Die Messung des Fortschritts stellt uns vor eine der grundlegendsten Herausforderungen unserer Zeit. Besonders im Bereich der Wirtschaft wird häufig die Frage aufgeworfen, welche Faktoren tatsächlich den größten Einfluss auf das Fortschreiten einer Gesellschaft haben. Häufig wird in diesem Zusammenhang auf konventionelle Maße wie das Bruttoinlandsprodukt (BIP) oder die Produktivität zurückgegriffen, jedoch zeigen neuere Entwicklungen, dass diese Maße nicht immer der wirklichen Bedeutung des Fortschritts gerecht werden. Diese Lücke zu schließen, bedeutet, die Art und Weise, wie wir Wachstum und Wohlstand messen, grundlegend zu überdenken.

Eine bemerkenswerte Illusion in der Messung des Fortschritts entsteht, wenn wir uns ausschließlich auf materielle Güter und deren Produktion konzentrieren. Der moderne Fortschritt findet jedoch zunehmend in weniger greifbaren Bereichen statt. In der digitalen Wirtschaft etwa, die von immateriellen Gütern wie Daten, Software und Dienstleistungen geprägt ist, bleibt ein erheblicher Teil des Fortschritts außerhalb der traditionellen Messinstrumente. Das bedeutet, dass die Auswirkungen dieser Entwicklungen oft nicht ausreichend in den Wirtschaftsstatistiken erfasst werden, obwohl sie die Lebensqualität erheblich verbessern.

Ein Beispiel für diese Verschiebung ist die Rolle von Innovationen in der Biomedizin. Technologien wie mRNA-basierte Impfstoffe oder personalisierte Zell- und Gentherapien haben das Potenzial, unser Verständnis von Gesundheit und Krankheit zu revolutionieren. Dennoch ist es schwierig, den ökonomischen Wert dieser Innovationen allein durch die Produktivität in der traditionellen Industrie zu erfassen. Die Auswirkungen auf das menschliche Leben – beispielsweise die potenziellen Lebensjahre, die durch neue Therapien gewonnen werden – sind ebenso wichtig, doch in den üblichen wirtschaftlichen Kennzahlen nicht direkt sichtbar.

Zusätzlich zu biomedizinischen Innovationen beobachten wir bedeutende Fortschritte im Bereich der digitalen Technologien. Künstliche Intelligenz (KI) hat enorme Potenziale, nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch im alltäglichen Leben. Auch wenn KI oftmals als überbewertet wahrgenommen wird, kann ihr Einfluss auf die Effizienz und die Art, wie Dienstleistungen erbracht werden, nicht ignoriert werden. Der technologische Fortschritt führt zu einer ständig zunehmenden Anzahl von „unsichtbaren“ Produkten und Dienstleistungen, die uns dennoch tiefgreifend beeinflussen. Hier stellt sich die Frage: Wie kann man diese Art von Fortschritt messen, wenn er nicht auf traditionellen Produktionsweisen basiert?

Die Dematerialisierung der Wirtschaft ist ein weiteres Konzept, das zunehmend an Bedeutung gewinnt. Durch die Verlagerung vieler Produktionsprozesse in den digitalen Raum reduziert sich der materielle Ressourcenverbrauch, was wiederum das wirtschaftliche Wachstum entkoppelt von der physischen Produktion von Gütern. Diese Dematerialisierung hat Auswirkungen auf die Art und Weise, wie wir Fortschritt verstehen, da viele digitale Innovationen mit wenig bis gar keinem physischen Ressourcenverbrauch auskommen. Die Frage, wie dieser Fortschritt in klassischen Maßstäben bewertet werden kann, bleibt weitgehend ungelöst.

