Die Steuerpolitik im globalen Kontext hat sich in den letzten Jahren durch die rasante Digitalisierung der Wirtschaft erheblich verändert. Die Herausforderungen, die durch die Digitalisierung und die damit verbundenen grenzüberschreitenden Geschäftsmodelle entstehen, sind von entscheidender Bedeutung für die Gestaltung der internationalen Besteuerung. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat im Rahmen des BEPS (Base Erosion and Profit Shifting)-Aktionsplans eine Reihe von Maßnahmen vorgeschlagen, um sicherzustellen, dass die Besteuerung mit der Wertschöpfung in Einklang steht und aggressive Steuerplanung durch multinational tätige Unternehmen (MNEs) eingedämmt wird.

Ein zentrales Element dieses Plans ist die Einführung von sogenannten „Country-by-Country Reports“ (CbC), die es den Steuerbehörden ermöglichen, die Gewinne eines multinationalen Unternehmens (MNE) nach geographischen Regionen zu verfolgen. Mehr als drei Viertel der Mitglieder des inklusiven Rahmens haben mittlerweile CbC-Berichtspflichten eingeführt, und viele MNEs mit einem Jahresumsatz von mehr als 750 Millionen Euro müssen diese Berichte in ihrem Heimatland einreichen. Diese Transparenz soll dazu beitragen, Steuervermeidung und -hinterziehung zu verringern, indem detaillierte Daten über die internationalen Aktivitäten eines Unternehmens gesammelt werden.

Doch trotz dieser Bemühungen bleibt die tatsächliche Umsetzung eine Herausforderung. Besonders in Entwicklungsländern stellt sich die Frage der Datenverfügbarkeit und der technologischen Kapazitäten der Steuerbehörden. Eine anonyme Steuerbeamtin eines Entwicklungslandes stellte fest, dass die CbC-Berichte in ihrer Form nicht ausreichend detailliert sind, um eine effektive Steuerprüfung zu ermöglichen. Der Aufwand, diese Berichte zu erstellen und die entsprechenden internationalen Informationsaustauschmechanismen umzusetzen, hat in vielen Ländern zu einem Gefühl der Frustration geführt, da die Vorteile in Bezug auf die Steuererhebung noch begrenzt sind.

Die Problematik wird durch den Umstand verschärft, dass die Mehrzahl der MNEs in entwickelten Ländern ansässig ist, während die Steuerbehörden in vielen Schwellen- und Entwicklungsländern entweder nicht über die notwendigen Ressourcen oder die politische Macht verfügen, um diese Unternehmen zu einer fairen Steuerbeteiligung zu bewegen. Infolgedessen finden sich viele dieser Länder in einer benachteiligten Position, da sie häufig nur über unzureichende Verhandlungsmacht verfügen, um multinational tätige Unternehmen zur Einhaltung lokaler Steuerregeln zu zwingen.

Im Rahmen der OECD-Initiativen wurde 2015 das "Inclusive Framework on BEPS" ins Leben gerufen, ein globaler Rahmen für die Zusammenarbeit in der Steuerpolitik, der auch Nicht-Mitglieder der OECD einbezieht. Dieser Rahmen hat die Herausforderungen der Digitalisierung und der Verlagerung von Unternehmensgewinnen in Niedrigsteuerländer als zentrales Anliegen aufgenommen. Insbesondere die Notwendigkeit, digitale Geschäftsmodelle angemessen zu besteuern, wurde erkannt. Digitale Unternehmen, die keinen physischen Betrieb in einem Land haben, aber dennoch erheblich von den dortigen Märkten profitieren, stellen für viele Länder ein Problem dar. Viele Entwicklungsländer haben weder die Kapazitäten, noch die Ressourcen, um die Wirtschaftstätigkeit von globalen MNEs auf ihren Märkten zu überwachen.

Die OECD und die G20 haben im Jahr 2021 einen Konsens zur Lösung der steuerlichen Herausforderungen durch die Digitalisierung der Wirtschaft erzielt, der als „Two-Pillar Solution“ bekannt ist. Der erste Pfeiler zielt darauf ab, eine multinationale Lösung zu entwickeln, um festzulegen, wann ein Unternehmen steuerpflichtig wird (Nexus-Regelung), und wie die Gewinne dieser Unternehmen auf verschiedene Jurisdiktionen verteilt werden sollen. Der zweite Pfeiler strebt die Einführung einer globalen Mindeststeuer von 15 % für Unternehmen an, die in jeder Jurisdiktion, in der sie tätig sind, angewendet wird. Diese Regelung soll verhindern, dass Unternehmen von Niedrigsteuergebieten profitieren, indem sie Gewinne dorthin verlagern, um niedrigeren Steuersätzen zu unterliegen.

