judentum in den europäischen Kulturkreis, wird als ein zentrales Problem für die europäische Seele betrachtet. Der Kontakt mit der eigenen kulturellen Vergangenheit und den damit verbundenen religiösen Praktiken, die die europäische Gemeinschaft über Jahrtausende hinweg prägten, sei der einzige Weg, um eine funktionierende ethno-nationale Politik zu entwickeln, die sowohl ethisch als auch kulturell kohärent ist.
Ein weiterer wichtiger Punkt, der oft übersehen wird, ist die Notwendigkeit, die Bedeutung von Gemeinschaft und Identität in einem ethnonationalistischen Kontext neu zu definieren. Es geht nicht nur darum, die traditionellen Werte Europas zu bewahren, sondern auch darum, eine Gemeinschaft zu schaffen, die auf Verantwortung, Fürsorge und einem tiefen Verständnis für die eigenen Wurzeln basiert. Ohne diese Grundlage wird jede Bewegung, die sich als ethno-nationalistisch bezeichnet, in der Regel nur eine Reaktion auf äußere Bedrohungen bleiben, ohne eine nachhaltige, interne Stärke zu entwickeln.
Die Frage der religiösen Vielfalt innerhalb der Alt-Right wird ebenfalls immer relevanter. Auch wenn viele Alt-Right-Aktivisten den christlichen Hintergrund nicht aufgeben wollen, gibt es zunehmend Spannungen zwischen denjenigen, die sich auf christliche Identität berufen, und denen, die sich von diesem Einfluss abwenden und zu heidnischen oder vorchristlichen Traditionen zurückkehren wollen. Für Emerick und andere Vertreter des "Folkright" ist das Christentum eine Gefahr für die authentische europäische Identität, da es eine universelle, und damit nicht europäische, Sichtweise auf die Welt vermittelt.
Es ist wichtig zu betonen, dass ethno-nationalistische Bewegungen, die sich als Reaktion auf den Multikulturalismus und den modernen Liberalismus definieren, eine größere Verantwortung gegenüber ihren Anhängern tragen. Die Alt-Right hat im Wesentlichen die Möglichkeit verpasst, eine ethisch fundierte, kohärente und dauerhafte Bewegung zu etablieren, da sie in den Fallstricken der Reaktion und des Hasses gefangen bleibt, anstatt eine positive Vision für die Zukunft zu entwickeln. Die Kritik an der Alt-Right geht über die bloße Ablehnung des Liberalismus hinaus und fordert eine tiefgreifende kulturelle und spirituelle Transformation, die in der Wiederentdeckung der europäischen Traditionen und Werte verwurzelt ist.
Die Rolle des Christentums in der Alt-Right-Bewegung: Ein Spannungsfeld zwischen Ethnonationalismus und religiösem Pluralismus
Die religiösen Differenzen innerhalb der Alt-Right sind oft ein Bereich, in dem ideologische Spannungen und Unstimmigkeiten zu größeren Spaltungen führen. Insbesondere die Frage nach der Rolle des Christentums in einem weißen Ethnonationalismus sorgt immer wieder für kontroverse Diskussionen und Meinungsverschiedenheiten. Während einige Vertreter der Alt-Right das Christentum als Teil der kulturellen Identität Europas anerkennen, lehnen andere jede Form der religiösen Einflussnahme ab oder suchen nach alternativen, nicht-theistischen Weltanschauungen. Dennoch gab es Versuche von einigen Akteuren innerhalb der Bewegung, das Christentum als ideologische Grundlage zu etablieren oder zumindest einen bestimmten Zugang dazu als kompatibel mit den Zielen der Alt-Right darzustellen.
Richard Spencer und andere prominente Figuren der Alt-Right, die sich häufig als nicht-theistisch oder atheistisch bezeichnen, betrachten Religion oft als soziales Instrument, das der Formung und Stabilisierung europäischer Kulturen in der Vergangenheit dienlich war. Der historische Einfluss des Christentums wird in diesem Kontext als ein entscheidender Faktor für die Entwicklung der westlichen Zivilisation anerkannt. Spencer selbst erklärte mehrfach, dass die Alt-Right nicht zwangsläufig ein Zurückkehren zu christlichen Werten oder gar vorchristlichen Traditionen anstrebe. Vielmehr sei es die kulturelle und historische Bedeutung des Christentums, die innerhalb der Bewegung einen Platz finde, ohne jedoch eine religiöse Erweckung zu fordern.
