Die Entwicklung von Coupled Earth System Models (CESM) zielt darauf ab, die komplexen Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Komponenten der Erde so realistisch wie möglich darzustellen. Diese Modelle umfassen nicht nur die Atmosphäre und Ozeane, sondern auch das marine Kohlenstoffsystem, die Eisdecken und die terrestrische Vegetation. Solche Modelle sind notwendig, um die globalen Klimaänderungen, die sowohl durch natürliche als auch durch menschliche Einflüsse hervorgerufen werden, besser zu verstehen. Die aktuellen Klimamodelle, die auf vereinfachten Annahmen basieren, bieten oft nur eingeschränkte Aussagen über die tatsächlichen dynamischen Prozesse, die in der Erdumwelt ablaufen. Ein solches vereinfachtes Modell ignoriert zum Beispiel die geografische Längenkonfiguration oder reduziert die Atmosphäre auf eine stark vereinfachte Version. Diese Vereinfachungen können wichtige Rückkopplungsmechanismen, die für das Klima entscheidend sind, unterdrücken.

Ein präziserer Ansatz für die Simulation von Klimaveränderungen verfolgt die Entwicklung eines Coupled Earth System Models, das verschiedene, miteinander verbundene Komponenten einbezieht. Zu diesen Komponenten gehören unter anderem das atmosphärische Zirkulationsmodell ECHAM, das ozeanische Zirkulationsmodell LSG, das marine Kohlenstoffkreismodell HAMOCC, das Eisdeckemodell SICOPOLIS und das Modell für die dynamische Vegetation des Festlands, LPJ. Diese Modelle sind so konzipiert, dass sie miteinander interagieren, wodurch alle wichtigen Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Subkomponenten der Erde möglichst realistisch erfasst werden können. Ein entscheidender Fortschritt besteht darin, dass das Modell den Kohlenstoffkreislauf in einem geschlossenen System simuliert. Dies bedeutet, dass die CO2-Konzentration in der Atmosphäre im Modell selbst bestimmt wird und nicht wie in den meisten bisherigen Modellen vorgegeben ist.

Derzeit befindet sich das Modell noch in der Testphase, wobei die Simulation des letzten Interglazials vor etwa 125.000 Jahren und der anschließende Übergang in die nächste Eiszeit als Testlauf dienen. Für diese Simulation wurde zu Beginn nur das gekoppelte Atmosphäre-Ozean-Modell verwendet. Die Erdumlaufbahndaten wurden für den Zeitraum von 132.000 bis 112.000 Jahren vor unserer Zeit variiert, wobei insbesondere die Exzentrizität und die Neigung der Erdachse verändert wurden, was zu einer größeren Sonneneinstrahlung im nördlichen Sommer führte. Diese Veränderungen hatten zur Folge, dass das Klima in der Nordhalbkugel deutlich wärmer wurde als heute, vor allem in der Arktis und auf den Kontinenten. Dieser Temperaturanstieg, insbesondere während der Sommer- und Herbstmonate, führte zu einer Abnahme von Schnee- und Meereisdecken, was als positiver Rückkopplungseffekt in die Klimaentwicklung einging. Ein solches Szenario verstärkte die Erwärmung, da die dunkleren Oberflächen des geschmolzenen Eises mehr Solarstrahlung aufnahmen, was wiederum die Erwärmung verstärkte und die Eismenge weiter reduzierte.

Im Gegensatz dazu wurde zehn Jahrtausende später die Sonneneinstrahlung durch eine größere Entfernung der Erde von der Sonne im nördlichen Sommer deutlich schwächer. Diese Veränderungen wurden in den geologischen Aufzeichnungen als Beginn der Eiszeit dokumentiert, bei dem die Temperaturen in den Sommermonaten um bis zu 5 bis 6 °C kälter wurden, wodurch das Schmelzen des Schnees in der nördlichen Hemisphäre verzögert oder sogar verhindert wurde. Diese kühlen Bedingungen führten zu einer stärkeren Reflexion der Sonnenstrahlung und verstärkten die Kühle. Auch in Bezug auf den Monsun kam es zu einer deutlichen Abschwächung, was die Verdorrung des Sahel und der Indischen Subkontinente zur Folge hatte.

In den bisherigen Simulationen wurde die Vegetation gemäß den aktuellen Bedingungen festgelegt. In kürzeren Testsimulationen, in denen die Vegetation jedoch interaktiv einbezogen wurde, zeigen sich deutliche Auswirkungen. Während des wärmeren Klimas vor 125.000 Jahren verschob sich die Vegetationsgrenze in Eurasien und Nordamerika deutlich nach Norden, was zu einer dunkleren Oberfläche führte. Diese dunkleren Flächen verstärkten den Albedo-Effekt, da Waldflächen im Vergleich zu Grasland eine geringere Reflexion der Sonnenstrahlung aufwiesen, selbst unter Schneebedeckung. Der positive Rückkopplungseffekt der Vegetation führte zu einer weiteren Verstärkung der Erwärmung, was es dem Wald ermöglichte, weiter in nördliche Gebirgslagen vorzudringen.

