Die Frage nach dem Einfluss von sozialen Medien auf politische Prozesse und öffentliche Meinungsbildung ist so alt wie die Plattformen selbst. Die Cambridge-Analytica-Affäre brachte diese Thematik jedoch auf eine neue Ebene der Bewusstseinsbildung. Die Ereignisse rund um die Manipulation von Wahlen und die gezielte Verbreitung von Desinformation stellen nur die Spitze des Eisbergs dar, wenn es um die Nutzung von Big Data und sozialen Medien für politische und kommerzielle Zwecke geht. Was jedoch oft übersehen wird, ist die Tatsache, dass solche Strategien nicht nur von Russland oder einzelnen Akteuren ausgeführt werden, sondern dass dies mittlerweile ein etabliertes Geschäftsmodell für viele Player auf der internationalen Bühne darstellt.

Die Frage, ob der Begriff "Crooked Hillary" in den US-Wahlen 2016 erfolgreich war, weil er in den traditionellen Medien oder vor allem in den sozialen Medien verbreitet wurde, stellt sich als entscheidend heraus. Die Rolle klassischer Lobbyisten und ihrer Verbindungen zu einflussreichen Persönlichkeiten wie Donald Trump und Jared Kushner wird dabei oft übersehen. Persönlichkeiten wie Tom Barrack, Elliot Broidy und George Nader agierten als Mittelsmänner zwischen politischen Kampagnen und ausländischen Regierungen, was auch Teil der Ermittlungen von Robert Muellers Sonderermittlungen war. Solche Verbindungen zeugen von der komplexen Verschmelzung von traditionellen politischen Einflussmethoden und den neuen Formen der politischen Kommunikation, die durch soziale Medien ermöglicht werden.

Ein weiteres zentrales Thema ist die Rolle von Unternehmen wie Cambridge Analytica, die auf die Sammlung und Auswertung von großen Mengen an Daten angewiesen waren, um gezielte Wahlwerbung zu schalten und Wählerverhalten zu beeinflussen. Obwohl die Rolle Russlands in diesem Zusammenhang häufig diskutiert wird, zeigt die breitere Perspektive, dass diese Praktiken weit verbreitet und nicht auf eine einzige Nation oder politische Agenda begrenzt sind. Bereits die Obama-Kampagne 2012 profitierte massiv von der Sammlung und Auswertung persönlicher Daten durch Facebook. Ähnlich verhält es sich mit i360 Themis und DataTrust, Unternehmen, die den psychometrischen Manipulationsprozess perfektioniert haben, um Wähler mit maßgeschneiderter Werbung zu beeinflussen.

Die Cambridge-Analytica-Affäre hat auch die Aufmerksamkeit auf eine Industrie gelenkt, die sich auf die Nutzung von Big Data und sozialen Medien spezialisiert hat, um politische und kommerzielle Ziele zu verfolgen. Laut einer Studie von Oxford University wurden in den letzten zehn Jahren mehr als eine halbe Milliarde Dollar für solche Kampagnen ausgegeben. Die Skalierbarkeit und Rentabilität dieses Geschäftsmodells hat weltweit zahlreiche Akteure angezogen, darunter auch zahlreiche westliche Unternehmen und Organisationen, die zum Teil enge Verbindungen zum Geheimdienstsektor pflegen. Dies wirft grundlegende Fragen auf zur Transparenz, Ethik und den langfristigen Auswirkungen auf die demokratische Entscheidungsfindung.

Der Einfluss von sozialen Medien auf politische Prozesse wird oft als „post-truth“ bezeichnet, ein Begriff, der die Unsicherheit und die zunehmende Verwirrung beschreibt, die mit der Verbreitung von Falschinformationen einhergehen. Soziale Medien haben einen erheblichen Beitrag zur Schwächung der traditionellen Medienlandschaft geleistet und ihre Werbemodelle verdrängt. Doch sie sind gleichzeitig auch ein notwendiges Übel in der heutigen politischen Kommunikation, wobei Politiker sie oft als „Retter“ ansehen, die das Ziel verfolgen, die Autonomie der Nutzer als Informationsverbraucher zu stärken und eine höhere Transparenz der Inhalte zu erreichen. In der Praxis bleiben jedoch viele der versprochenen Regulierungslösungen unklar und schwer fassbar. Die Europäische Union beispielsweise versuchte, Google und Facebook zu mehr „Selbstzensur“ zu drängen, was von Kritikern als undemokratisch betrachtet wird.