Auf der anderen Seite gibt es innerhalb der Alt-Right auch Stimmen, die versuchten, das Christentum mit den Prinzipien des Ethnonationalismus zu verbinden. Diese religiösen Akteure argumentieren, dass das Christentum als ein Fundament für die weiße Identität und die Erhaltung europäischer Kulturen dienen könne. Dabei wird jedoch oft ein selektiver Zugang zum Christentum gewählt, der bestimmte Aspekte der christlichen Lehre betont und andere, insbesondere solche, die als „kosmopolitisch“ oder „multikulturell“ wahrgenommen werden, ablehnt. Ein solches Verständnis von Christentum steht im Gegensatz zu den universalistischen Tendenzen des traditionellen Christentums und stellt das Ethnische und Kulturelle in den Vordergrund.
Ein prominentes Beispiel hierfür ist Carolyn Emerick, die versuchte, eine christliche Perspektive innerhalb der Alt-Right zu fördern. In ihren Schriften und öffentlichen Auftritten argumentiert sie, dass das Christentum als eine ethnozentrische Religion verstanden werden sollte, die vor allem die Interessen der weißen Europäer in den Mittelpunkt stellt. Diese Position wird jedoch von vielen innerhalb der Alt-Right abgelehnt, die das Christentum als eine potenziell schwächende Kraft für ihren ethno-nationalistischen Kampf sehen. Emerick ist nicht die einzige, die versuchte, diese Brücke zwischen Religion und Ethnonationalismus zu schlagen; es gibt eine Reihe von Individuen und Gruppen innerhalb der Alt-Right, die ähnliche Bestrebungen haben. Ihre Bemühungen haben jedoch oft wenig Erfolg, da die meisten Alt-Right-Anhänger eine klare Trennung zwischen Religion und Politik bevorzugen.
Der religiöse Pluralismus innerhalb der Alt-Right wird nicht nur von denjenigen betont, die eine christliche Ideologie bevorzugen, sondern auch von denen, die eine heidnische oder esoterische Weltanschauung vertreten. Einige Teile der Bewegung, insbesondere die sogenannte „Folk-Right“, befürworten eine Rückkehr zu alten europäischen Traditionen und betonen die Bedeutung des heidnischen Glaubenssystems als Grundlage für die kulturelle Erneuerung. Diese Strömung ist jedoch nicht unumstritten, da es innerhalb der Alt-Right unterschiedliche Auffassungen über die Rolle des Heidentums und seine Vereinbarkeit mit einem ethnonationalistischen Weltbild gibt.
Es gibt auch Akteure, die den Aufstieg neuer religiöser Bewegungen innerhalb der Alt-Right fördern, wie etwa den Kult um den Gott „Kek“, der in esoterischen und meme-basierten Praktiken verwurzelt ist. Diese Entwicklungen zeigen die Komplexität und Vielschichtigkeit der religiösen Identität innerhalb der Alt-Right und verdeutlichen, dass religiöse Fragen nicht nur von außen als Teil der politischen Agenda betrachtet werden können. Vielmehr spielen sie eine bedeutende Rolle bei der Formulierung des Selbstverständnisses der Bewegung und ihrer Beziehung zur westlichen Geschichte und Kultur.
Neben der Frage, wie das Christentum innerhalb der Alt-Right gesehen wird, ist es wichtig zu verstehen, dass religiöse Diversität auch ein symptomatischer Ausdruck der pluralistischen Natur der Bewegung ist. Die Alt-Right ist keine homogene Gruppe, sondern besteht aus einer Vielzahl von Strömungen und ideologischen Fraktionen, die unterschiedliche Vorstellungen von Religion und Kultur vertreten. Die religiösen Debatten sind daher nicht nur politischer Natur, sondern betreffen auch tiefgreifende Fragen der Identität, der Tradition und der Zugehörigkeit.