Ein weiteres Beispiel, das die Grenzen der traditionellen Messinstrumente aufzeigt, ist die Entwicklung von Datenmärkten und der Wert von Daten. In der digitalen Welt ist der Wert von Daten enorm, doch dieser Wert wird nur unzureichend in den klassischen ökonomischen Modellen reflektiert. Daten sind zu einem der wertvollsten „Produktionsfaktoren“ geworden, auch wenn ihr Wert nicht immer direkt in Zahlen messbar ist. Während Unternehmen wie Google oder Facebook immense Gewinne erzielen, indem sie Daten sammeln und verarbeiten, bleibt der Beitrag dieses „Produkts“ zur Gesellschaft weitgehend unsichtbar. Die Monetarisierung von Daten und deren Auswertung sind entscheidend für die moderne Wirtschaft, aber sie sind nicht in den traditionellen Maßstäben des wirtschaftlichen Fortschritts erfasst.

Nicht zuletzt sollte die Bedeutung von Wohlstand und Wohlbefinden in der Messung des Fortschritts berücksichtigt werden. Ökonomische Indikatoren wie das BIP messen lediglich die ökonomische Aktivität, berücksichtigen jedoch nicht, wie diese Aktivität das individuelle Wohlbefinden beeinflusst. In vielen Fällen haben wirtschaftliche Entwicklungen nicht zwangsläufig zu einer Verbesserung des persönlichen Wohlstands geführt, sondern vielmehr zu einer Zunahme der Ungleichheit. Die Frage, wie Wohlstand und Wohlbefinden gemessen werden können, erfordert eine viel tiefere Auseinandersetzung mit den sozialen und kulturellen Aspekten des Fortschritts.

In dieser neuen Ära des Fortschritts müssen wir auch verstehen, dass der Wert von Dingen oft in nicht greifbaren, immateriellen Aspekten liegt. Während traditionelle Metriken wie das BIP oft den Eindruck erwecken, dass Fortschritt nur in der Produktion und im Konsum materieller Güter zu finden ist, gibt es viele weitere Dimensionen des Fortschritts, die nicht immer sichtbar sind. Der Fortschritt muss daher aus einer breiteren Perspektive betrachtet werden, die technologische, soziale und kulturelle Aspekte integriert.

Wichtig ist, dass eine wirkliche Messung des Fortschritts auch die Ungleichgewichte und die verschiedenen Auswirkungen des Fortschritts auf verschiedene Teile der Gesellschaft berücksichtigt. Ein wachsendes BIP bedeutet nicht automatisch, dass der Fortschritt allen zugutekommt. Ebenso wenig zeigt die Effizienz einer Technologie oder eines Innovationsprozesses an, dass diese Entwicklungen fair verteilt oder zugänglich sind. Fortschritt muss im Kontext seiner Auswirkungen auf die soziale Gerechtigkeit und die Umwelt betrachtet werden.

Wie beeinflusst die digitale Disintermediation unser Verständnis von Zeit und Produktivität?

Die zunehmende Digitalisierung verändert nicht nur die Art und Weise, wie wir arbeiten, sondern auch, wie wir unsere Zeit nutzen. Insbesondere das Arbeiten von zu Hause aus (WFH) hat zu einer Umstrukturierung der Zeitallokation geführt, die zwischen Arbeit, Haushalt und Freizeit oszilliert. Im Vergleich zu traditionellen Arbeitsmodellen entsteht hierbei eine ständige Abwägung zwischen diesen Bereichen, die sich in einer zunehmenden Unklarheit über die tatsächlichen Auswirkungen auf Produktivität und Wohlbefinden äußert.

Während die Mehrheit der Arbeitnehmer glaubt, dass das Arbeiten von zu Hause ihre Produktivität steigert, stellen sich Arbeitgeber häufig skeptisch. Verschiedene Studien zeigen jedoch, dass WFH durchaus Vorteile für die Produktivität mit sich bringen kann, indem es den Mitarbeitern ermöglicht, ihre Zeit effizienter zu nutzen, etwa durch den Wegfall des Pendelns. Dieser Zeitgewinn wird nicht nur für berufliche Tätigkeiten genutzt, sondern auch für das persönliche Wohlbefinden. So bleibt den Mitarbeitern mehr Zeit für Erholung oder Haushaltsaufgaben. In dieser dynamischen Arbeitswelt stellt sich jedoch die Frage, wie sich diese Veränderung langfristig auf Lernprozesse, insbesondere bei neuen Mitarbeitern, sowie auf die Unternehmenskultur auswirkt.