Nicht zuletzt gibt es die Frage nach der Verantwortung der sozialen Netzwerke selbst. Facebook, dessen 40-Milliarden-Dollar-Werbegeschäft nahezu ausschließlich auf den freiwilligen Angaben der Nutzer basiert, hat nach den Skandalen rund um RussiaGate und Cambridge Analytica Änderungen versprochen. Doch auch diese Bemühungen werfen Fragen auf, denn die Einführung von Maßnahmen wie der Kennzeichnung politischer Werbung und der Überprüfung durch zusätzliche Mitarbeiter ändert wenig daran, dass Facebook weiterhin private Daten seiner Nutzer sammelt, um diese zu monetarisieren.

Es ist entscheidend zu verstehen, dass die Machbarkeit und Effektivität solcher manipulativen Techniken oft überschätzt wurde. Der Einfluss von sozialen Medien auf die Wahlen 2016 in den USA war im Vergleich zu den traditionellen Medien und der Lobbyarbeit der politischen Eliten relativ gering. Doch die Zunahme des Interesses an der Nutzung von Big Data und psychometrischer Manipulation zeigt die beständige Suche nach neuen Wegen der politischen Beeinflussung. Die Perspektive von Cambridge Analytica erinnert uns daran, dass es nicht nur um die technische Ausführung geht, sondern auch um die ethischen, rechtlichen und sozialen Implikationen dieser Praktiken für unsere Gesellschaft.

Woran lässt sich der Ursprung des Nervengiftes im Fall Skripal festmachen?

Der Fall der Vergiftung von Sergei und Yulia Skripal im März 2018 hat eine Reihe von komplexen Fragen hinsichtlich der Herkunft des verwendeten Nervengiftes aufgeworfen. Zunächst gab es die Annahme, dass das Gift Fentanyl oder eine seiner Varianten gewesen sein könnte, jedoch wurde schnell festgestellt, dass dies nicht zutraf. Innerhalb der kurzen Zeitspanne zwischen dem 5. und 6. März war es kaum möglich, von der Porton-Down-Anlage – einer britischen militärischen Forschungseinrichtung – die nötigen Blutproben zu analysieren, um die Metaboliten eines Giftes zu identifizieren, dessen Struktur noch nicht ausreichend verstanden war, selbst im September 2015. Dennoch wurde schon am 7. März von Polizeiquellen behauptet, dass die Skripals mit einem Nervengift vergiftet worden seien, das zu einem gezielten Mordanschlag führen sollte.

Die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) hatte die Aufgabe, das Gift zu identifizieren, doch ihre Inspektion fand erst am 21. März statt, und der Bericht wurde erst am 12. April veröffentlicht – also lange nachdem die britische Regierung bereits einen Schuldigen benannt hatte. Die OPCW stellte fest, dass es sich um ein hochreines Nervengift handelte, was die Bestimmung des Ursprungs des Giftes erschwerte. Die hohe Reinheit deutete darauf hin, dass es in einem hochkompetenten Labor in geringer Menge hergestellt worden war, was die Annahme einer „militärischen Qualität“ – wie sie von Großbritannien behauptet wurde – als unwahrscheinlich erscheinen ließ. Ebenso wäre es schwierig gewesen, ein derart reines Gift auf einem Türgriff zu platzieren, wie es die britische Regierung vorschlug. Wäre es tatsächlich aus Russland gekommen, wäre es fast unmöglich gewesen, dass Boris Johnson bereits am 12. März mit solcher Sicherheit das Nervengift als A-234 identifizieren konnte. Diese Identifikation hätte umfassende Recherchen und Vorkenntnisse in Großbritannien erfordert, und nicht in Russland.

Die OPCW führte Umweltproben erst ab dem 21. März durch, sodass eine zügige Identifikation des Giftes zu diesem Zeitpunkt praktisch ausgeschlossen war. Das schnelle Festhalten an Russland als Täter machte jedoch deutlich, dass die britische Regierung den Fall opportunistisch und gezielt nutzte, um Russland zu diskreditieren und die wachsende feindliche Rhetorik des Westens gegenüber Russland weiter zu schüren, noch bevor relevante Beweise vorlagen.