Für den Leser ist es von Bedeutung, die Ambivalenz und die Widersprüche zu erkennen, die das Verhältnis der Alt-Right zu Religionen prägen. Die Bewegung ist auf der einen Seite stark von einer Vision europäischer Reinheit und kultureller Erhaltung geprägt, auf der anderen Seite jedoch auch offen für eine Vielzahl von religiösen und esoterischen Ideen. Diese Mischung aus traditionellem Ethnonationalismus und neuen religiösen Experimenten spiegelt die Unklarheit und Unsicherheit wider, mit der die Alt-Right versucht, ihre Ideologie zu formulieren und zu etablieren.
Neben der reinen Analyse der religiösen Strömungen ist es entscheidend, die sozialen und kulturellen Mechanismen zu verstehen, die diesen Pluralismus fördern. Der Einfluss von sozialen Medien, Online-Foren und alternativen Medienplattformen spielt dabei eine Schlüsselrolle, da diese Kanäle den Austausch und die Verbreitung von Ideen erleichtern und neue religiöse und politische Narrative formen. Die zunehmende Popularität von Themen wie Esoterik, Mystik und kulturellen Symbolen innerhalb der Alt-Right verdeutlicht, wie moderne Technologien dazu beitragen, eine neue Art von religiösem und politischem Diskurs zu schaffen.
Die biokulturelle Verbindung zwischen Anglo-Sachsen und Christentum: Eine theologische Perspektive
Fraser argumentiert, dass Christus das „halsstarrige Synagoge des Satans“ zum geistigen Tod verurteilte, während die Angelsachsen eifrig in die Welt des neuen Bundes eintraten (2011: 390). In dieser Perspektive sah er die frühen Anglo-Sachsen als eine der Nationen, die eine tiefe, biokulturelle Verbindung zur Kirche entwickelten, welche eine Art Bund vererbte, der bis in die Nachkommen dieser Stämme reicht. Diese Verbindung zu den Ursprüngen der Kirche stellt für Fraser den „archaischen Kern der Anglo-Saxonischen Biokultur“ dar. Die christliche, verwandtschaftliche und vertragliche Bindung bilden, so Fraser, den zentralen Baustein der anglosächsischen Identität. Der spezifische ethnoreligiöse Charakter der WASP-Gemeinschaft – Weiße Anglo-Sachsen Protestanten – zeigt in seiner Theologie mehr als nur eine generische europäische oder weiße Identität.
Fraser verweist auf historische Daten und Werke der frühen englischen Literatur, wie „The Dream of the Rood“, um zu verdeutlichen, dass das religiöse Erbe dieser Völker eine „besondere religiöse Ausdrucksform“ des anglo-christlichen Glaubens ist. In seiner Sichtweise spiegelt sich Gottes fortwährende Arbeit nicht im Drama des Einzelnen oder einer kanonischen Schrift wider, in der das jüdische Volk eine zentrale Rolle spielt. Vielmehr ist es die Nation als ethnos, die das Vehikel für Gottes Werk in der Welt darstellt. Dieser Gedanke ist tief in seiner Vorstellung des Christentums verwurzelt: Die christlichen Schriften bieten einen Auftrag für jede Nation, die den Glauben bewahren und schützen will, und zugleich eine Warnung für jede Nation, die diesen Glauben verloren hat oder nie besaß (Fraser 2017: 261).
Fraser und andere Denker aus dem Alt-Right-Spektrum, wie Vox Day, teilen gewisse kritische Ansichten über die heutige Form des Christentums. In seinem Werk „Dissident Dispatches“ bezeichnet Fraser die „kirchliche Komplizenschaft“ mit einer modernen „kommunistischen Kampagne“, die die polygenetischen Grundlagen der europäischen Christlichkeit zerstören wolle, als eine der größten Bedrohungen für die westliche Zivilisation. Besonders kritisiert er die missbräuchliche Auslegung der „Guten Samariter“-Parabel, die seiner Meinung nach von „frommen Xenophilen“ verwendet wurde, um die „Traditionen von Familie, Glauben und Volk“ zu untergraben, die nach seiner Ansicht mit hochvertrauten europäischen Gesellschaften untrennbar verbunden sind. Diese Aussagen spiegeln in gewisser Weise das wider, was auch Vox Day und andere Alt-Right-Anhänger vertreten: Eine Rückbesinnung auf die Werte, die ihrer Meinung nach in den modernen Kirchen verloren gegangen sind, und eine Ablehnung der modernen multikulturellen Entwicklung.
