Gerüchte sind eine Form kollektiver Problemlösung. Sie entstehen oft aus Themen, die für die Menschen von Bedeutung sind. Ein Beispiel hierfür ist die Nachricht, dass Mausfleisch in Hamburgern eines beliebten Fast-Food-Restaurants verwendet wurde. Diese Information würde weitaus mehr als nur ein allgemeines Interesse wecken, insbesondere wenn sie in einer Region verbreitet wird, wo solche Nachrichten zur Schaffung von Misstrauen führen. Die bloße Ambiguität reicht jedoch nicht aus, um ein Gerücht zu verbreiten. Es ist vielmehr die persönliche Relevanz des Themas, die Menschen dazu bewegt, ein Gerücht zu verbreiten.

Ein weiteres wichtiges Element für die Entstehung und Verbreitung eines Gerüchtes ist dessen Glaubwürdigkeit. Die Vorstellung, dass beispielsweise KFC versehentlich Hühnermist in seine Produkte einarbeitet, erscheint für viele Menschen durchaus vorstellbar. Diese Glaubwürdigkeit macht es möglich, dass Gerüchte sich festsetzen, und oft sind es genau diese Gerüchte, die weit verbreitet und wiederholt werden. So sieht man zum Beispiel alle paar Jahre, wie Fast-Food-Ketten gegen Gerüchte über Nagetiere in ihren Sandwiches oder Coca-Cola gegen Behauptungen über gefährliche Chemikalien in ihren Getränken kämpfen müssen. Die ursprünglichen Ängste und Unklarheiten, die zur Entstehung des Gerüchtes führten, sind häufig auch der Grund für dessen Wiederholung.

Ein häufiges Merkmal von Gerüchten ist deren Verzerrung. Wenn Menschen ein Gerücht weitererzählen, wird es in der Regel verändert, ähnlich wie bei dem Kinderspiel "Stille Post", bei dem die ursprüngliche Nachricht immer weiter verfälscht wird. Ein Beispiel hierfür ist die Geschichte des Schneiders, der in seiner Werkstatt sieben Fliegen tötete und die sich am Ende zu einer Erzählung über einen Kaiser verwandelte, der sieben Drachen besiegte. Diese Verzerrungen können besonders schädlich für Unternehmen sein, da sie oft die Aktienkurse beeinflussen.

Die Verbreitung von Gerüchten ist natürlich keine neue Erscheinung. Doch mit dem Aufkommen des Internets, das es den Menschen ermöglicht, Informationen schnell und einfach an immer größere Zielgruppen weiterzugeben, hat sich die Geschwindigkeit und Reichweite von Gerüchten dramatisch verändert. So wird das Internet häufig als „Goldenes Zeitalter der Gerüchte“ bezeichnet, da es einen einfachen Weg bietet, diese weiterzugeben.

Forschung im Bereich der Volkskunde hat gezeigt, dass Gerüchte durch die Identität und Struktur der Zielgruppen geprägt werden, denen sie zugedacht sind. Diese Gruppen können sich nach verschiedenen Kriterien unterscheiden, wie zum Beispiel sozialer Klasse, ethnischer Zugehörigkeit, Geschlecht oder Beruf. Gerüchte dienen häufig dazu, die Weltanschauung der Zuhörer zu beeinflussen oder zu verstärken. So kann die Glaubwürdigkeit eines Gerüchtes stark davon abhängen, welche vorgefassten Meinungen die Zuhörer haben. So glaubt ein Kunde möglicherweise, dass Werbetreibende oft übertreiben, während ein Polizist möglicherweise der Meinung ist, dass die meisten jungen Männer aus ethnischen Minderheiten kriminelle Aktivitäten begehen. Gerüchte passen sich diesen bestehenden Überzeugungen oder wahrgenommenen Überzeugungen an.

Ein weiteres wichtiges Element für die Verbreitung von Gerüchten ist der Kontext, in dem sie „aufgeführt“ werden. Das bedeutet, dass ein Gerücht in einem bestimmten sozialen Umfeld effektiver verbreitet wird, wenn es dort in einem für die Zielgruppe passenden Rahmen erzählt wird. Wenn zum Beispiel das Gerücht verbreitet wird, dass ein Unternehmen in Rochester, Minnesota, seine Fabrik schließen will, wird es am besten in diesem Umfeld verbreitet, etwa durch lokale Mitarbeiter oder über Blogs, die von Menschen in dieser Region gelesen werden. Wenn jedoch jemand in New York von diesem Gerücht hört, wird es dort wahrscheinlich wenig Interesse erregen.