Trotz dieser Fortschritte haben jedoch nicht alle Länder dem Konsens zugestimmt. Einige afrikanische Staaten, darunter Nigeria und Kenia, haben sich gegen die Two-Pillar-Lösung ausgesprochen, und viele Entwicklungsländer verfolgen einen abwartenden Standpunkt. In einigen dieser Länder wurden bereits nationale Steuerregelungen eingeführt, die darauf abzielen, den digitalen Geschäftsverkehr zu besteuern, etwa durch die Einführung einer Digital Services Tax (DST), wie sie Indien 2016 verabschiedete. Diese Steuer erfasst Einnahmen aus der digitalen Werbung und den Verkauf von Dienstleistungen auf digitalen Plattformen, auch wenn das Unternehmen keinen physischen Standort im Land hat.

Obwohl das Ziel der OECD-Initiative darin besteht, Unternehmen vor willkürlicher Doppelbesteuerung zu schützen, bleibt offen, ob diese Maßnahmen wirklich effektiv sind. Einige Regierungen, wie etwa die nigerianische, haben bereits Regeln eingeführt, die den steuerlichen Nexus auf Basis eines „signifikanten wirtschaftlichen Vorhandenseins“ definieren, unabhängig davon, ob das Unternehmen physisch im Land tätig ist. Solche Regelungen, die den digitalen Geschäftsverkehr in einer bestimmten Jurisdiktion besteuern, selbst wenn keine physische Präsenz besteht, können dazu beitragen, die Steuererhebung in Entwicklungsländern zu verbessern.

Neben den Herausforderungen im Bereich der Besteuerung bleibt jedoch ein weiteres wichtiges Thema bestehen: die Frage nach der Fairness der globalen Steuerregeln. Während einige Länder von der OECD-Initiative profitieren, fühlen sich andere benachteiligt, da ihre Steuerbehörden nicht über die nötige Infrastruktur oder Expertise verfügen, um die neuen Regelungen zu überwachen. Infolgedessen könnte es zu einer stärkeren Polarisierung zwischen den Steuerkapazitäten der verschiedenen Länder kommen, was die Steuerung des globalen Steuerrechts erschwert. Zudem bleibt die Frage offen, wie weit Länder in der Lage sind, sich gegen die mächtigen digitalen Plattformen zu behaupten, die global agieren und oft mehr Einfluss besitzen als einzelne Staaten.

Welche Rolle spielt Finanzmobilisierung im globalen Klimaschutz?

Im Rahmen der globalen Klimaschutzbemühungen hat die Mobilisierung finanzieller Ressourcen einen zentralen Stellenwert eingenommen. Antonio Guterres, der Generalsekretär der Vereinten Nationen, stellte in seinen Ansprache klar, dass ein entscheidender Bestandteil für den Erfolg im Kampf gegen den Klimawandel die Finanzierung sei. Diese Ressourcen müssen durch gezielte Investitionen und eine verstärkte Zusammenarbeit mobilisiert werden, um die globalen Klimaziele zu erreichen. Besonders hervorzuheben ist hierbei die Bedeutung von Transformationsprozessen in fünf zentralen Wirtschaftsbereichen: Energie, Städte, Landnutzung, Wasser und Industrie. Ein entscheidender Punkt ist, dass rund 75 Prozent der Infrastruktur, die bis 2050 erforderlich ist, noch gebaut werden muss. Wie diese Entwicklung gestaltet wird, entscheidet maßgeblich darüber, ob wir in eine Zukunft mit hohen Emissionen steuern oder einen Weg hin zu einer nachhaltigen, emissionsarmen Entwicklung einschlagen.