Die spezifische Ausrichtung von Fraser unterscheidet sich jedoch von anderen Alt-Right-Denkern, besonders in Bezug auf den politischen und religiösen Rahmen. Fraser plädiert für eine monarchistische Vision, die die anglo-sächsische und WASP-basierte Gesellschaft als tragende Struktur der christlichen Zivilisation begreift. Diese Vision wird von anderen, wie dem Kinisten Ehud Would, der „Dissident Dispatches“ rezensierte, nicht geteilt. While Fraser’s theological and political positions regarding America’s founding and the Constitution were deemed accurate by Would in many aspects, the latter rejects Fraser's monarchistic views, asserting his disagreement on how America’s foundational institutions should be understood and preserved. Die Auseinandersetzungen zwischen Fraser und anderen Figuren des Alt-Right zeigen, dass es kein einheitliches Verständnis dessen gibt, was das Alt-Right ist oder was es in Zukunft sein sollte.
Trotz dieser Differenzen bleibt eines klar: Die Auseinandersetzung mit dem Christentum innerhalb der Alt-Right wird weiterhin eine bedeutende Rolle spielen, auch wenn die Zukunft dieser Bewegung stark von der Art und Weise abhängt, wie sie das Verhältnis zwischen Religion und nationaler Identität bestimmt. Fraser und seine Anhänger sind davon überzeugt, dass es die Pflicht jedes christlichen Volkes ist, den „Königreich Gottes“ zu bewahren, während diejenigen, die diesen Glauben verlieren, sich dem Verfall entgegenbewegen. Diese theologische Auffassung, die die ethnischen Bindungen und den kulturellen Erbe der WASP-Gemeinschaft hervorhebt, stellt einen wichtigen Teil des Diskurses um den Platz des Christentums im modernen nationalistischen Denken dar.
Die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Formen des Christentums innerhalb der Alt-Right-Bewegung zeigt, wie tief und komplex die religiösen Überzeugungen innerhalb dieser Bewegung sind. Für die christlichen Gemeinden in den USA und anderswo wird es zunehmend wichtiger, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wie sie sich zum aufkommenden Alt-Right-Diskurs positionieren und wie sie ihre eigenen theologischen Positionen hinsichtlich der Zukunft des Christentums und der gesellschaftlichen Ordnung formulieren.
Wie Evangelikale Protestanten auf die Alt-Right reagierten und welche Fragen im Hintergrund stehen
Die Reaktionen der evangelikalen Protestanten in den USA auf die Alt-Right und deren enge Verbindung zu Donald Trump sind eng verwoben mit der langanhaltenden und tief verwurzelten Geschichte des Rassismus innerhalb der amerikanischen Gesellschaft und ihrer christlichen Institutionen. Diese Debatten sind jedoch nicht neu, sondern werden von älteren und weiterhin bestehenden Auseinandersetzungen über Rassismus und gesellschaftliche Integration begleitet, die bereits vor der Präsidentschaftswahl 2016 und der Resolution von 2017 in den USA existierten.
Die Southern Baptist Convention (SBC) etwa, als eine der größten und einflussreichsten evangelikalen Organisationen, befand sich im Zentrum dieser Diskussionen. Eine Vielzahl von Äußerungen und öffentlichen Reaktionen, wie die von Albert Mohler, dem Präsidenten des Southern Baptist Theological Seminary, belegen, wie evangelikale Führer auf die wachsende Präsenz der Alt-Right reagierten. Ein Statement, das zur damaligen Zeit in der amerikanischen Öffentlichkeit zirkulierte, stellte sogar infrage, ob Mohler die Bedeutung der Bewegung „Black Lives Matter“ vollständig anerkenne. Solche Diskussionen führten zu einer wachsenden Anerkennung, dass die Kirchen sich mit ihrer eigenen Geschichte des Rassismus und den strukturellen Problemen innerhalb ihrer eigenen Reihen auseinandersetzen mussten.