Darüber hinaus könnte das Modell des Arbeitens von zu Hause mit der Einführung der Viertagewoche in vielen Unternehmen verschmelzen. Erste Tests zeigen zwar vielversprechende Ergebnisse, aber es fehlt an regelmäßigen, systematischen Datenerhebungen, die den langfristigen Erfolg dieser Arbeitsmodelle belegen könnten. Eine interessante Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist, wer tatsächlich in "häusliche Produktionsmittel" investiert – die Mitarbeiter oder die Arbeitgeber? Werden Arbeitsplätze und Möbel zu Hause und im Büro doppelt genutzt, oder investieren Unternehmen zunehmend in weniger Büroflächen?

Ein weiterer Aspekt, der mit der digitalen Disintermediation und dem veränderten Arbeitsumfeld zusammenhängt, ist die ökonomische Betrachtung von Zeit als Ressource. Die Digitalisierung hat in vielerlei Hinsicht dazu geführt, dass wir Zeit sparen – etwa durch das Vermeiden von Warteschlangen oder das Pendeln. Auf der anderen Seite führen die ständigen digitalen Interaktionen zu einer höheren Zeitnutzung, die wiederum andere Freizeit- oder Hausarbeitsaktivitäten ersetzt. Dabei hat sich das Konzept der "Aufmerksamkeitsökonomie" herausgebildet, das auf der psychologischen Theorie basiert, dass unsere kognitive Kapazität begrenzt ist und wir deshalb lernen müssen, unsere Aufmerksamkeit effizient zu verteilen.

Der Wirtschaftswissenschaftler Herbert Simon formulierte dies prägnant: „Was Informationen verbrauchen, ist offensichtlich: Sie verbrauchen die Aufmerksamkeit ihrer Empfänger.“ In einer Informationswelt, die von ständiger Verfügbarkeit und Überfluss geprägt ist, müssen wir unsere Aufmerksamkeit strategisch auf die wertvollsten Informationen fokussieren. Die Folge ist ein wachsender Markt für Dienstleistungen, die darauf abzielen, diese Aufmerksamkeit zu steuern und zu monetarisieren. So wird eine digitale Plattform zunehmend nicht nur als Dienstleister, sondern als Vermittler von Aufmerksamkeit wahrgenommen. In der Praxis bedeutet dies, dass Plattformen, die unsere Zeit in Anspruch nehmen, zunehmend auch dafür bezahlen könnten, um diese wertvolle Ressource nicht zu verschwenden.

Doch auch wenn die digitale Disintermediation viele Zeitgewinne mit sich bringt – etwa durch Online-Recherchen oder die Nutzung von Streaming-Diensten – ist der Wert dieser Zeitersparnisse schwer zu quantifizieren. Studien schätzen beispielsweise, dass die US-Verbraucher durch die Nutzung von Online-Suchmaschinen jährlich etwa 65 Milliarden US-Dollar an Zeit sparen. Dies zeigt das Potenzial, das digitale Technologien für den Alltag bieten, wenn es darum geht, Zeit für andere produktive oder wertvolle Aktivitäten freizusetzen.

Nicht zuletzt ist es wichtig, die Auswirkungen der digitalen Wirtschaft auf das Konsumverhalten zu berücksichtigen. Klassische ökonomische Modelle vernachlässigen oft den Faktor Zeit, den Menschen beim Konsum von Produkten oder Dienstleistungen investieren müssen. Dabei ist dieser Aspekt entscheidend für das Verständnis von Konsumentscheidungen. Wenn wir Konsum als eine Aktivität betrachten, die eine bestimmte Zeit in Anspruch nimmt, wird schnell klar, dass wir uns in einer Welt bewegen, in der sowohl Zeit als auch Geld als knappe Ressourcen betrachtet werden müssen. Kleine Veränderungen im Einkommen oder in den Preisen von Gütern können erhebliche Auswirkungen auf unsere Konsumgewohnheiten haben, besonders wenn der Konsum von Waren oder Dienstleistungen mehr Zeit erfordert.