In der Geschäftswelt haben sich bestimmte „urban legends“ entwickelt, die in der Volkskunde als „mercantile legends“ bezeichnet werden. Diese Legenden betreffen vor allem die Wahrnehmung von Unternehmen und lassen sich grob in vier Kategorien unterteilen: das Böse Unternehmen, das Täuschende Unternehmen, das Unachtsame Unternehmen und das Wohltätige Unternehmen. Beispiele für solche urbanen Legenden sind Gerüchte, dass ein Unternehmen von Satanisten kontrolliert wird (wie im Fall von Procter & Gamble) oder dass McDonald’s absichtlich Würmer in sein Hamburgerfleisch mischt. Andere Gerüchte betreffen die unachtsame Herstellung von Lebensmitteln oder Produkte, die gefährliche Chemikalien enthalten könnten.

Die Verbreitung solcher Legenden hat zugenommen, insbesondere seit dem Ersten Weltkrieg, als große Unternehmen als „moderne Leviathane“ wahrgenommen wurden, deren Größe bei den Verbrauchern Ängste auslöste. Diese Unternehmen erscheinen aufgrund ihrer Größe oft anonym und distanziert, was es schwierig macht, Vertrauen zu schaffen. Aus diesem Grund ist es nicht überraschend, dass die höchste Anzahl dieser legendenartigen Gerüchte Unternehmen betrifft, die direkt mit den Verbrauchern interagieren, wie etwa Restaurantketten oder Online-Anbieter wie Amazon und Google.

Gerüchte und „mercantile legends“ können sich äußerst negativ auf die Glaubwürdigkeit eines Unternehmens auswirken und dessen Ruf schädigen. Diese Gerüchte können nicht nur die öffentliche Wahrnehmung eines Unternehmens verzerren, sondern auch zu konkreten wirtschaftlichen Schäden führen. Ein Beispiel hierfür ist der starke Rückgang des Aktienkurses von Facebook im Jahr 2018, als das Unternehmen seine Praktiken zur Bekämpfung von Fake News verschärfte. Während es schwer ist, genaue Zahlen über die Auswirkungen solcher Maßnahmen zu erhalten, spekulierten Analysten, dass dies zu einem Rückgang der Werbeeinnahmen und einer geringeren Nutzerbindung führen könnte.

Das Thema von Gerüchten und Fehlinformationen ist nicht nur für Unternehmen von Bedeutung, sondern betrifft auch die Konsumenten, die in einer Welt leben, die zunehmend von Informationsströmen geprägt ist. In dieser Welt der schnellen Kommunikation und der immer weiter zunehmenden Vernetzung ist es wichtig, dass Unternehmen sich bewusst sind, wie sensibel ihr Ruf ist und wie schnell sich Gerüchte verbreiten können.

Wie der Klimawandel von Politik und Medien instrumentalisiert wurde

Die Ablehnung des Klimawandels, ursprünglich eine Agenda von Industrie-Lobbyisten und Denkfabriken, entwickelte sich im Verlauf der 1990er Jahre und unter der Bush-Administration der frühen 2000er Jahre zu einem zentralen Bestandteil der konservativen Politik. Insbesondere die Republikanische Partei und später die Tea-Party-Bewegung nahmen diese Haltung in ihr ideologisches Fundament auf. Die Fakten spielten dabei eine immer geringere Rolle – die Ideologie war entscheidend. Ein deutliches Beispiel für diese Entwicklung ist der US-Senator James Inhofe (R-OK), der sich nicht nur über Klimawissenschaftler lustig machte, sondern auch ein Buch mit dem Titel The Greatest Hoax: How the Global Warming Conspiracy Threatens Your Future veröffentlichte. Inhofe war Vorsitzender des Senatsausschusses für Umwelt- und öffentliche Arbeiten, und einer seiner Mitarbeiter, Marc Morano, gründete eine Website namens Climate Depot, die zu einer wichtigen Plattform für Klimaleugner wurde.

Morano selbst erklärte, dass es einfacher sei, gegen Wissenschaftler vorzugehen, da ihre Argumente oft zu komplex und schwer verständlich seien. Diese Strategie erwies sich als wirksam, weil sie den Diskurs vereinfachte und eine breitere Öffentlichkeit erreichte, die keine wissenschaftliche Ausbildung hatte. Der Zugang zu Informationen wurde stark vereinfacht, wodurch die Klimawandelleugnung in einer zugänglicheren, oft populistischen Sprache präsentiert wurde.