Besonders bemerkenswert in dieser Auseinandersetzung ist die Notwendigkeit der öffentlichen Atonement, die in den späteren Jahren intensiver wurde. Die SBC versuchte, ihre Geschichte des Rassismus zu korrigieren, indem sie sich verstärkt mit der Repräsentation von People of Color in Führungspositionen befasste und Regeländerungen einführte, um zu verhindern, dass in zukünftigen Versammlungen ähnliche Kontroversen wie die von 2017 auftreten. Diese Änderungen, so könnte man argumentieren, waren jedoch weniger eine direkte Antwort auf die Alt-Right als vielmehr eine Reaktion auf die internen Unruhen und das Chaos, das durch den Wahlprozess und die Diskussionen über Rassismus innerhalb der SBC hervorgerufen wurde.
Die Reaktionen von linksgerichteten Christen, wie Jim Wallis und Kelly Brown Douglas, signalisierten eine andere Perspektive. Für sie war der Aufstieg der Alt-Right und die starke Unterstützung von Donald Trump durch weiße Christen ein Hinweis darauf, dass der Kampf gegen den Rassismus in der Ära von #BlackLivesMatter weitergeführt werden musste. Doch diese Auseinandersetzungen beschränkten sich nicht nur auf evangelikale Christen. Auch andere religiöse Gruppen in den USA, wie die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (LDS), sahen sich gezwungen, ihre eigene Geschichte der institutionellen Rassendiskriminierung zu hinterfragen. Ähnlich wie die SBC versuchten die Mormonen, ihre theologische Position zu verändern, um den Vorwürfen der rassistischen Ideologie entgegenzuwirken. Doch auch in der katholischen Kirche, insbesondere unter dem Einfluss der Organisation Church Militant, wurden ähnliche Fragen zur Identität und den Grenzen des Glaubens aufgeworfen.
In diesen Debatten war es jedoch nicht nur der Rassismus, der in den Mittelpunkt rückte, sondern auch die Haltung der Institutionen gegenüber LGBTQ+-Personen. In vielen Fällen begann die Diskussion um die Alt-Right sich mit den tiefgehenden Fragen zur Akzeptanz und Integration von Homosexuellen und Transgender-Menschen in religiösen Institutionen zu vermischen. In den Reihen vieler evangelikaler und katholischer Kirchen war diese Debatte nicht nur eine Frage der gesellschaftlichen Veränderung, sondern auch eine der Bedeutung von christlicher Orthodoxie in einer Zeit des sozialen Wandels. Wie weit konnte und wollte die Kirche sich verändern, um sich modernen sozialen Normen und politischen Realitäten anzupassen?
Die zentrale Frage, die sich hier stellt, ist, wie die amerikanischen Christen die Alt-Right im Kontext ihrer eigenen religiösen und gesellschaftlichen Werte begreifen und beantworten sollten. In dieser Auseinandersetzung ging es nicht nur um die Frage des Rassismus, sondern um die Definition von „orthodoxem“ Christentum in einer Zeit, die zunehmend durch Diversität und soziale Bewegungen geprägt ist. Insofern wurden diese Debatten nicht nur zu einer Auseinandersetzung mit der Alt-Right als politischer Bewegung, sondern auch zu einer fundamentaleren Frage, was es bedeutet, heute Christ zu sein.
Endtext
Welche Rolle spielt Religion im Kontext des amerikanischen Alt-Right?
Nationalismus in Amerika hat auch im Kontext der Alt-Right weiterhin großen Einfluss. Dies unterstreicht meine Ansicht, dass Religion für weiße nationalistischer Bewegungen in den USA nicht nur ein nebensächliches Thema ist, sondern eine entscheidende Rolle spielt, wie diese Gruppen ihre Organisationen konzipieren und ihre politischen sowie meta-politischen Strategien entwickeln. Im Fall der Alt-Right trugen religiöse Differenzen zur Unfähigkeit bei, eine breitere Zusammenarbeit innerhalb der extremen Rechten zu erreichen.