Insgesamt zeigt sich, dass der digitale Wandel und die damit verbundenen Veränderungen in der Arbeitswelt und der Zeitnutzung weitreichende Auswirkungen auf unser wirtschaftliches und persönliches Leben haben. Doch die bisher unzureichende Datenerhebung und die mangelnde systematische Analyse dieser Phänomene erschweren es, klare Schlussfolgerungen zu ziehen. Während das Arbeiten von zu Hause und die Nutzung digitaler Technologien viele Vorteile bieten, bleibt abzuwarten, wie sich diese Veränderungen langfristig auf Produktivität, Konsumverhalten und Wohlbefinden auswirken werden.

Wie lässt sich die digitale Wirtschaft richtig messen?

In der heutigen globalisierten Welt ist es zunehmend schwierig, das Ausmaß der digitalen Wirtschaft präzise zu erfassen. Insbesondere werden in den traditionellen Wirtschaftszählungen viele wesentliche Phänomene der digitalen Wirtschaft nicht angemessen berücksichtigt. Die Digitalisierung der Produktion und des Konsums hat zu neuen Formen der Handels- und Dienstleistungsstrukturen geführt, die nicht nur den klassischen Güterverkehr betreffen, sondern auch die Datenströme und die Rolle der Infrastruktur im globalen Wirtschaftsgeschehen verändern.

Die zentrale Herausforderung besteht darin, dass die Datenströme über nationale Grenzen hinweg kaum erfasst werden. Dies hat tiefgreifende Implikationen für das Verständnis der digitalen Wirtschaft. Denn die meisten traditionellen wirtschaftlichen Messgrößen konzentrieren sich auf den Handel mit physischen Gütern und klassischen Dienstleistungen. Doch die digitalen Handelsströme, die durch Plattformen und Online-Dienste vermittelt werden, stellen eine neue Dimension dar, die in den meisten Wirtschaftszählungen nur unzureichend berücksichtigt wird. Dies führt zu einer verzerrten Sicht auf den globalen Handel und die Art und Weise, wie Wirtschaftswachstum entsteht.

Die aktuellen Statistiken sind oft unzureichend, um das wahre Ausmaß der digitalen Wirtschaft zu erfassen. Die traditionelle Wirtschaftsmessung, wie etwa das Bruttoinlandsprodukt (BIP), berücksichtigt nicht die immateriellen Werte, die durch digitale Dienstleistungen und Plattformen generiert werden. Ein Beispiel für diese Lücke ist der Bereich der sogenannten „nicht monetären digitalen Flüsse“, wie der Austausch von Daten oder kostenlosen digitalen Dienstleistungen, die nicht in den offiziellen Handelsstatistiken erscheinen. Diese Informations- und Datenflüsse haben jedoch einen erheblichen Einfluss auf die Gesamtwirtschaft und verdienen eine genauere Analyse.

Die Vernachlässigung dieser Infrastrukturaspekte der digitalen Wirtschaft ist nicht nur ein technisches Versäumnis, sondern reflektiert auch eine tiefere, fast systematische Abwertung der Infrastruktur in der Wirtschaftswissenschaft. Während Ökonomen traditionell nur eine begrenzte Perspektive auf Infrastrukturen wie den Betrieb von Elektrizitätsmärkten einnehmen, bleibt die fundamentale Rolle der digitalen Infrastruktur weitgehend unerforscht. Doch die digitale Transformation hat gezeigt, dass Infrastruktur weit mehr ist als nur eine physische Grundlage für Wirtschaftstätigkeit. Sie ist der Schlüssel zu globalen digitalen Handelsströmen und damit auch ein entscheidender Faktor für das Wirtschaftswachstum im 21. Jahrhundert.

Ein weiteres ungelöstes Problem ist, dass die bisher verwendeten Methoden zur Datenerhebung und -verarbeitung nicht die neuen Formen der Arbeit und des Konsums widerspiegeln. Es ist mittlerweile klar, dass traditionelle Messungen wie Zeitverwendungsstatistiken, die den Arbeitsaufwand der Menschen erfassen, nicht die Vielfalt der digitalen Arbeitsmodelle und der virtuellen Dienstleistungen abbilden. Ebenso haben die traditionellen Erhebungen der digitalen Adoption durch Unternehmen und Haushalte in vielen Ländern nicht die Auswirkungen von Cloud-Computing, dem Aufstieg von Online-Plattformen und grenzüberschreitendem E-Commerce korrekt erfasst.