Im Gegenzug zeigte sich bei Simulationen aus kühleren Perioden eine Verstärkung des Kühlprozesses. Die Vegetationsgrenze verschob sich nach Süden, und die Oberfläche wurde insgesamt heller, was den Albedo-Effekt weiter verstärkte. Bei interaktiver Vegetation war der Unterschied in der Albedo über Nordamerika zwischen den extremsten Klimaszenarien rund 0,15, was in den Sommermonaten zu einer um 1,5 bis 2 °C stärkeren Abkühlung führte. Diese Wechselwirkungen zwischen Vegetation und Albedo sind entscheidend für das Verständnis des Klimawandels und seiner Auswirkungen auf die Ökosysteme.

Die Einbeziehung der noch fehlenden Modellkomponenten, wie etwa das Modell für die Eisschilde und das marine Kohlenstoffsystem, wird voraussichtlich zusätzliche positive Rückkopplungsmechanismen in das Modell einbringen. Ein solches Modell könnte helfen, die Gründe für die reduzierte CO2-Konzentration während der letzten Eiszeit besser zu verstehen und eine genauere Simulation der künftigen Klimaentwicklung zu ermöglichen. So stellt die Simulation von Eiszeiten und den Übergängen zwischen warmen und kalten Perioden einen wichtigen Beitrag zur Klimaforschung dar und zeigt, wie wertvoll und notwendig die Entwicklung von komplexen Modellen für das Verständnis des Erdklimas ist. Die gezeigten Simulationen verdeutlichen die Fähigkeit solcher Modelle, langfristige Klimaschwankungen und die Reaktion der Erde auf Veränderungen zu erfassen, was für die Zukunft unseres Planeten von entscheidender Bedeutung ist.

Wie verändern Algorithmen und Fraktaltheorie unser Verständnis von Finanzmärkten?

Die Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) und Big Data in den Finanzsektor hat nicht nur bestehende Prozesse transformiert, sondern erfordert ein grundlegend neues Verständnis von Marktmechanismen und Risikobewertung. Die fortschreitende Automatisierung und algorithmische Entscheidungsfindung stellen klassische Methoden vor neue Herausforderungen – sowohl regulatorisch als auch erkenntnistheoretisch.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) veröffentlichte im Juni 2021 Grundsätze für den Einsatz algorithmischer Entscheidungsverfahren. Ziel war es, die verantwortungsvolle Nutzung von Big Data und Artificial Intelligence (BDAI) sicherzustellen und die damit verbundenen Risiken steuerbar zu halten. Bereits 2018 hatte die BaFin in ihrer Untersuchung „Big Data trifft Künstliche Intelligenz“ auf die Chancen und Risiken hingewiesen, die sich aus diesen Technologien ergeben – sowohl für Unternehmen als auch für Verbraucher.

Ein zentrales Problem bleibt jedoch die schwer fassbare Abgrenzung zwischen moderner BDAI und klassischer Statistik. Der regulatorische Diskurs fokussiert sich auf drei besondere Eigenschaften moderner BDAI-Methoden: erstens auf die erhöhte Komplexität der verwendeten Algorithmen, die ihre Nachvollziehbarkeit erschwert oder verunmöglicht. Zweitens auf die rapide kürzer werdenden Rekalibrierungszyklen, bedingt durch lernende Systeme und den kontinuierlichen Datenstrom. Und drittens auf den steigenden Automatisierungsgrad, der Skalierbarkeit begünstigt und die Wirkung einzelner Algorithmen potenziert.

Um die Kontrolle über diese Prozesse zu behalten, wird die algorithmische Entscheidungsfindung in zwei Phasen unterteilt: die Entwicklungs- und die Anwendungsphase. Die Entwicklungsphase betrifft die Auswahl, Kalibrierung und Validierung von Algorithmen. Dabei sind Prinzipien wie Datenstrategie, interne und externe Rückverfolgbarkeit sowie strukturierte Dokumentation zentral. In der Anwendungsphase geht es um die Integration algorithmischer Ergebnisse in reale Entscheidungsprozesse – sei es automatisiert oder unter Einbindung menschlicher Expertise. Wesentlich ist die Etablierung von Rückkopplungsmechanismen zwischen den beiden Phasen sowie eine klare Verantwortungsteilung und ein wirksames Risikomanagement.