Noch am 1. Mai erklärte der Nationale Sicherheitsberater der britischen Premierministerin, Sir Mark Sedwill, dass es keine Verdächtigen im Fall Skripal gebe, während der stellvertretende Assistent-Kommissar der Metropolitan Police, Dean Haydon, am 5. Juni bestätigte, dass „eine Vielzahl von Ermittlungsansätzen noch verfolgt werde“.

Die britischen Behauptungen, dass der A-234-Nervenkampfstoff nur aus Russland stammen könne, erwiesen sich als eindeutig falsch. Der Präsident der Tschechischen Republik berichtete, dass sein Land 2017 noch eine kleine Menge des Stoffes produziert, getestet und vernichtet hatte. Ende 2016 gelang es iranischen Wissenschaftlern, eine Reihe von Novichok-Giften zu synthetisieren, was sie sofort der OPCW meldeten, um diese Informationen in die Chemiewaffendatenbank der Organisation aufzunehmen. Auch andere Länder hatten Novichoks getestet. Im Gegensatz zu Staaten wie Israel und Nordkorea, die den Chemiewaffenvertrag nicht ratifiziert und die OPCW nicht beigetreten waren, hatte Russland im Rahmen seiner Verpflichtungen den Abbau sämtlicher Chemiewaffenbestände abgeschlossen, einschließlich der Novichok-Produktion.

In Bezug auf die Forschung an Novichoks ist es auch wichtig zu berücksichtigen, dass die USA und Großbritannien ebenfalls in den Entwicklungsprozess solcher Stoffe involviert waren. Der Hauptwissenschaftler des Porton-Down-Instituts gab zwar an, dass er den Ursprung des Giftes nicht bestimmen konnte, er bestreitet jedoch nicht, dass Großbritannien über Novichoks verfüge. Dies lässt vermuten, dass auch die USA und Großbritannien Novichok-Stoffe erforscht haben. Die USA waren auch an der Dekontamination einer Chemiewaffen-Anlage in Usbekistan beteiligt, in der Novichoks angeblich hergestellt worden sein sollen.

Ein weiteres Problem in der Untersuchung des Falls ist die Tatsache, dass die Behauptung, nur Russland könne Novichoks „verwendet“ haben, ebenfalls nicht haltbar ist. Die entscheidende Quelle dieser Behauptung, Vil Mirzayanov, hatte 1992 erstmals von Novichok berichtet. Mirzayanov, der später in die USA übersiedelte und ein Buch über seine Erfahrungen veröffentlichte, wurde zunehmend kritisiert, weil seine Glaubwürdigkeit durch seine politischen Aktivitäten und seine feindliche Haltung gegenüber Russland in Frage gestellt wurde. Während Mirzayanov behauptete, nur Russland habe Novichoks entwickelt, widersprachen ihm nicht nur jüngste Erkenntnisse, sondern auch Experten wie Vladimir Uglev, ein ehemaliger sowjetischer Wissenschaftler, der die Entwicklung von Nervengiften von 1972 bis 1988 überwachte. Uglev bezweifelt, dass Novichok nur in Russland entwickelt wurde, und er schließt nicht aus, dass auch Großbritannien oder Deutschland daran beteiligt waren.

Auch die Frage nach einem möglichen Motiv Russlands für einen Mordanschlag auf die Skripals erscheint fragwürdig. Warum sollte Russland ein derart brisantes Thema aufwerfen, kurz vor der Ausrichtung der Fußball-Weltmeisterschaft 2018 in Russland, und warum sollte es gegen ein etabliertes internationales Verständnis handeln, das Spione nach einem Austausch in Ruhe lässt? Wenn Russland Skripal für seine früheren Taten bestrafen wollte, warum wartete es dann acht Jahre, um dies zu tun?

Es gibt viele ungelöste Fragen rund um den Fall Skripal, und die Behauptungen der britischen Regierung über die Herkunft des Giftes und das Motiv Russlands erscheinen zunehmend fragwürdig. Es bleibt zu hoffen, dass die vollständigen Ergebnisse der internationalen Untersuchungen und eine objektive Auswertung der Beweise dazu beitragen werden, diese komplexe Angelegenheit aufzuklären.

War Skripal ein Ziel britischer Geheimdienste?