Die Herausforderungen im Bereich der Wirtschaftsmessung sind nicht nur akademischer Natur, sondern haben praktische Implikationen für die Politik und die Gesellschaft. Wenn die Statistiken die Realität der digitalen Wirtschaft nicht widerspiegeln, können politische Entscheidungen und wirtschaftliche Analysen auf fehlerhaften Grundlagen basieren. Die Notwendigkeit, neue Daten zu sammeln und innovative Methoden der Wirtschaftsmessung zu entwickeln, ist daher dringend. Dies erfordert von den Statistikbehörden eine kontinuierliche Anpassung ihrer Erhebungsprozesse und eine verstärkte Investition in die Entwicklung neuer Messmethoden.

Ein bedeutender Aspekt, der oft übersehen wird, ist die Art und Weise, wie digitale Dienstleistungen den Wert von Produkten und Unternehmen beeinflussen. In einer Wirtschaft, die zunehmend von digitalen Plattformen und Datenflüssen bestimmt wird, ist der Wert von Waren und Dienstleistungen nicht mehr nur durch ihre physische Existenz oder ihre traditionellen Marktpreise definierbar. Viele digitale Produkte und Dienstleistungen bieten Nutzwert, der nicht in monetären Transaktionen abgebildet wird. Die Art und Weise, wie wir diesen Wert messen, muss über das traditionelle Verständnis von Preis und Menge hinausgehen.

Die Unsicherheit über den wahren Wert der digitalen Wirtschaft führt zu einer Verzerrung der politischen und wirtschaftlichen Debatten. Das BIP als Maßstab für den Wohlstand eines Landes erfasst nur unzureichend die komplexen und oft nicht sichtbaren digitalen Strukturen, die einen immer größeren Teil des Wirtschaftswachstums ausmachen. In diesem Kontext wird die Diskussion um neue Indikatoren, die über das BIP hinausgehen, zunehmend relevanter. Es wird deutlich, dass es notwendig ist, den Blick auf den gesamten Wertschöpfungsprozess zu erweitern, um ein realistischeres Bild von der Entwicklung der Weltwirtschaft zu erhalten.

Zusätzlich zu den fehlenden Messungen von digitalen Dienstleistungen und grenzüberschreitendem Handel ist es entscheidend, dass die bestehenden Wirtschaftsdaten häufiger aktualisiert und an die veränderten Bedingungen der globalen Digitalisierung angepasst werden. Das bedeutet nicht nur eine größere Anzahl an Erhebungen und Datenquellen, sondern auch eine Veränderung in der Denkweise, wie Wirtschaft und Wohlstand gemessen werden. Es ist notwendig, neue, flexiblere Ansätze zur Datensammlung zu entwickeln, die die schnelle Entwicklung der digitalen Wirtschaft widerspiegeln.

Insgesamt ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Wirtschaftswissenschaften ihre Methoden zur Messung des globalen Handels und der wirtschaftlichen Aktivität an die neue digitale Realität anpassen. Nur so wird es möglich sein, ein vollständiges und genaues Bild der weltweiten Wirtschaft zu erhalten und die richtigen politischen Maßnahmen zur Förderung nachhaltigen Wachstums zu ergreifen.

Warum es schwierig ist, Wohlstand und Armut mit einem Index zu messen

Die Debatte über die Messung von Wohlstand und Armut hat in den letzten Jahrzehnten zunehmend an Bedeutung gewonnen, nicht zuletzt aufgrund der breiten Verwendung des Human Development Index (HDI), der von der UNDP eingeführt wurde. Der HDI stellt einen Versuch dar, das Wohlergehen von Menschen über die klassischen ökonomischen Maßstäbe hinaus zu messen, indem er Gesundheit, Bildung und Einkommensniveau kombiniert. Diese Herangehensweise ist zweifellos wertvoll, da sie die multidimensionale Natur des menschlichen Wohlergehens anerkennt. Dennoch gibt es zahlreiche Herausforderungen und Probleme, die mit dieser Methode und ihrer Anwendung verbunden sind.