Die Wissenschaftler hingegen, deren Arbeiten meist in Fachzeitschriften veröffentlicht wurden, die nur eine kleine Leserschaft von Fachkollegen und nicht die breite Öffentlichkeit ansprachen, hatten es schwer, mit der stetig zunehmenden Zahl an skeptischen Veröffentlichungen Schritt zu halten. In den USA wurden zu diesem Thema Hunderte von Büchern veröffentlicht, die den Klimawandel leugneten, die Mehrheit davon in den 1990er Jahren und Anfang der 2000er Jahre. Während die Wissenschaftler in der Fachliteratur blieben, agierten die Klimawandelleugner auf öffentlichen und politischen Plattformen. Besonders konservative Denkfabriken, die auf die Verbreitung skeptischer Positionen ausgerichtet waren, florierten. Diese Organisationen waren nicht nur gegen den Klimawandel, sondern kritisierten auch zahlreiche wissenschaftliche Studien und bezeichneten sie als „Unsinn“.

In den frühen 2000er Jahren waren bereits über fünfzig amerikanische Denkfabriken aktiv, von denen fünfundvierzig eine skeptische Haltung gegenüber dem Klimawandel vertraten. Diese Denkfabriken waren häufig großzügig finanziert und verfügten über ein gut organisiertes Netzwerk von Anhängern. Ein bedeutendes Argument dieser Organisationen war, dass staatliche Eingriffe in die Wirtschaft zur Reduktion des CO2-Ausstoßes die persönliche Freiheit und den Wohlstand bedrohten. Viele dieser Gruppen hatten unscheinbare Namen, die ihre eigentlichen Ziele verschleierten, während andere wie The Greening Earth Society oder Property and Environmental Research Center direkt auf ihre Haltung gegenüber der Umweltpolitik hinwiesen.

Die öffentliche Wahrnehmung der Klimawissenschaft war im Laufe der Jahre durch eine zunehmend politische Debatte geprägt. Umfragen, die erstmals Ende der 1980er Jahre durchgeführt wurden, zeigten, dass die öffentliche Besorgnis über den Klimawandel in den 1990er Jahren stärker war als zu Beginn der 2000er Jahre. Drei Hauptfaktoren beeinflussten diese Entwicklung: Erstens verwarfen politisch konservative Amerikaner immer mehr die Sorgen um den Klimawandel, da die politische negative Medienberichterstattung und Aktivismus zunahmen. Zweitens führte die Art und Weise, wie die Medien über den Klimawandel berichteten, zu einer Verunsicherung der Öffentlichkeit. Medien, die eine ausgewogene Berichterstattung anstrebten, präsentierten häufig sowohl die wissenschaftliche Konsensmeinung als auch die Perspektive der Klimawandelleugner. Dies führte zu dem Eindruck, dass die Wissenschaft noch „unentschieden“ sei, obwohl die leugnende Perspektive nur von einer kleinen Minderheit vertreten wurde. Drittens beeinflussten prominente Persönlichkeiten die öffentliche Meinung. So unterstützte Al Gore die wissenschaftliche Sichtweise, während George W. Bush eher als Skeptiker auftrat.

Wichtiger als die Medienberichterstattung war jedoch der Mangel an wissenschaftlicher Bildung in der breiten Öffentlichkeit. Die Argumente der Klimawissenschaftler waren häufig schwer verständlich und voller Fachbegriffe, was es der allgemeinen Bevölkerung erschwerte, sich eine fundierte Meinung zu bilden. Während die Klimawandelleugner einfache, oft emotionalisierende Narrative verbreiteten, waren die wissenschaftlichen Erklärungen von Natur aus komplex und somit weniger zugänglich.

Die politischen und wirtschaftlichen Interessen, die hinter der Klimawandelleugnung standen, waren nicht nur in den USA stark, sondern auch in anderen Ländern präsent. Die Ablehnung des Klimawandels war in vielen Fällen eng mit wirtschaftlichen Interessen verbunden, vor allem mit der fossilen Brennstoffindustrie, die stark von der Fortsetzung des Status quo profitierte. Es wurde ein starkes Narrativ aufgebaut, das Klimaschutzmaßnahmen als Bedrohung für Arbeitsplätze, Wohlstand und persönliche Freiheit darstellte.

Die Entwicklung dieser Debatte über den Klimawandel zeigt, wie effektiv politische und wirtschaftliche Kräfte den öffentlichen Diskurs beeinflussen konnten. Wissenschaftliche Erkenntnisse wurden zunehmend von politischen und ideologischen Argumenten überlagert. Der Diskurs über den Klimawandel wurde so zu einem symbolischen Schlachtfeld zwischen denen, die den wissenschaftlichen Konsens unterstützten, und denen, die ihn in Frage stellten.