Der Fall des russischen Ex-Spions Sergei Skripal und seiner Tochter Yulia, die 2018 in Salisbury mit einem Nervengift vergiftet wurden, bleibt eine der mysteriösesten und umstrittensten geopolitischen Ermittlungsgeschichten des letzten Jahrzehnts. Obwohl die britische Regierung und ihre westlichen Verbündeten sofort Russland verantwortlich machten, gibt es zahlreiche Fragen und Zweifel, die auf alternative Theorien hinweisen. Ein Szenario, das zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist das, dass britische Geheimdienste selbst in das Attentat verwickelt gewesen sein könnten.

Eine mögliche Erklärung könnte in der Geschichte der Zusammenarbeit zwischen den Geheimdiensten des Vereinigten Königreichs und der USA liegen. Beide Staaten waren in der Erstellung des Steele-Dossiers involviert, das die politische Landschaft maßgeblich beeinflusste und auch die russische Regierung ins Visier nahm. Skripal, ein ehemaliger Doppelagent, der Informationen an den britischen Geheimdienst MI6 lieferte, hatte in der Vergangenheit möglicherweise wertvolle Informationen über russische Geheimdienstoperationen und kriminelle Netzwerke in Großbritannien. Dies hätte ihm zahlreiche Feinde eingebracht, die – so die Theorie – ein Motiv gehabt hätten, ihn zum Schweigen zu bringen. Insbesondere wenn Skripal möglicherweise Wissen über das russische organisierte Verbrechen besaß, das für westliche Geheimdienste von Interesse war, könnte dies die Aufmerksamkeit und das Misstrauen verschiedener Akteure auf ihn gelenkt haben.

Berichte von Seymour Hersh und anderen unabhängigen Journalisten werfen die Frage auf, ob Skripal tatsächlich als Informant des britischen Geheimdienstes über das russische organisierte Verbrechen fungierte. In diesem Zusammenhang könnte die Entscheidung, ihn zu vergiften, auch mit dem Versuch zusammenhängen, die Informationsquellen und Kontakte in der russischen Unterwelt zu schützen. Ein weiteres Indiz für diese These könnte die Art und Weise sein, wie die britischen Behörden auf den Vorfall reagierten. Es gab immer wieder Hinweise auf eine mögliche Manipulation der Ereignisse, die auf eine mangelnde Bereitschaft hindeuteten, die Wahrheit zu enthüllen. So wurde zunächst die Theorie verbreitet, dass das Nervengift über eine Türgriffkontamination in das Haus von Skripal gelangt sei – eine Erklärung, die viele Fragen aufwarf und bis heute stark bezweifelt wird.

Im Zuge der Ermittlungen wurde auch die Frage aufgeworfen, ob Skripal möglicherweise in einer britischen Einrichtung wie Porton Down getestet worden sein könnte. Porton Down ist bekannt für seine Geschichte geheimer Experimente an britischen Bürgern und hat in der Vergangenheit mit chemischen Waffen experimentiert. Dass das Gift, das Skripal zugeführt wurde, als „Novichok“ identifiziert wurde, war eine weitere Ungeheuerlichkeit, da dieser chemische Stoff in der Vergangenheit nicht auf der Liste der von der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) erfassten Nervengifte stand. Es gab sogar Berichte, dass die USA unter Druck von Hillary Clintons Außenministerium versuchten, die Diskussion über Novichok und die Möglichkeit seiner Herstellung in westlichen Ländern zu unterdrücken.

Der Fall wirft zudem Fragen zur angeblichen militärischen Potenz des Giffs auf. Wenn das Nervengift wirklich so gefährlich war, wie oft behauptet wurde, ist es erstaunlich, dass nur drei Menschen betroffen waren und alle überlebten – wenngleich später eine weitere Person, Dawn Sturgess, an den Folgen eines „verunreinigten“ Gifts starb. Eine der offensichtlichen Unstimmigkeiten war die Behauptung der britischen Regierung, dass Novichok nur in militärischen Labors produziert werden könne. Diese Erklärung widersprach nicht nur den Aussagen von Experten, sondern auch den Ergebnissen unabhängiger wissenschaftlicher Untersuchungen, die zeigten, dass solche Gifte theoretisch auch in einem Universitätslabor synthetisiert werden könnten.