Ein zentrales Problem bei der Erstellung von Indizes wie dem HDI ist, dass die Zusammenführung mehrerer Indikatoren, die jeweils etwas Relevantes messen, ohne eine klare konzeptionelle Struktur und ohne explizite Abwägung der Gewichtungen erfolgt. Der bekannte Ökonom Martin Ravallion, ehemals bei der Weltbank tätig, warnte davor, dass die Auswahl von Indikatoren für solche Indizes oft willkürlich und ohne Rücksprache mit den betroffenen Menschen, vor allem denen, die in Armut leben, getroffen wird. Er plädierte dafür, dass die Aggregation von Indikatoren in Einklang mit den Prioritäten der Armen stehen sollte. Ein weiteres Problem ist, dass die impliziten Gewichtungen in diesen Indizes oft nicht offen diskutiert werden. Zum Beispiel können die Gewichtungen von Gesundheitsversorgung und Einkommen in einem Land mit niedrigem Einkommen im Vergleich zu einem Land mit hohem Einkommen völlig unterschiedlich ausfallen. Ein gleiches Gewicht für beide Komponenten könnte in einem armen Land eine Verbesserung der Gesundheit als weniger wertvoll erachten als in einem reichen Land. Diese Art von Trade-offs wird selten thematisiert, obwohl sie von entscheidender Bedeutung sind.

Die Frage der Gewichtung und der Kompromisse zwischen verschiedenen Wohlstandsindikatoren wird noch komplexer, wenn man versucht, Umweltschäden und den Verbrauch natürlicher Ressourcen in diese Messungen einzubeziehen. Während einige Indizes wie der Genuine Progress Indicator oder der Index of Sustainable Economic Welfare versuchen, Umweltfaktoren zu berücksichtigen, bleibt unklar, wie man diese "bösen" Aspekte von der Wirtschaftsleistung abziehen kann, ohne gleichzeitig die positiven Aspekte, wie etwa innovative Lebensverbesserungen, zu berücksichtigen. Diese Komplexität zeigt, dass die Berechnung eines einzigen Index, der alles zusammenfasst, unzureichend ist und die Notwendigkeit verdeckt, die unterschiedlichen Auswirkungen und Gewichtungen von Faktoren explizit zu berücksichtigen.

Ein häufig vorgeschlagener Ansatz ist die Verwendung eines sogenannten "Dashboards" statt eines einzelnen Indikators wie dem BIP, um das wirtschaftliche Wohlergehen einer Gesellschaft zu messen. Der berühmte Stiglitz-Sen-Fitoussi-Bericht von 2009 brachte den Begriff des Beyond-GDP-Ansatzes in die politische Diskussion und empfahl eine breitere Palette von Indikatoren. Doch auch bei der Erstellung solcher Dashboards gibt es zahlreiche Herausforderungen. Welche Indikatoren sollten angezeigt werden? Wie sollen die verschiedenen Indikatoren gewichtet werden? Und wie kann man die Abhängigkeiten zwischen den Indikatoren klar darstellen?

Die Auswahl von Indikatoren für ein Dashboard erfolgt häufig ohne eine klare theoretische Grundlage, oft beeinflusst von politischen oder praktischen Erwägungen. Ein Beispiel dafür ist der Streit innerhalb der Vereinten Nationen über die Definition eines Baumes, der zu unterschiedlichen Ergebnissen in Bezug auf die Entwaldung führen kann, je nachdem, wie hoch der Baum definiert wird. Diese willkürliche Auswahl von Indikatoren macht es schwierig, ein konsistentes und fundiertes Dashboard zu schaffen.

Trotz dieser Herausforderungen gibt es eine Reihe von Dashboards, die versuchen, eine breitere Palette von Wohlstandsindikatoren zu integrieren, von den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) der Vereinten Nationen bis hin zu spezifischen Indizes wie dem Social Progress Index oder dem Living Standards Framework Neuseelands. Diese Dashboards bieten einen breiteren Blick auf das Wohlergehen, erfassen jedoch nicht immer die komplexen Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Indikatoren. Ein weiteres Problem ist, dass viele dieser Dashboards nicht die theoretischen Grundlagen oder ein klares Verständnis für die Gewichtung der verschiedenen Faktoren bieten.