Es wird zunehmend deutlich, dass Regierungen und Investoren auf die grüne Wirtschaft setzen müssen, um der Klimakrise zu begegnen. Die grüne Wirtschaft ist hier nicht nur ein abstraktes Konzept, sondern ein praktischer Leitfaden, wie Märkte und Investitionen strukturiert werden sollten. Dies umfasst unter anderem die Einführung von CO2-Bepreisung, die Abschaffung schädlicher Subventionen für fossile Brennstoffe und die Förderung von Investitionen in saubere Technologien. Diese Maßnahmen sind nicht nur notwendig, sondern bieten auch die Chance auf wirtschaftliche Innovationen und die Schaffung neuer Arbeitsplätze in zukunftsfähigen Sektoren. Gleichzeitig muss jedoch auch für die sozialen Belange der Arbeitnehmer in traditionellen, vom Wandel betroffenen Sektoren gesorgt werden, etwa durch Umschulungen und soziale Sicherheitsnetze, um den Übergang gerecht zu gestalten.

Neben der grünen Wirtschaft erfordert die Umsetzung effektiver Klimaschutzmaßnahmen auch die Unterstützung der verletzlichsten Staaten und Gemeinschaften. Besonders kleine Inselstaaten und die am wenigsten entwickelten Länder sind stark vom Klimawandel betroffen. Ihre Anpassung an die neuen klimatischen Bedingungen muss durch gezielte finanzielle Hilfe unterstützt werden, um ihre Resilienz zu stärken. Ein positives politisches Signal in dieser Hinsicht wäre die konsequente Umsetzung des jährlich zugesagten Betrags von 100 Milliarden Dollar, um Entwicklungsländern sowohl bei der Minderung von Emissionen als auch bei der Anpassung an den Klimawandel zu helfen.

Diese Finanzierungsziele und -strategien werden nicht nur von den Staaten getragen, sondern erfordern auch die aktive Einbindung des privaten Sektors. Die Mobilisierung von Kapital aus privaten Quellen und internationalen Finanzinstitutionen ist von zentraler Bedeutung. Guterres hat daher eine Reihe von Initiativen ins Leben gerufen, die sich darauf konzentrieren, sowohl öffentliche als auch private Akteure zusammenzubringen. Dazu zählt auch die Ernennung des französischen Präsidenten Macron und des jamaikanischen Premierministers Holness, die die internationale Gemeinschaft zur Mobilisierung von Ressourcen anleiten sollen. Die Rolle von Milliardären, wie dem Finanzmogul Michael Bloomberg, der aktiv Koalitionen bildet, um private Investitionen in den Klimaschutz zu fördern, spielt ebenfalls eine zentrale Rolle.

In den internationalen Klimaverhandlungen wurde zunehmend ein neues Verständnis von Klimafinanzierung etabliert, das von den dominierenden Wirtschaftsmodellen des Kapitalmarktes und des freien Handels geprägt ist. Das frühere Verständnis von Klimafinanzierung als eine Verpflichtung der entwickelten Länder, Entwicklungsländern Ressourcen und Technologien zur Verfügung zu stellen, hat sich verändert. Heute geht es vielmehr darum, Kapital aus einer Vielzahl von Quellen zu mobilisieren – öffentlich und privat, bilateral und multilateral. Diese Verschiebung hat dazu geführt, dass die Klimafinanzierung nicht nur als Entwicklungsmaßnahme verstanden wird, sondern zunehmend als Teil eines grünen Wirtschaftssystems, das von den internationalen Finanzinstitutionen und privaten Unternehmen unterstützt wird.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Mobilisierung von Klimafinanzierung sind ebenfalls von großer Bedeutung. In der Praxis bedeutet dies, dass die Klimafinanzierung stark in den Mechanismen und Prozessen internationaler Finanzmärkte verankert ist. Dies führt zu einer neuen Form der Wirtschaftsordnung, in der finanzielle Produkte im Bereich grüner Technologien entwickelt werden, die den Markt für CO2-Reduktionen und -Komponenten bedienen. Der Begriff "grüne Wirtschaft" ist hier nicht nur ein Schlagwort, sondern ein entscheidendes Element der globalen Strategie zur Bekämpfung des Klimawandels.