Im zweiten Abschnitt dieses Buches wird die Beziehung zwischen amerikanischen Christen und der Alt-Right behandelt. Im dritten Kapitel untersuchen wir die Reaktionen evangelikaler Protestanten auf das Aufkommen der Alt-Right, wobei der Fokus zunächst auf politisch progressiven Christen liegt. Danach wird die Reaktion der konservativeren Southern Baptist Convention (SBC) beleuchtet. In letzterem Fall analysieren wir, wie die Alt-Right die SBC dazu zwang, sich mit ihrer rassistischen Vergangenheit auseinanderzusetzen und wie sie, wenn auch nicht vollständig, Versuche unternommen hatte, rassistisch inklusiver zu werden und die Bedenken von People of Color anzusprechen.
Im vierten Kapitel werden weitere christliche Reaktionen in den USA untersucht, insbesondere wie die Probleme der Southern Baptists mit denen der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (LDS) vergleichbar sind – aber auch, wie sie sich von den Southern Baptists in wichtigen Aspekten unterscheiden. So wie die SBC rassistische Lehren und institutionelle Praktiken tief in ihrer frühen Geschichte verankert hatte, war dies auch bei der LDS-Kirche der Fall. Dennoch unterscheiden sich die Geschichte und Lehren der LDS in wesentlichen Punkten, was auch ihre Reaktion auf die Alt-Right prägte. Darüber hinaus entwickelte sich für die Mitglieder der LDS-Kirche der Begriff einer „mormonischen Alt-Right“, die um einen speziellen Hashtag entstand und viel von der scharfsinnigen Meme-Kultur und Rhetorik der Alt-Right übernahm, um sich gegen die Inklusion von Homosexuellen in die guten Gnaden der mormonischen Institutionen zu stellen. Ebenso entstand beinahe zur gleichen Zeit die Idee einer „katholischen Alt-Right“, die sich insbesondere mit den Bemühungen einiger Priester beschäftigte, eine neue Art des Umgangs zwischen der katholischen Hierarchie und der LGBTQ+-Gemeinschaft zu formulieren.
In beiden Fällen war der Begriff der Alt-Right zu einer Bezeichnung für andere Positionen als den weißen Nationalismus geworden. Hier führte die Nutzung des Begriffs Alt-Right und die Debatte über seine Bedeutung dazu, dass einige Katholiken und Mormonen ihre Haltung zur Homosexualität artikulierten und überlegten, wie ihre Institutionen auf LGBTQ+-Individuen reagieren sollten.
Es ist entscheidend, zu verstehen, dass der Begriff „Alt-Right“ nicht nur eine politische Bewegung beschreibt, sondern auch tief in soziale und religiöse Strukturen eingreift, die Fragen zu Rassismus, Ethik und sozialen Normen aufwerfen. Während für einige das Hauptthema der Alt-Right in der Förderung eines weißen Nationalismus liegt, verdeutlicht der Einfluss dieses Begriffs auf religiöse Gemeinschaften, dass die Ideologie weit über einfache politische Haltungen hinausgeht. Sie durchdringt die tief verwurzelten Traditionen und Herausforderungen religiöser Institutionen im Umgang mit Themen wie Rassismus und sexuellen Identitäten.
In der kurzen Schlussfolgerung dieses Kapitels lässt sich die Hauptaussage dieses Buches zusammenfassen: Die Beziehung zwischen dem Christentum und der Alt-Right ist komplex und vielschichtig. Sie beeinflusst nicht nur die Menschen, die sich mit der Marke Alt-Right identifizieren, sondern auch, wie diese Entstehung die Art und Weise prägte, wie evangelikale Protestanten ihre Haltung zum Rassismus überdachten, wie Mormonen und Katholiken über die Inklusion von LGBTQ+-Individuen debattierten und welche ethischen Verpflichtungen sie für die Zukunft ihrer Institutionen definierten. Es ist von entscheidender Bedeutung, das Phänomen der Alt-Right zu untersuchen – nicht nur, um die Ideologie von „Extremisten“ zu entschlüsseln, die vielen unbekannt sind, sondern auch, weil wir es uns nicht leisten können, Ideologien wie den weißen Nationalismus zu ignorieren, die Gewalttaten motivieren. Es geht auch darum zu verstehen, wie die Alt-Right, zumindest für eine Zeit, die Art und Weise beeinflusste, wie amerikanische Christen über die rassistische Vergangenheit ihrer Traditionen, ihre gegenwärtigen ethischen Verpflichtungen und das Bild einer religiösen Orthodoxie in der Zukunft nachdachten.
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