Eine zusätzliche Schwierigkeit bei der Verwendung von Dashboards besteht darin, dass die meisten von ihnen keine explizite Gewichtung oder das Ausmaß der Abwägungen zwischen den Indikatoren angeben. Die Auswahl von Indikatoren wird oft nach Verfügbarkeit von Daten oder politischen Erwägungen getroffen, was zu einer gewissen Beliebigkeit führt. Dieser Mangel an theoretischer Fundierung kann die Interpretation und den praktischen Nutzen solcher Dashboards erheblich einschränken.

Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass Dashboards, auch wenn sie keine endgültige Lösung darstellen, dennoch eine wertvolle Ergänzung zu den traditionellen wirtschaftlichen Messgrößen darstellen können. Sie bieten eine breitere Perspektive auf das Wohlergehen einer Gesellschaft und können helfen, wichtige Aspekte des Lebens zu erfassen, die in herkömmlichen Wirtschaftsindikatoren wie dem BIP übersehen werden. Es muss jedoch klar sein, dass Dashboards nicht die Komplexität der sozialen und wirtschaftlichen Realität vollständig abbilden können und immer noch auf theoretischen und praktischen Überlegungen beruhen, die weiterentwickelt werden müssen.

Wie werden wirtschaftliche Phänomene gemessen und warum spielt das eine Rolle?

Die Entwicklung der nationalen Einkommensbuchführung hat sich über die Jahrzehnten hinweg stark verändert. Heute erkennen wir, dass es keine natürliche oder universelle Methode gibt, ökonomische Phänomene zu klassifizieren oder zu messen. Die angewandten Rahmenwerke spiegeln die Bedürfnisse ihrer Zeit wider und passen sich den mentalen Konstrukten jener Epochen an. Insbesondere die Vorstellung, die Wirtschaft sei ein eigenständiger Bereich des nationalen Lebens, ist ein Konzept, das aus einer bestimmten historischen Periode stammt und auf einem klar definierten theoretischen Verständnis des makroökonomischen Verhaltens basiert. Die Erhebung von Statistiken im 20. Jahrhundert stellte eine systematische Sammlung quantitativer Informationen dar, die für den Staat notwendig wurden. Diese Entwicklung war ein wesentlicher Bestandteil des Modernisierungsprozesses der industrialisierten Länder.

Es lässt sich schwer gleichzeitig denken, dass die Phänomene, die gemessen werden, einerseits tatsächlich existieren, andererseits jedoch diese Messungen und Klassifikationen gesellschaftliche Konventionen sind. Preise und gehandelten Produkte existieren selbstverständlich, doch die Kategorien und Rahmenwerke zur Sammlung und Organisation von offiziellen Statistiken sind so konstruiert, dass sie die politischen Zwecke des Staates unterstützen. Die von Theodore Porter als „soziale Technologie“ bezeichnete Quantifizierung baut Vertrauen in staatliche Autoritäten auf, indem sie Entscheidungen scheinbar objektiv macht, ohne als solche wahrgenommen zu werden. James Scott zeigt in seinem Buch Seeing Like a State, dass diese Messungen, die ursprünglich zur Ordnung von chaotischen gesellschaftlichen Verhältnissen geschaffen wurden, die Realität beeinflussen und dadurch oft ungewollte Folgen haben. Ein statistisches System, das auf den Bedürfnissen des Staates basiert, wird zur "realen" Grundlage für politische Entscheidungen, auch wenn diese Klassifikationen in vielerlei Hinsicht künstlich sind.