Es ist jedoch wichtig zu erkennen, dass dieses neue Modell der Klimafinanzierung nicht ohne Kontroversen bleibt. Besonders im Globalen Süden gibt es Kritik an der Aufweichung des Prinzips der historischen Verantwortung, welches früher als Grundlage für die Klimafinanzierung diente. Kritiker aus diesen Regionen weisen darauf hin, dass die reichen Länder, die historisch gesehen den größten Teil der Emissionen verursacht haben, weiterhin eine größere Verantwortung für die Bereitstellung von Finanzmitteln tragen sollten. Diese Spannungen zwischen den entwickelten und den sich entwickelnden Ländern sind nach wie vor ein zentrales Thema in den internationalen Klimaverhandlungen.

Insgesamt zeigt sich, dass die Frage der Klimafinanzierung untrennbar mit der globalen Wirtschaftsordnung verbunden ist. Die Verschiebung von der Vorstellung einer unilateralen Verpflichtung der reichen Länder zu einer breiteren Mobilisierung von Ressourcen hat die Grundlagen der internationalen Klimapolitik verändert. Die zunehmende Rolle des privaten Sektors und der globalen Finanzmärkte in der Klimafinanzierung führt zu einer neuen Art der Governance, die den Umgang mit Klimafinanzen zunehmend in den Händen von globalen Finanzinstitutionen und privaten Unternehmen liegt. In diesem Kontext ist es entscheidend, die politischen und wirtschaftlichen Hintergründe dieser Entwicklung zu verstehen, um die Auswirkungen auf die Entwicklungsländer und die langfristige Effektivität der Klimaschutzmaßnahmen zu bewerten.

Wie der Begriff "Gesetz und Ordnung" die Gesellschaften im Globalen Süden beeinflusst hat

Der Begriff "Gesetz und Ordnung" hat sich im globalen Kontext aus sehr unterschiedlichen historischen und politischen Ausgangslagen entwickelt. Besonders in Ländern des Globalen Südens nahm dieses Konzept eine eigene Gestalt an, die sowohl die kolonialen und neokolonialen Einflüsse widerspiegelt als auch die Auswirkungen neoliberaler Wirtschaftspolitiken. Der Fokus auf harte Strafverfolgung und die Kriminalisierung von bestimmten Bevölkerungsgruppen wird in vielen dieser Länder durch eine Mischung aus autoritären Traditionen und populistischen Bestrebungen verstärkt. In diesem Kapitel wird die Entwicklung dieses Begriffs untersucht und dabei auf die besonderen Bedingungen im Globalen Süden eingegangen, wobei Brasilien und die Philippinen als Fallbeispiele dienen.

In den 1970er Jahren, während die Weltwirtschaft von den Auswirkungen des Vietnamkriegs und der zunehmenden Konkurrenz zwischen den Nationen beeinflusst war, begannen die USA und westliche Institutionen wie der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank, neoliberale Wirtschaftspolitiken in den Globalen Süden zu exportieren. Diese Politiken setzten oft Maßnahmen wie die Privatisierung öffentlicher Sektoren und die Förderung von Exportzonen durch, die zu einer Öffnung der Märkte führten. Im Gegenzug wurden von den betroffenen Ländern wirtschaftliche "Strukturanpassungsprogramme" verlangt, die nicht nur den Markt liberalisierten, sondern auch die sozialen und politischen Strukturen veränderten.

Das Konzept von "Gesetz und Ordnung", ursprünglich als Teil eines Entwicklungsmodells verstanden, welches davon ausging, dass wirtschaftlicher Fortschritt zu Demokratie und stabiler Rechtsordnung führen würde, nahm unter den neuen globalen Bedingungen eine zunehmend repressivere Wendung. Die wirtschaftlichen Veränderungen und die wachsende Ungleichheit führten zu einer verstärkten Wahrnehmung von sozialer Unsicherheit, was wiederum die politische Rhetorik in Richtung strengerer Strafverfolgung und wachsender Polizeimacht verschob.

In den westlichen Ländern des Globalen Nordens, insbesondere in den USA und Großbritannien, wurde die Diskussion über "Gesetz und Ordnung" ab den 1980er Jahren zunehmend mit einer "harten Gangart gegen Kriminalität" verknüpft. Die Rhetorik drehte sich nun weniger um den Schutz der sozialen Ordnung und mehr um die Kriminalisierung von Randgruppen, insbesondere von Migranten und Minderheiten. Diese Entwicklung war nicht nur eine Reaktion auf die zunehmende gesellschaftliche Unsicherheit, sondern auch eine politische Strategie, um Wählerstimmen durch die Versprechung einer "sicheren" Gesellschaft zu gewinnen. Politiker wie Margaret Thatcher in Großbritannien und Ronald Reagan in den USA propagierten Maßnahmen zur Strafverschärfung und zur Erweiterung der Polizeibefugnisse. In den 1990er Jahren, unter Präsident Bill Clinton, erlebte diese Entwicklung einen weiteren Höhepunkt, als die USA ein Gesetz zur Bekämpfung von Gewaltkriminalität verabschiedeten, das zu einer massiven Zunahme der Gefängnisbevölkerung führte.