Diese Entwicklung fällt in eine Zeit, in der auch unser Verständnis von Märkten selbst einen Wandel erfährt. Der Übergang zur Theorie fraktaler Systeme markiert einen Paradigmenwechsel in der Modellierung von Finanzdaten. Börsenindizes wie der DAX zeigen eine bemerkenswerte Eigenschaft: Selbstähnlichkeit. Egal ob tägliche, wöchentliche oder jährliche Darstellungen – die Muster der Kursverläufe bleiben strukturell konstant. Benoît Mandelbrot übertrug diese Erkenntnis aus der fraktalen Geometrie auf Finanzmärkte und entwickelte ein rekursives Konstruktionsprinzip für Preistrends. Dieses Prinzip zerteilt Haupttrends systematisch in kleinere Trends, die wiederum untergliedert werden – ein fraktales System, das endlose Skalierbarkeit von Struktur suggeriert.

Die scheinbar simple Frage, was ein Trend sei, wird mathematisch komplex. Es braucht zwei Elemente: eine exakte Messmethode und eine definierte Skala. Gleitende Durchschnitte (Moving Averages) sind klassische Werkzeuge der Glättung, bei denen hochfrequente Komponenten eliminiert werden. So entstehen neue Zeitreihen, die aus Mittelwerten gleich großer Datenmengen bestehen. Werte wie 38 (für einen Monat) oder 200 (für ein halbes Jahr) sind gängige Parameter, um markante Schwankungen auszugleichen und langfristige Bewegungen sichtbar zu machen.

Diese Methodik impliziert, dass Aktienkurse selbst fraktale Eigenschaften besitzen. 1968 generalisierte Mandelbrot gemeinsam mit van Ness das Modell der Random Walks durch Einführung des Hurst-Exponenten – ein Parameter, der das Skalierungsverhalten beschreibt. Werte unter 0,5 deuten auf Mittelwert-Reversion hin, während Werte über 0,5 für Trendverhalten stehen. Nur bei exakt 0,5 herrscht echte Markteffizienz – also ein Zustand ohne jegliche statistische Korrelation zur Vergangenheit.

Die Konstruktion von Trends nach fraktalem Vorbild eröffnet neue Perspektiven für Investitionsstrategien. Ausgehend von einem Haupttrend erfolgt eine dreistufige Zerlegung in kleinere Segmente, die wiederum rekursiv unterteilt werden. Dieses Modell findet praktische Anwendung in der Beschreibung und Simulation bekannter Faktorstrategien wie Momentum, Low Volatility oder Value. Diese Strategien können durch systematische Trendanalyse ersetzt oder ergänzt werden, wobei Wavelet-Transformationen zum Einsatz kommen, um Trends unterschiedlicher Skalenebenen zu extrahieren. Die Interpretation dieser Trendinformationen erlaubt eine nahezu vollständige Erfassung von Marktrenditen mit hoher statistischer Güte.

Zudem zeigen diese Strategien unterschiedliche Performanz in verschiedenen Marktphasen. Defensive Aktien erweisen sich in Abschwungphasen als stabil, während Value-Investments in unterbewerteten Märkten überdurchschnittliche Renditen ermöglichen. Momentum hingegen korreliert stark mit positiven Gewinnrevisionen und nutzt bestehende Trends effektiv aus. Diese stilistische Diversifikation ist für langfristige Performance essenziell.

Die steigende Relevanz künstlicher Intelligenz in der Finanzwelt hat nicht nur strategische, sondern auch strukturelle Konsequenzen. Die Nachfrage nach Experten ist hoch, der Wettbewerb mit Technologiefirmen intensiv. Algorithmen übernehmen Kreditentscheidungen, erkennen Betrugsmuster, optimieren Derivatehandel oder steuern Altersvorsorgefonds – oft effizienter als menschliche Akteure. Der systematische Einsatz lernender Systeme verspricht Überrenditen gegenüber klassischen Marktrenditen, stellt aber zugleich hohe Anforderungen an Kontrolle, Transparenz und ethische Verantwortlichkeit.

Diese Entwicklungen machen deutlich, dass klassische ökonomische Modelle, die auf linearen und stationären Annahmen beruhen, zunehmend durch adaptive, rekursive und nichtlineare Denkansätze ersetzt werden. Fraktalität und algorithmische Intelligenz sind dabei keine Spekulation, sondern methodische Realität im modernen Finanzsystem.

Wichtig ist, dass Leser die Verbindung zwischen Modelltheorie, Datenstruktur und praktischer Anwendung begreifen. Der Wandel in der Finanzindustrie ist nicht rein technologisch, sondern epistemologisch: Er betrifft die Art und Weise, wie Wissen über Märkte erzeugt, interpretiert und operationalisiert wird. Finanzbildung muss diese Verschiebung reflektieren und über reine Anwendung hinausgehen – hin zu einem tiefen Verständnis struktureller Muster, algorithmischer Entscheidungsarchitekturen und des inhärenten Risikos skalierbarer Systeme.