Ein anschauliches Beispiel für den sozialen Charakter von Statistiken ist die Entwicklung offizieller Daten zur Ethnizität. In Ländern wie den USA und Großbritannien wurden solche Daten im Laufe der Jahre immer detaillierter, was teilweise auf die zunehmende Diversität der Gesellschaften und das Bedürfnis zurückzuführen ist, sozioökonomische Ungleichheiten zu überwachen. Im Gegensatz dazu verbietet Frankreich die Erhebung von Daten zur Ethnizität mit dem Ziel, die Gleichheit aller Bürger zu wahren. Diese Beispiele verdeutlichen, dass ethnische Statistiken nicht eine natürliche Notwendigkeit sind, sondern eine politische Entscheidung widerspiegeln. In einer Gesellschaft, in der Rasse als Quelle von Identität und Ungleichheit wichtig ist, werden diese Daten erhoben und für politische Zwecke verwendet.

Es gibt eine bedeutende Literatur über die soziale Konstruktion von Statistiken, die jedoch nicht immer in den Wirtschaftswissenschaften beachtet wird. Dabei ist das Verständnis dieser Konstruktion essenziell, da die Daten gleichzeitig sowohl Forschung ermöglichen als auch einschränken. In den frühen Nachkriegsdekaden arbeiteten führende Ökonomen mit den neu verfügbaren nationalen Einkommensdaten, um empirische Modelle des Wirtschaftswachstums zu entwickeln. Dank des Zugangs zu jahrelangen GDP-Daten und nationalen Konten war es erstmals möglich, empirisch fundierte Theorien des wirtschaftlichen Wachstums zu formulieren. Die Daten bestimmten, was als relevant für die Forschung galt, und beeinflussten so die Entstehung der ökonomischen Theorien. Simon Kuznets, zum Beispiel, formulierte die Hypothese, dass Einkommensungleichheit in armutsgeprägten Ländern zunächst steigen würde, jedoch nach einer bestimmten Entwicklungsphase sinken sollte. Diese Theorien waren direkt mit der Verfügbarkeit und Interpretation von Wirtschaftsdaten verbunden.

Diese Wechselwirkung zwischen Theorie und Daten ist der entscheidende Punkt: Statistiken sind nicht nur eine neutrale Erhebung von Informationen, sondern sie bestimmen aktiv, welche Phänomene als wichtig und messbar gelten. Ohne die zugrunde liegende Theorie würde es keine GDP-Daten geben, und ohne die Daten könnte es keine Theorien über Wachstum und Entwicklung geben. Die Art und Weise, wie Statistiken erhoben und klassifiziert werden, beeinflusst somit nicht nur das ökonomische Wissen, sondern auch die politischen Entscheidungen und die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Realität.

Die grundlegende Erkenntnis aus dieser Diskussion ist, dass wirtschaftliche Statistiken niemals einfache objektive Messungen sind. Sie sind ebenso ein Produkt der sozialen und politischen Umstände, in denen sie entstanden sind. In der Praxis kann diese soziale Konstruktion von Statistiken gravierende Auswirkungen auf die politischen Entscheidungen haben. So kann etwa eine scheinbar neutrale Zahl wie das BIP auf unterschiedliche Weise interpretiert werden: Ist ein moderates BIP-Wachstum ein Zeichen für eine starke Wirtschaft oder für eine sich abschwächende Konjunktur? Solche Diskussionen sind nicht nur ökonomische, sondern auch politische Auseinandersetzungen, die durch Ideologien und gesellschaftliche Narrative geprägt sind.

Der politische Kontext, in dem wirtschaftliche Daten interpretiert werden, hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Die freie Marktphilosophie, die in den 1980er Jahren durch Regierungen wie die von Margaret Thatcher und Ronald Reagan populär wurde, hat die Art und Weise beeinflusst, wie Wirtschaftsdaten in politische Entscheidungen einfließen. Diese Philosophie beruhte auf wirtschaftstheoretischen Reaktionen auf die Stagflation der 1970er Jahre und hat das wirtschaftliche Denken seitdem geprägt.

Es bleibt die Frage, wie solche Daten in einer Krise oder nach einer großen Wirtschaftskrise interpretiert werden. In den letzten Jahrzehnten hat sich gezeigt, dass wirtschaftliche Daten nicht nur zur Analyse von Problemen dienen, sondern auch zur Gestaltung der politischen Agenda. Ereignisse wie die Finanzkrise 2008, die Pandemie und die geopolitischen Spannungen haben die öffentliche Debatte über die Rolle von Statistiken in der Wirtschaft stark verändert.