Der eigentliche Vorfall und die Ermittlungen nach der Vergiftung gaben zudem viele Rätsel auf. So wurde zum Beispiel die Frage aufgeworfen, warum die ersten Rettungskräfte – darunter Alison McCourt, die Chefschwester der britischen Armee, die mit hochinfektiösen Krankheiten wie Ebola vertraut war – keine angemessenen Schutzmaßnahmen ergriffen. Auch die Tatsache, dass niemand unter den Helfern oder Ermittlern ernsthaft kontaminiert wurde, obwohl sie mit den Opfern in Kontakt kamen, stellte die ursprüngliche Theorie in Frage. Die schnelle Reaktion und die schiere Faszination der britischen Geheimdienste an der Türgrifftheorie ließen Zweifel aufkommen, dass die Vergiftung so abgelaufen sein könnte, wie sie offiziell beschrieben wurde.

Zusätzlich zu diesen Fragen gibt es Hinweise darauf, dass das Gift, das gegen Skripal verwendet wurde, nicht das ursprünglich vermutete A-234 war, sondern eine modifizierte Version, die weniger toxisch war oder sogar bewusst „entzerrt“ wurde, um die Opfer zu lähmen und nicht sofort zu töten. Dies könnte erklären, warum einige der Opfer relativ schnell wieder genesen sind, während es bei anderen zu einer Verzögerung der Wirkung kam.

Schließlich bleibt zu hinterfragen, warum die britische Regierung weiterhin eine so undurchsichtige Haltung einnahm und bestimmte Informationen zurückhielt. Insbesondere die fragwürdigen Behauptungen über das Nervengift und die Methode des Angriffs werfen ein Licht auf die Unstimmigkeiten in der Darstellung der Ereignisse und auf die Möglichkeit, dass politische und strategische Interessen eine Rolle bei der Entscheidung spielten, Skripal und seine Tochter zu vergiften. Auch wenn die westlichen Regierungen ihre Erklärungen immer wieder bekräftigten, bleibt unklar, ob der Vorfall wirklich das Resultat einer direkten russischen Operation war oder ob andere Akteure, möglicherweise im Dienst der britischen Geheimdienste, ein noch nicht vollständig entschlüsseltes Motiv verfolgten.

War die Steele-Dossier ein politisches Werkzeug oder eine echte Bedrohung für die US-Wahlen 2016?

Das Steele-Dossier, das 2016 in die Schlagzeilen geriet, wird oft als eines der Schlüsseldokumente betrachtet, das den Verdacht auf eine mögliche Zusammenarbeit zwischen Donald Trump und russischen Kräften während der Präsidentschaftswahl 2016 schürte. Ursprünglich von Christopher Steele, einem ehemaligen MI6-Agenten, in Auftrag gegeben, wurde das Dossier von der Firma Fusion GPS erstellt, die von Anwälten der Demokratischen Partei und Hillary Clintons Wahlkampagne engagiert wurde. Steele war auch als Informant für das FBI tätig, was seinen Bericht zusätzlich kontrovers machte, als er in den Medien landete.

Ein zentrales Thema des Dossiers war der Vorwurf, Trump habe über Jahre hinweg mit russischen Behörden zusammengearbeitet. Diese Zusammenarbeit soll laut Steele nicht nur im Bereich der Politik, sondern auch in der Wirtschaft und auf persönlicher Ebene stattgefunden haben. Besonders aufschlussreich war die Behauptung, dass Russland Trump über mehrere Jahre hinweg mit wertvollen Informationen über seine politischen Gegner, insbesondere Hillary Clinton, versorgt habe. Als Gegenleistung soll Trumps Team Informationen über russische Oligarchen in den USA geliefert haben.

Das Dossier sprach auch von einer möglichen Erpressung Trumps durch Russland, mit einer angeblichen Verbindung zu kompromittierendem Material. Zudem beschrieb es eine „Verschwörung der Kooperation“ zwischen Trump und Russland, bei der verschiedene Mitglieder von Trumps Team, darunter Paul Manafort und Carter Page, zentrale Rollen spielten. Besonders brisant war der Vorwurf, Trumps Team habe von den russischen Hackerangriffen auf die E-Mails der Demokratischen Partei gewusst und deren Veröffentlichung durch WikiLeaks gebilligt. Dies könnte ein Versuch gewesen sein, den Wahlkampf zu beeinflussen.

