Die Forschung des Instituts für Elektrizitätswirtschaft und Energieinnovation an der Technischen Universität Graz hat gezeigt, dass Energie ein äußerst nicht-intuitives und schwer fassbares physikalisches Konzept ist. Dies gilt nicht nur für den Energieaufwand zur Bereitstellung thermischer und mechanischer Leistung, sondern auch für eine Vielzahl von soziopsychologischen Faktoren, die das Mobilitätsverhalten der Kunden beeinflussen. Auch hochqualifizierte Ingenieure und Absolventen technischer Universitäten haben oft Schwierigkeiten, die Energieverwendung zu schätzen, insbesondere wenn es darum geht, die reale Reichweite eines Fahrzeugs mit einer bestimmten Energiemenge zu bestimmen.

Die Auswahl eines Fahrzeugs wird in unserer modernen Gesellschaft häufig nicht nur durch technische Aspekte wie Reichweite, Geschwindigkeit oder Energieverbrauch beeinflusst, sondern auch durch tiefere psychologische Bedürfnisse und soziale Zuschreibungen. In der westlichen Industriegesellschaft ist Mobilität zu einem nahezu grundlegenden Bedürfnis geworden. Ein Auto wird nicht nur als Fortbewegungsmittel, sondern auch als Symbol der Selbstbestimmung verstanden. Es verleiht dem Besitzer eine Freiheit, die als essenziell für das individuelle Wohlbefinden betrachtet wird.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist der soziale Status. Der Kauf eines bestimmten Fahrzeugs spiegelt nicht nur den finanziellen Status des Besitzers wider, sondern auch dessen Einstellungen und Wertvorstellungen. Beispielsweise sind übermotorisierte Luxusfahrzeuge wie der BMW X6 oder der Porsche Cayenne oft als Hybridversionen erhältlich, was dem Käufer das Gefühl gibt, umweltbewusst zu handeln. In Wirklichkeit trägt diese Art von „grüner“ Technologie jedoch nur wenig zur nachhaltigen Mobilität bei und wird oft als Kompensation für den Kauf eines Fahrzeugs mit hohem Verbrauch wahrgenommen. Ebenso werden Elektrofahrzeuge häufig nur als Zweitwagen oder für den städtischen Gebrauch gekauft, während der konventionelle Benziner als primäres Fahrzeug erhalten bleibt.

Die Fahrgewohnheiten und die allgemeine Wahrnehmung von Fahrzeugen werden zunehmend von der Frage bestimmt, wie das Fahrverhalten das eigene Erleben von Geschwindigkeit und Leistung beeinflusst. Beschleunigung, Geschwindigkeit, Fahrverhalten, Reichweite und Geräuschkulisse sind zentrale Merkmale, die die Fahrzeugwahl beeinflussen. Diese Eigenschaften sind auch der Grund, warum die historische Entwicklung des Automobils traditionell von der Steigerung der Leistung geprägt war. Im Zuge der Elektrifizierung des Antriebsstrangs gewinnen jedoch auch psychoakustische Aspekte an Bedeutung. Kunden lehnen beispielsweise den sogenannten Overdrive-Antrieb oft ab, weil der niedrige Motorenlauf und das resultierende tieffrequente „Summen“ unangenehm sind, auch wenn dieser Antrieb technisch effizienter ist. Das gleiche Phänomen zeigt sich bei stufenlosen CVT-Getrieben, bei denen die Veränderung der Geschwindigkeit nicht mit der Erhöhung der Motordrehzahl proportional ist, was bei den Nutzern eine negative Reaktion hervorrufen kann.

Die Entwicklung von Hybridfahrzeugen, insbesondere von Serienhybriden, hat ähnliche psychoakustische Probleme zur Folge. Diese Fahrzeuge können eine nicht-intuitive Geräuschkulisse erzeugen, die die Kunden ablehnen, obwohl sie hinsichtlich der Energieeffizienz vorteilhaft wären. Diese Aspekte zeigen, dass die Akzeptanz neuer Technologien nicht nur von technischen Daten, sondern auch von emotionalen und subjektiven Wahrnehmungen abhängt. Die Nutzer erwarten, dass sich das Fahrzeugverhalten mit dem gelernten Fahrverhalten vereinbaren lässt, was bei neuen Antriebstechnologien nicht immer der Fall ist.