Die Auswirkungen dieser politischen Entscheidungen waren nicht auf die westlichen Länder beschränkt. Im Globalen Süden führte die enge Verknüpfung von "Gesetz und Ordnung" mit neoliberalen Wirtschaftsstrategien und autoritären Staatsmodellen zu einer noch stärkeren Betonung der Kriminalisierung armer und marginalisierter Bevölkerungsgruppen. In Ländern wie Brasilien und den Philippinen nahm die populistische Rhetorik rund um "Gesetz und Ordnung" deutlich zu. Die ehemaligen Präsidenten Jair Bolsonaro und Rodrigo Duterte nutzten den Diskurs über Kriminalität als ein zentrales Element ihrer politischen Agenda, um sowohl die öffentliche Angst zu schüren als auch die politische Unterstützung in der Bevölkerung zu gewinnen. Während Bolsonaro sich vor allem auf eine harte Bekämpfung von Kriminalität und die Erweiterung der Polizeibefugnisse stützte, setzte Duterte in den Philippinen auf brutale Drogenbekämpfungsmaßnahmen, die zu unzähligen extralegalen Tötungen führten.

Das politische Ziel hinter dieser Entwicklung war es, eine stabile Ordnung aufrechtzuerhalten, die jedoch zunehmend auf der Unterdrückung und Kriminalisierung der Ärmsten und Schwächsten basierte. In dieser "Strafpolitik für das Volk" finden sich tief verwurzelte autoritäre Tendenzen, die das Vertrauen in den Rechtsstaat untergraben und die soziale Spaltung verschärfen. In Brasilien etwa führte die Politik von Bolsonaro zu einer systematischen Entmenschlichung von Minderheiten und verfestigte die Ausgrenzung der ohnehin schon benachteiligten Gruppen. In den Philippinen führte die harte Drogenbekämpfungspolitik unter Duterte zu einem massiven Anstieg der Gewalt, ohne die zugrunde liegenden sozialen Probleme zu adressieren.

In vielen dieser Länder, in denen "Gesetz und Ordnung" im Namen der Sicherheit aufrechterhalten wird, sind die wahren Ursachen für Gewalt und soziale Unruhe oft tief in den sozialen und wirtschaftlichen Ungleichheiten verankert. Armut, ungleiche Bildungschancen und die marginalisierte Stellung ganzer Bevölkerungsgruppen tragen wesentlich zu den Problemen bei, die unter der Oberfläche brodeln und die von populistischen Führern als "Kriminalität" gedeutet werden.

Es ist wichtig zu verstehen, dass "Gesetz und Ordnung" in vielen Ländern des Globalen Südens nicht einfach nur ein politischer Diskurs zur Förderung von Sicherheit ist. Es ist vielmehr ein politisches Werkzeug, das genutzt wird, um die bestehenden Machtverhältnisse zu stabilisieren, indem die Schuld auf die Ärmsten und Schwächsten der Gesellschaft abgewälzt wird. Gleichzeitig wird durch diese Politik die Macht des Staates weiter ausgebaut und die Kontrolle über die Bevölkerung verstärkt. Insofern zeigt sich die neoliberale Wende nicht nur in den wirtschaftlichen Bereichen, sondern auch im Bereich der Strafverfolgung und der sozialen Kontrolle.

Die entscheidende Frage für die Gesellschaften des Globalen Südens ist daher, ob der Weg zu mehr Sicherheit und Ordnung über weitere Repression und die Kriminalisierung ganzer Bevölkerungsschichten führen sollte, oder ob es nicht vielmehr notwendig ist, die tief verwurzelten sozialen und wirtschaftlichen Ungleichgewichte anzugehen, um einen echten und langfristigen Frieden zu schaffen.