Allerdings gab es erhebliche Zweifel an der Echtheit der Informationen im Dossier. Kritiker wie der ehemalige britische Botschafter Craig Murray stellten infrage, wie ein kleines privates Ermittlungsunternehmen in der Lage gewesen sein könnte, hochrangige russische Spione zu einer solch weitreichenden Verschwörung zu bewegen, ohne dass westliche Geheimdienste davon Kenntnis erlangten. Es wurde auch spekuliert, dass die Informationen im Dossier möglicherweise nicht auf aktuellen, sondern auf veralteten Quellen basierten.

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Diskussion ist die Rolle von Fusion GPS und der Demokratischen Partei. Während das Dossier als Werkzeug im politischen Wettstreit zwischen den Parteien verwendet wurde, ist es schwer zu übersehen, dass in der Geschichte der US-Politik auch andere Länder und Interessengruppen in der Vergangenheit versucht haben, Einfluss auf Wahlen zu nehmen. Die Lobbyarbeit des Israelischen Ausschusses für Öffentliche Angelegenheiten (AIPAC) und die Nähe von US-Politikern zu ausländischen Interessengruppen ist ein weiteres Beispiel für die komplexen Beziehungen zwischen US-Politik und internationaler Einflussnahme.

Das Steele-Dossier war nicht nur ein Werkzeug für politische Fehden, sondern wurde auch zum Symbol für die zunehmende Polarisierung und den Kampf um die öffentliche Meinung in den USA. Der Begriff „Fake News“, der 2017 durch Präsident Trump populär gemacht wurde, ist untrennbar mit der Diskussion rund um das Dossier verbunden. Es unterstreicht die Unsicherheit und das Misstrauen, das die US-Öffentlichkeit gegenüber den Medien und den politischen Institutionen der Zeit hegte. Aber abgesehen von der Frage der Wahrheit und Falschheit der in dem Dossier aufgestellten Behauptungen, sollte man nicht vergessen, dass die politische Landschaft der USA immer anfällig für äußere Einflussnahme war – sei es durch Russland oder andere ausländische Akteure.

Im Vergleich zu anderen Fällen von politischer Einflussnahme durch ausländische Interessen, etwa durch Lobbygruppen wie AIPAC oder die ständige Einflussnahme von internationalen Finanzinstitutionen, fällt auf, dass das Steele-Dossier in einer spezifischen politischen Konstellation entstand. Es war ein Produkt eines Wahlkampfes, in dem die Demokraten versuchten, Trump als einen Marionettenkandidaten der russischen Regierung darzustellen. Doch wie auch immer man zu den in dem Dossier erhobenen Vorwürfen steht, ist es wichtig, dass die Öffentlichkeit erkennt, dass internationale politische Einflussnahme und Lobbyarbeit nicht auf Russland oder das Steele-Dossier beschränkt sind, sondern in einer Vielzahl von politischen Kontexten eine Rolle spielen.

Der Fall Butina, die 2018 als unregistrierte russische Agentin verhaftet wurde, sollte in diesem Zusammenhang ebenfalls betrachtet werden. Auch wenn ihr Fall von den Medien als Beweis für eine russische Einflussnahme auf die US-Wahlen verkauft wurde, zeigen spätere Untersuchungen, dass Butina in einer Art und Weise agierte, die eher PR- oder Lobbyarbeit entsprach, als einer verdeckten, illegalen Agententätigkeit. Auch hier stellt sich die Frage, ob die mediale Darstellung und die politische Aufregung um den Fall übertrieben waren.

Wichtig ist, dass bei der Betrachtung des Steele-Dossiers und der damit verbundenen politischen Kontroversen auch die größere Perspektive auf die Lobbyarbeit und ausländische Einflussnahme auf die US-Politik berücksichtigt wird. Solche Aktivitäten sind nicht auf Russland oder die Trump-Wahl beschränkt, sondern sind ein allgegenwärtiges Merkmal der amerikanischen politischen Kultur, das tief in der Geschichte des Landes verwurzelt ist. Es ist entscheidend, den Unterschied zwischen politischem Wettbewerb, legitimer Lobbyarbeit und illegaler Einflussnahme zu verstehen und zu erkennen, dass in vielen Fällen, wie auch im Fall des Steele-Dossiers, die Wahrheit oft in einem Meer von politischer Agitation und medialer Manipulation verloren geht.