Ein weiterer Faktor, der die Wahl von Fahrzeugen beeinflusst, ist die Art und Weise, wie sich die Umwelteinflüsse auf die Reichweite und Leistung von Fahrzeugen auswirken. Untersuchungen der Technischen Universität Eindhoven haben gezeigt, dass die Reichweite von batterieelektrischen Fahrzeugen im Winter drastisch sinkt, wenn zusätzliche Energie für die Heizung oder andere Hilfsfunktionen benötigt wird. Solche praktischen Aspekte der Fahrzeugnutzung sind entscheidend, um die langfristige Akzeptanz von Elektromobilität zu gewährleisten. Obwohl die Technologie eines Fahrzeugs immer weiterentwickelt wird, hängt der tatsächliche Erfolg von der praktischen Umsetzung und der Anpassung an die realen Bedürfnisse der Nutzer ab.

Wichtig ist, dass der Umgang mit neuen Mobilitätskonzepten und -technologien nicht nur durch technologische Innovationen geprägt wird, sondern auch durch die Anpassung der Produkte an die psychologischen und sozialen Bedürfnisse der Konsumenten. Die Fähigkeit, diese Aspekte in der Fahrzeugentwicklung zu berücksichtigen, könnte entscheidend dafür sein, wie sich die Zukunft der Mobilität gestaltet. Wer die psychologischen Bedürfnisse der Kunden nicht versteht, wird Schwierigkeiten haben, Akzeptanz für neue Mobilitätslösungen zu finden.

Wie beeinflusst der Fahrzyklus den Energiebedarf von Fahrzeugen und die Erholung von Bremsenergie?

Die Charakterisierung des Energieverbrauchs eines Fahrzeugs hängt entscheidend von den zugrunde liegenden Fahrzyklen ab, die zur Bestimmung der Effizienz eines Fahrzeugs verwendet werden. Diese Zyklen variieren erheblich von den Bedingungen im realen Straßenverkehr, was zu einer erheblichen Diskrepanz zwischen den auf dem Prüfstand gemessenen Werten und den tatsächlich im Betrieb erzielten Ergebnissen führen kann. Besonders auffällig ist, dass auch Fahrzeuge, die in den standardisierten Tests als besonders umweltfreundlich gelten, unter realen Bedingungen deutlich weniger effizient arbeiten, selbst wenn sie noch innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Emissionsgrenzen liegen.

Ein Beispiel dafür ist der Wechsel vom NEDC (New European Driving Cycle) zum weltweit harmonisierten Prüfverfahren WLTP (Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure). Letzteres berücksichtigt realitätsnähere Fahrbedingungen und gilt als Schritt in die richtige Richtung. Doch trotz dieses Fortschritts bleiben zwei fundamentale Probleme bestehen: Zum einen wird es auch künftig unvermeidlich bleiben, dass viele Fahrzeugnutzer ihre Autos auf eine Weise nutzen, die erheblich von den unter WLTP ermittelten Werten abweicht. Dadurch bleibt das Verhalten des einzelnen Fahrers weiterhin unvorhersehbar, auch wenn insgesamt eine leichte Reduktion der CO2-Emissionen erreicht werden kann. Zum anderen wird der Übergang zu einem strengeren Testzyklus lediglich schrittweise Verbesserungen im Verbrauch mit sich bringen, ohne dass dies zu einer grundlegenden Veränderung der Fahrzeugstruktur oder zu einer neuen Mobilitätskonzeption führt.

Ein wesentlicher Bestandteil der Fahrzeugdynamik ist die Berechnung des Energiebedarfs während der Fahrt, der aus verschiedenen Komponenten besteht. Dazu gehören der Rollwiderstand, der Steigungswiderstand und der Luftwiderstand. Der Rollwiderstand ist abhängig von verschiedenen Faktoren wie dem Reifendesign und dem Luftdruck. Er wird durch den sogenannten Reibungskoeffizienten fR beschrieben, der als Produkt der Fahrzeugmasse m, der Gravitationskonstanten g und fR berechnet wird:

Froll=mgfRF_{roll} = m \cdot g \cdot f_R

Zusätzlich kommt der Steigungswiderstand ins Spiel, der den Einfluss der Straßenneigung berücksichtigt. Die Luftwiderstandskraft wiederum wird über die Bernoulli-Gleichung berechnet, die auf der Fahrzeugform und der Geschwindigkeit basiert:

Fair=12cAρv2F_{air} = \frac{1}{2} c_A \cdot \rho \cdot v^2

Die Gesamtkraft, die für eine konstante Geschwindigkeit erforderlich ist, ergibt sich dann aus der Summe dieser drei Widerstandskräfte. Wenn das Fahrzeug beschleunigt, müssen zusätzlich die Beschleunigungs- und Trägheitskräfte berücksichtigt werden. Diese Kräfte sind in einem komplexen System miteinander verknüpft, das als „generalisiertes Fahrzeuggewicht“ bezeichnet wird und auch die rotierenden Massenkomponenten des Antriebsstrangs einbezieht.

Die Berechnung der benötigten Leistung für eine typische Fahrt wird durch die Kombination dieser verschiedenen Kräfte und das Einbeziehen der Fahrzeugmasse sowie der aerodynamischen Eigenschaften des Fahrzeugs dargestellt. Die resultierende Formel für die erforderliche Leistung bei einer Beschleunigung lautet:

Freq=mg(fR+tan(αs))+12cAρv2+mx¨λF_{req} = m \cdot g \cdot (f_R + \tan(\alpha_s)) + \frac{1}{2} c_A \cdot \rho \cdot v^2 + m \cdot \ddot{x} \cdot \lambda

Um die gesamte mechanische Energie zu bestimmen, die erforderlich ist, um eine bestimmte Strecke zu überwinden, wird die erforderliche Leistung über die Strecke integriert:

Wreq=0xFreqdxW_{req} = \int_0^x F_{req} \, dx

Da der Energiebedarf sowohl von der Geschwindigkeit als auch von der Beschleunigung abhängt, variiert er je nach Fahrzyklus erheblich. Für den NEDC wurde eine empirische Näherungsformel entwickelt, die den Energiebedarf in Kilojoule pro 100 Kilometer schätzt:

WreqNEDCAcW19000+mfR840+m11W_{reqNEDC} \approx A \cdot c_W \cdot 19000 + m \cdot f_R \cdot 840 + m \cdot 11

Ein weiteres bedeutendes Konzept bei der Betrachtung des Energiebedarfs von Fahrzeugen ist die regenerierbare Bremsenergie. Diese Energie wird während des Bremsvorgangs zurückgewonnen und kann in einem mobilen Schwungrad-Energiespeicher gespeichert werden. Die zu erholende Energie hängt dabei direkt von der Geschwindigkeit und der Beschleunigung ab. Ein Beispiel für den regenerativen Bremsvorgang wird in einem vereinfachten zyklischen Diagramm dargestellt, das sowohl die Geschwindigkeit als auch die Leistungsanforderungen während des Bremsvorgangs berücksichtigt. Die Erholungsenergie wird hier als Differenz zwischen der erforderlichen Bremsenergie und den Verlusten durch Luft- und Rollwiderstand bestimmt.

Die Formel für die regenerierbare Energie lautet:

Wrec=t1t3mλadtt2t3mgfRvdtt2t3cWAρLv3dtW_{rec} = \int_{t_1}^{t_3} m \lambda \, a \, dt - \int_{t_2}^{t_3} m g f_R \, v \, dt - \int_{t_2}^{t_3} c_W A \rho L v^3 \, dt

Die regenerierbare Energie steigt mit der Geschwindigkeit des Fahrzeugs an, erreicht jedoch einen Maximalwert, der durch den steigenden Luftwiderstand begrenzt wird. Ab diesem Punkt sinkt die Erholungsenergie mit zunehmender Geschwindigkeit und wird letztlich null. Diese Dynamik wird durch die klassische Extremwertbestimmung in Bezug auf die Geschwindigkeit v0 beschrieben:

vrecmax=mλamgfRcWAρLv_{rec_{max}} = \sqrt{\frac{m \lambda a - m g f_R}{c_W A \rho L}}

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Energiebedarf eines Fahrzeugs nicht nur von den physikalischen Eigenschaften des Fahrzeugs abhängt, sondern auch stark von der Art des Fahrzyklus und den individuellen Fahrgewohnheiten. Die Optimierung des Fahrzeugs und die Implementierung von regenerativen Energiesystemen erfordern daher eine genaue Modellierung der Fahrdynamik sowie eine präzise Berechnung der zu erwartenden Rückgewinnung von Bremsenergie.